18974/J XXVII. GP
Eingelangt am 26.06.2024
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möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Philip Kucher, Mag. Ruth Becher,
Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend leistbares Wohnen und gesetzliche Mieterhöhungen in den letzten Jahren
Wohnen ist ein Menschenrecht und es kann daher nicht allein den Marktakteuren überlassen werden. Wie bei allen Menschenrechten muss der Staat dieses Recht garantieren. Wohnen ist deshalb für die Menschen da und nicht für den Profit.
Die Wohnsituation in Österreich ist stark von Mieten geprägt, knapp die Hälfte der Bevölkerung lebt in Mietverhältnissen. Im EU-Vergleich liegt Österreich damit an zweiter Stelle hinter Deutschland. Über die Hälfte der Hauptmieten ist im sozialen Wohnbau angesiedelt, der die Durchschnittsmiete etwas nach unten drückt, sonst wären die Mieten in den letzten Jahren noch stärker gestiegen. 1,4 Millionen Menschen können sich laut Statistik Austria das Wohnen kaum noch leisten. Bereits im Jahr 2022 – also noch vor der Welle an hohen Inflationsraten – lebten rund 16% der Mieter:innen in Haushalten, die durch ihre Wohnkosten überlastet waren.
Österreich gehört mit Mietsteigerungen von 38% seit 2014 zu jenen EU-Ländern mit dem größten Zuwachs. Zum Vergleich: die Niederlande verzeichnen ein Plus von 22%, Schweden, Dänemark und Deutschland rund 15%. Geringe einstellige Steigerungen gab es dagegen in der Schweiz sowie in Spanien und Frankreich.
Die gesamten Wohnkosten umfassen aber deutlich mehr als nur die Miete und die Betriebskosten. Dazu kommen noch Energiekosten, Instandhaltungskosten, eventuelle Kreditzahlungen (bei Eigentum) und sowohl bei Miete als auch beim Eigentum zusätzlich Abgaben für Wasser, Kanal und Müllbeseitigung. Nimmt man alles zusammen, sind die Kosten 2023 im Vergleich zu 2013 insgesamt um ein Drittel (34 Prozent) angestiegen so die Statistik Austria.
Durch die Koppelung der Mieten an die Inflation sind in Österreich die Mietpreise aufgrund der hohen Inflation geradezu explodiert. Mit einem Mietendeckel für alle Mietverhältnisse – also auch den privaten, freien Mieten - hätte man das Problem gesetzlich einfach lösen können, ohne einen Cent Steuergeld dafür aufzuwenden – andere Länder haben es genauso gemacht. Die Bundesregierung hat stattdessen Menschen mit Mietschulden mit Millionen Euro Steuergeld (durch den Wohnschirm) unterstützt. Dieses Steuergeld wanderte gleich direkt an die Vermieter. Das bedeutet, dass Millionen Euro an Steuergeld an die reichsten zehn Prozent des Landes überwiesen wurde. Das ist glasklare Politik für die Immobilienbesitzer:innen.
Zugenommen hat im Jahr 2023 auch die Häufigkeit der Befristungen bei Hauptmietwohnungen. Mittlerweile sind viele Hauptmietwohnungen nur mehr befristet vermietet. Der Anstieg ist vor allem auf dem privaten Mietmarkt erfolgt, da die Wohnungen der öffentlichen Hand (Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen) grundsätzlich unbefristet vermietet werden.
Die SPÖ fordert daher schon seit langer Zeit ein Ende der befristeten Mieten, die für Mieter mit hohen Kosten und viel Unsicherheit verbunden sind. Eine Ausnahme sollte es nur für private Vermieter geben, und hier nur für maximal eine Wohnung. Damit
soll gewährleistet werden, dass beispielsweise Eltern die Wohnung für ihre Kinder vorreservieren können. Als die Befristung in den 1990er-Jahren eingeführt wurde, war dies nur für Ausnahmen gedacht, mittlerweile sind befristete Wohnungsmietverträge die Regel geworden. Laut einer Umfrage und Analyse der Arbeiterkammer haben drei von vier Mietern den befristeten Mietvertrag gegen ihren Willen unterschrieben, hatten aber aufgrund der Alternativlosigkeit keine andere Wahl.
Problematisch ist dies deswegen, weil die Mieter:innen durch die Befristung erpressbar sind und viele es meiden Unregelmäßigkeiten zu beanstanden. Mit jeder Verlängerung des abgelaufenen Vertrages wird den Vermieter:innen außerdem die Möglichkeit eröffnet, die Miete auf das übliche Marktniveau anzuheben. Ferner wissen viele Mieter:innen nicht, dass es einen Befristungsabschlag von 25% Prozent gibt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1) Wie hoch waren die gesetzlich vorgegebenen Mieterhöhungen (aufgeschlüsselt in Richtwertmieten und Kategoriemieten) seit 2018?
2) Abseits der gesetzlich geregelten Mieten haben die meisten frei vereinbarten Mieten Wertsicherungsklauseln in den Mietverträgen. Können Sie die Steigerungen durch diese Indexanpassungen in diesem Bereich quantifizieren?
3) Die ursprünglich vom Gesetzgeber nur für Ausnahmen vorgesehenen befristeten Mietverhältnisse bei Hauptmietwohnungen sind inzwischen (ausgenommen bei Genossenschafts- und Gemeindewohnungen) zur Regel geworden. Wie hoch ist der Anteil an befristeten Mietverhältnissen?
4) Hat Ihr Ministerium einen Überblick über die Anzahl der mietrechtlichen Verfahren bei den Bezirksgerichten und ist hier eine Steigerung erkennbar?
5) Idealerweise gibt es bei wohnrechtlichen Streitigkeiten das außergerichtliche Streitverfahren bei den Schlichtungsstellen. Ist in diesem Bereich eine Steigerung der Verfahren bei den Schlichtungsstellen zu konstatieren?