19018/J XXVII. GP

Eingelangt am 01.07.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Kucher, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Abverkauf unserer Gesundheitsversorgung an Finanz-Heuschrecken – und Schwarz-Grün schaut einfach zu!

Am 4.6.2024 gab die ÖBAG bekannt, ihre Beteiligungen an der VAMED verkauft zu haben. Die ÖBAG hielt bislang 13% an der VAMED und überträgt diese nun an die deutsche Fresenius-Gruppe. Bereits zuvor wurden jedoch Teile der VAMED direkt verkauft, unter anderem das so genannte Post-Akut- Segment an den Finanzinvestor PAI Partners. Davon betroffen sind 97 Beteiligungen der VAMED an Reha-Kliniken, Pflegeeinrichtungen, Therapie- und Rheumazentren, teilweise solche für Kinder. Diese Einrichtungen betreuen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie Tschechien und Großbritannien pro Jahr 100.000 Patient:innen und beschäftigen 10.000 Angestellte, 6.000 und somit der Großteil davon in Österreich.

PAI Partners ist ein private equity – Unternehmen. PAI stand wiederholt dafür in der Kritik, seine Gesundheitseinrichtungen lediglich zur Profitmaximierung zu betreiben. Aus der Branche wird berichtet, dass Konzerne wie PAI etwa an ihre Kliniken vorgeben würden, dass nur Leistungen mit hoher Rendite anzubieten seien. Auch der Vorwurf der Steuervermeidung wurde laut: So würden einzelne Gesellschaften überschuldet und anschließend in Insolvenz geschickt. Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach bezeichnete Konzerne wie PAI überhaupt als „Heuschrecken".

In Österreich scheint diese Entwicklung niemanden in der Bundesregierung zu stören. Weder vom Finanz- noch vom Gesundheitsminister war dazu ein Wort zu hören. Dabei sind auf Grund des ÖIAG- Gesetzes Privatisierungen nur auf Grund eines entsprechenden Auftrages der Bundesregierung zulässig. Die ÖBAG bezieht sich in diesem Zusammenhang auf eine mit Fresenius im Jahr 1996 abgeschlossene call/put-Option. Die Gültigkeit des Privatisierungsauftrages aus dem Jahr 1996 und somit die Zulässigkeit der Nutzung der Verkaufsoption wird jedoch bezweifelt. Schlussendlich haben sich auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den letzten fast 20 Jahren sowie die Situation der „Verstaatlichten" wesentlich verändert.

Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass die Bundesregierung in Wahrheit den Abverkauf unserer Gesundheitsversorgung an eine Finanz-Heuschrecke vor der Öffentlichkeit verstecken wollte. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Bundesregierung ihre gegenüber der ÖBAG bestehenden Eigentümerrechte sowie gesetzlichen Mitwirkungsrechte nicht wahrgenommen hat. ÖVP und Grünen scheint es gut ins Konzept zu passen, dass Finanzinvestoren Profite mit unserer Gesundheit machen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.      Wann wurden Sie erstmals über den geplanten Verkauf der Anteile der ÖBAG an der VAMED informiert?

2.      Von wem wurden Sie informiert und welchen Inhalt hatte diese Information?

3.       Welche Maßnahmen haben Sie in weiterer Folge gesetzt?

4.       Wie oft hatten Sie in dieser Angelegenheit Kontakt mit dem Vorstand der ÖBAG bzw deren Executive Directors? Was war der Inhalt dieser Gespräche?

5.       Haben Sie von der ÖBAG alternative Konzepte statt des Verkaufs eingefordert bzw sich über solche informieren lassen?

6.      Gab es in dieser Angelegenheit Gespräche mit Aufsichtsräten der ÖBAG und wenn ja, wann und mit welchen Mitgliedern des Aufsichtsrats?

7.      Haben Sie gegenüber dem Vorstand, der Geschäftsleitung oder den Mitgliedern des Aufsichtsrates Wünsche geäußert, wie mit der VAMED-Beteiligung vorgegangen werden soll?

8.      Hatten Sie Kontakt mit Vertretern von Fresenius?

9.      Hatten Sie Kontakt mit Vertretern von PAI?

10.  Ergingen Ihrerseits im Hinblick auf die VAMED oder deren Geschäftstätigkeit in den letzten zwei Jahren Schreiben und wenn ja, an wen und mit welchem Inhalt?

11.  Ergingen Ihrerseits im Hinblick auf die VAMED oder deren Geschäftstätigkeit in den letzten zwei Jahren Aufträge und wenn ja, an wen und mit welchem Inhalt?

12.  Haben Sie in Zusammenhang mit der VAMED in den vergangenen zwei Jahren Schreiben erhalten und wenn ja, wann, von wem und mit welchem Inhalt?

13.  Haben Sie jemals Bedenken gegen die Veräußerung der VAMED-Anteile geäußert und wenn ja, gegenüber wen und mit welchem Inhalt?

14.  ÖBAG-Vorständin Hlawati meinte, es sei ihr wichtig gewesen, dass an Partner verkauft wird, denen die heimischen Standorte und die Mitarbeiter:innen ein Anliegen sind. Wie haben Sie darauf eingewirkt, dass dies beim Verkauf an eine Finanz-Heuschrecke wie PAI eingehalten ist?

15.  An welchen Kriterien hat sich die ÖBAG beim Verkauf Ihres Wissens nach orientiert?

16.  Haben Sie den konkreten Verkaufsplänen zugestimmt?

17.  Ist Ihnen der Inhalt der call/put-Option bekannt?

18.  Haben Sie prüfen lassen, ob die Grundlage dieser Option, der Privatisierungsauftrag aus 1996, noch rechtlich wirksam ist oder ein neuer Beschluss der Bundesregierung herbeizuführen ist?

19.  Wann haben Sie dies prüfen lassen, von wem und mit welchem Ergebnis?

20.  Wann hat Sie der Finanzminister konkret über den geplanten Verkauf des Post-Akut-Segments informiert? Auf welche Art hat er das getan? Welche Informationen hat Ihnen der Finanzminister diesbezüglich übermittelt?

21.  Wurden von Ihnen Einwände gegen den Verkauf des Post-Akut-Segments der VAMED geäußert? Wann wurden diese geäußert, gegenüber wem und wie wurde mit diesen Ihres Wissens nach umgegangen? Haben Sie diese allfälligen Einwände an die ÖBAG weitergeleitet?

22.  Haben Sie prüfen lassen, ob der Finanzminister gesetzlich (zB gemäß § 5 BMG, der auch die Privatwirtschaftsverwaltung erfasst) zur Herstellung des Einvernehmens mit Ihnen verpflichtet ist?

23.  Wann und wie haben die Sozialversicherungsträger vom Verkauf des Post-Akut-Segments an PAI erfahren?

24.  Welche Maßnahmen haben diese in weiterer Folge gesetzt?

25.  Welche Verträge bestehen aktuell mit den vom Verkauf an PAI betroffenen Einrichtungen seitens der Sozialversicherungsträger?

26.  Welche Maßnahmen haben Sie getroffen, um sowohl die Standorte als auch die Arbeitnehmer:innen vor Ausbeutung durch den neuen Eigentümer zu schützen? Bestehen Standortgarantien?

27.  Welche Maßnahmen haben Sie getroffen, um die Patient:innen vor Preissteigerungen oder Einschränkungen des Leistungsspektrums zu schützen?

28.  Welche aufsichtsrechtlichen Maßnahmen wurden in Zusammenhang mit der PAI in den letzten zwei Jahren getroffen und aus welchem Grund?

29.  Wie stellen sie sicher, dass die erforderlichen Leistungserbringungen für die Versicherten in den Einrichtungen weiterhin gewährleistet werden?

30.  Welchen Stellenwert hatte die Situation der Patient:innen im gesamten Verkaufsprozess überhaupt?