Eingelangt am 05.07.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und
Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Wo bleiben effiziente Ermittlungen zu
mutmaßlich kriminellem Verhalten im Interesse Russlands in
Österreich?
Eine gemeinsame Recherche von SPIEGEL, ZDF, dem
österreichischen »Standard« und der russischen
Investigativplattform »The Insider« veröffentlichte vor
wenigen Wochen Berichte, die den schon lange bestehenden Verdacht weiter
erhärten, dass Jan Marsalek schon jahrelang vor seiner Flucht nach dem
Auffliegen des Wirecard-Skandals für die russischen Geheimdienste
tätig war (https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirecard-skandal-wie-der-manager-jan-marsalek-zum-spion-wurde-a-5cb415ed-0029-4754-8bd5-f4120f4baf83).
So berichtete unter anderem die Krone am 9.4.2024, dass der Generalsekretär
der Österreich-Russischen-Freundschaftsgesellschaft Florian Stermann als
Mittelsmann zwischen Jan Marsalek und Johann Gudenus fungiert hat. Immer wieder
hat Jan Marsalek sehr konkrete Interna aus dem BVT über Stermann an
Gudenus übermittelt. Dies ging so weit, dass Marsalek eine Aktenreferenz
an Gudenus mit konkreten Aktenzahlen übermittelt und sich Gudenus
zustimmend zur Anforderung geäußert hat (https://www.krone.at/3328711).
In der Causa Marsalek kristallisieren sich daher drängende Fragen heraus,
unter anderem inwiefern Ermittlungen gegen die involvierten Personen effizient
geführt wurden bzw. werden, um das Netzwerk umfassend zu identifizieren
und entsprechende Konsequenzen zu setzen. Auch der Verdacht, dass der ehemalige
BVT-Beamte Egisto Ott Informationen an Russland verkauft hat, hat sich
mittlerweile erhärtet. Erste Hinweise, dass Egisto Ott ein Spion sein
könnte, gab es bereits im Jahr 2010 von einem nicht näher genannten
ausländischen Geheimdienst. Dazu soll es auch damals schon interne Ermittlungen
gegeben haben, die allerdings nichts zu Tage gebracht haben. Im Jahre 2015 ging
es sogar so weit, dass die CIA Österreich in Bezug auf Ott warnte, weil
dieser dienstliche Mails an seinen privaten Gmail-Account versendet haben soll.
Eine Suspendierung erfolgte erst zwei Jahre später im Jahr 2017- und wurde
ein Jahr später aufgehoben. Grund: Die Argumentation von Seiten des BMI
sei zu schwach gewesen und es konnte nicht schlüssig dargelegt werden bzw.
konkret bewiesen werden, warum Ott suspendiert wurde bzw. suspendiert bleiben
sollte. (https://x.com/ArminWolf/status/1777927099048673306)
Ab 2018 bis 2021 soll Ott Abfragen im Auftrag von Martin
Weiß, dieser wiederum im Auftrag von Jan Marasalek, getätigt haben.
Eine dieser Abfragen betraf den kremlkritischen Investigativjournalisten
Christo Grozev, in dessen Wohnung in Wien daraufhin eingebrochen wurde und der
Österreich aus Sicherheitsgründen verlassen musste. Bis heute wurden
von Seiten des BMI die von Ott abgefragten Personen nicht informiert (https://twitter.com/msulzbacher/status/1776992439049334796).
Auch scheint es keinerlei Sicherheitssysteme bzw. Kontrollsysteme gegeben zu
haben, die die Aktenzahlen mit den entsprechenden Log-Files vergleichen.
Ansonsten hätte es den Hinweis aus Großbritannien gar nicht bedurft
(https://twitter.com/thomas_riegler/status/1777036171027120235).
Im Jahr 2021 wurde Ott neuerlich suspendiert (https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Bvwg/BVWGT_20210506_W208_2240359_1_00/BVWGT_20210506_W208_2240359_1_00.pdf) und
im Jahr 2024 sogar in U-Haft genommen. Einhergehend mit der U-Haft hat sich das
BMI mit dieser Entwicklung gerühmt- waren es aber doch Informationen vom
britischen MI6, die diese auslösten.
Christo Grozev war unter jenen Journalist:innen, die zum
"Havana-Syndrom" aufdeckten, dass US-Diplomaten mit Mikrowellenwaffen
beschossen worden sein sollen, womit lange Zeit rätselhafte Symptome
wie Kopfschmerzen, Hörverlust, Schwindel und Übelkeit erklärt
werden könnten. Hinter den Attacken solle der russische
Militärgeheimdienst GRU stehen (https://www.spiegel.de/ausland/havanna-syndrom-setzten-russische-agenten-mikrowellenwaffen-gegen-us-diplomaten-ein-a-1d5d1c2e-ed83-44c8-a446-45bb50f712d5).
Schließlich enthüllte das Wallstreet Journal:
"Vienna-based Russian operatives are suspected of helping with the
recruiting and financing of Russian operations such as tracking Western arms
shipments to Kyiv in Poland and killing a Russian military helicopter pilot who
defected to Ukraine and was living in Spain, Western security officials say.
The killers, who shot the man five times and then ran him over with an SUV,
were criminals paid with cash provided by Russian state employees from Vienna,
these officials say" (https://www.wsj.com/world/a-den-of-spies-vienna-emerges-as-hub-for-russian-espionage-9dda8b4d?st=2fd7fnlb9sgbnqs).
Viel gilt es daher aufzuklären. Da andere Parteien kein
prioritäres Interesse an einem U-Ausschuss zeigen, der sich mit den
Verflechtungen der österreichischen Behörden und Ministerien mit
Putins Russland beschäftigt, bleibt der Weg der parlamentarischen Anfrage
für Aufklärung der Vergangenheit. Mit Blick auf Gegenwart und
Zukunft ist weiters relevant zu eruieren, inwiefern die DSN gegen Einflussnahme
von außen und Datenmissbrauch bzw. -abfluss resilient aufgestellt
ist.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
- Egisto Ott wurde am 26.6.2024 enthaftet, weil das
Beschwerdegericht "nicht von einem dringenden Tatverdacht in Bezug
auf die Fakten 'Grozev', 'Diensthandys' und 'SINA-Laptop'" ausgeht;
es gäbe "keine tauglichen Ermittlungsergebnisse“. Welche
Ermittlungsverfahren werden zu Egisto Ott in Österreich geführt?
- Seit wann zu welcher Verdachtslage durch welche
Staatsanwaltschaft?
- Aufgrund welcher Straftatbestände?
- Welche Behörde wird aufseiten des BMI jeweils als
Ermittlungseinheit hinzugezogen?
- Gab es zu Egisto Ott Anzeigen?
i. Wenn
ja, wann und wie wurde mit diesen wann verfahren?
- Gab es zu Egisto Ott Berichte o.ä. vonseiten der DSN
an die Justiz?
i. Wenn
ja, wann und wie wurde mit diesen wann verfahren?
- Welche Ermittlungshandlungen wurden in der Folge gegen
wen vorgenommen?
- Welche Ermittlungsverfahren werden zu der Bedrohung von,
anzunehmenderweise sogar Mordkomplott gegen Christo Grozev in Österreich
geführt?
- Seit wann zu welcher Verdachtslage durch welche
Staatsanwaltschaft?
- Aufgrund welcher Straftatbestände?
- Welche Behörde wird aufseiten des BMI jeweils als
Ermittlungseinheit hinzugezogen?
- Gab es zu der Bedrohung von Christo Grozev Anzeigen?
i. Wenn
ja, wann und wie wurde mit diesen wann verfahren?
- Gab es zu der Bedrohung von Christo Grozev Berichte
o.ä. vonseiten der DSN an die Justiz?
i. Wenn
ja, wann und wie wurde mit diesen wann verfahren?
- Welche Ermittlungshandlungen wurden in der Folge gegen
wen vorgenommen?
- Das OLG stellt in seinem Entschluss zur
Enthaftung fest: „Dass zu Grozev eine Meldesperre vorlag,
ist dem Akt nicht zu entnehmen, sondern derzeit nur Spekulation, sodass
von allgemein zugänglichen Daten auszugehen ist“. Wurde dieses
Sachverhalt nicht ermittelt?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wenn ja, lag eine Meldesperre vor oder nicht?
- Wenn ja, warum war dies nicht dem OLG zum Zeitpunkt der
Beschlussfassung bekannt?
- Welche Ermittlungsverfahren werden zu Martin Weiss in
Österreich geführt?
- Seit wann zu welcher Verdachtslage durch welche
Staatsanwaltschaft?
- Aufgrund welcher Straftatbestände?
- Welche Behörde wird aufseiten des BMI jeweils als
Ermittlungseinheit hinzugezogen?
- Gab es zu Martin Weiss Anzeigen?
i. Wenn
ja, wann und wie wurde mit diesen wann verfahren?
- Gab es zu Martin Weiss Berichte o.ä. vonseiten der
DSN an die Justiz?
i. Wenn
ja, wann und wie wurde mit diesen wann verfahren?
- Welche Ermittlungshandlungen wurden in der Folge gegen
wen vorgenommen?
- Welche Ermittlungsverfahren werden zu Florian Stermann in
Österreich geführt?
- Seit wann zu welcher Verdachtslage durch welche
Staatsanwaltschaft?
- Aufgrund welcher Straftatbestände?
- Welche Behörde wird aufseiten des BMI jeweils als
Ermittlungseinheit hinzugezogen?
- Gab es zu Florian Stermann Anzeigen?
i. Wenn
ja, wann und wie wurde mit diesen wann verfahren?
- Gab es zu Egisto Ott und Martin Weiss Berichte o.ä.
vonseiten der DSN an die Justiz?
i. Wenn
ja, wann und wie wurde in der Folge mit diesen wann verfahren?
- Welche Ermittlungshandlungen wurden gegen wen vorgenommen?
- Das OLG stellt in seinem Entschluss zur Enthaftung von Ott
zu dem Komplex "SINA-Laptops" fest, dass, "da bislang keine
tauglichen Ermittlungsergebnisse in diese Richtung vorliegen und nicht
bekannt ist, ob und welche Daten sich auf gegenständlichem
SINA-Laptop befunden haben, ist der Tatverdacht nicht als dringend
anzusehen“. Welche Ermittlungsverfahren werden zu diesem
Komplex geführt?
- Seit wann zu welcher Verdachtslage durch welche
Staatsanwaltschaft?
- Aufgrund welcher Straftatbestände?
- Welche Behörde wird aufseiten des BMI jeweils als
Ermittlungseinheit hinzugezogen?
- Gab es zu Florian Stermann Anzeigen?
i. Wenn
ja, wann und wie wurde mit diesen wann verfahren?
- Gab es zu Egisto Ott und Martin Weiss Berichte o.ä.
vonseiten der DSN an die Justiz?
i. Wenn
ja, wann und wie wurde in der Folge mit diesen wann verfahren?
- Welche Ermittlungshandlungen wurden gegen wen
vorgenommen?
- Gibt es Ermittlungen iZm dem sog. Havanna-Syndrom?
- Wenn ja, auf Basis welcher Delikte?
- Wenn ja, seit wann?
- Wenn ja, gegen wen?
- Wenn ja, welche konkreten Ermittlungsmaßnahmen
wurden vom wem idZ durchgeführt?
- Wenn ja, von wem werden diese durchgeführt?
- Wenn ja, gab es idZ irgendeine Art von Zusammenarbeit mit
dem BMEIA?
i. Wenn
ja, wie gestaltete sich diese?
- Gibt es Ermittlungen iZm dem Mord an dem in Spanien
ermordeten Überläufer und Finanzierung dessen über
Österreich?
- Wenn ja, auf Basis welcher Delikte?
- Wenn ja, seit wann?
- Wenn ja, gegen wen?
- Wenn ja, welche konkreten Ermittlungsmaßnahmen
wurden vom wem idZ durchgeführt?
- Wenn ja, von wem werden diese durchgeführt?
- Wenn ja, gab es idZ irgendeine Art von Zusammenarbeit mit
dem BMEIA?
i. Wenn
ja, wie gestaltete sich diese?
- Welche Hauptverfahren werden zu den Fragen 1-8
geführt?
- Vor welchem Gericht?
- Nach welchen Straftatbeständen aufgrund welcher
strafbaren Handlungen?
- Hat eine Staatsanwaltschaft gegenüber bzw. zu den in
Fragen 1-8 genannten Personen bzw. Unternehmen von der Einleitung eines
Ermittlungsverfahrens abgesehen iSd §35c StAG?
- Wenn ja, welche Staatsanwaltschaft und aus welchen
Gründen?
- Wann wurde von welcher Staatsanwaltschaft eine
Anfangsverdachtprüfung durchgeführt?
i. Wann
wurde diese, mit welchem Ergebnis beendet?
- Kam es gegenüber bzw. zu den in Fragen 1-8 genannten
Personen bzw. Unternehmen zur Einstellung eines Ermittlungsverfahrens?
- Wenn ja, wurde die Einstellungsbegründung in der
Ediktsdatei gem § 35a StAG veröffentlicht?
i. Wenn
nein, warum nicht?
- Wann konkret wurde das BMJ über die Causa Ott vom BMI
in Kenntnis gesetzt?
- Gab es bereits bis inkl. dem Jahr 2010 Anzeigen,
Sachverhaltsdarstellungen o.ä. iZm Egisto Ott von Seiten des BMI,
die dem BMJ zur Kenntnis gebracht wurden?
i. Wenn
nein, warum nicht?
1. Wie ist dies iZm
§ 78 StPO zu sehen?
ii. Wenn
ja, wurde eine Anfangsverdachtsprüfung durchgeführt?
1. Wenn ja, mit
welchem Ausgang?
2. Wenn nein, warum
nicht?
- Gab es bereits bis inkl. dem Jahr 2015 Anzeigen,
Sachverhaltsdarstellung etc. iZm Egisto Ott von Seiten des BMI, die dem
BMJ zur Kenntnis gebracht wurden?
i. Wenn
nein, warum nicht?
1. Wie ist dies iZm
§ 78 StPO zu sehen?
ii. Wenn
ja, wurde eine Anfangsverdachtsprüfung durchgeführt?
1. Wenn ja, mit
welchem Ausgang?
2. Wenn nein, warum
nicht?
- Konnte mittlerweile eruiert werden, ob und welche
Datenträger-Inhalte von BMI-Mitarbeitern tatsächlich in Russland
landeten?
- Waren Staatsgeheimnisse auf diesen Datenträgern?
i. Wenn
ja, warum befinden sich diese auf den Handys von BMI-Mitarbeitern?
ii. Wenn
ja, waren diese Staatsgeheimnisse verschlüsselt?
1. Wenn nein, warum
nicht?
iii. Wenn
ja, ist bekannt, welche Staatsgeheimnisse es waren?
- Wie ist es möglich, dass Teile des
Ermittlungsverfahrens, das die Justiz zum Teil unter Verschluss hält
trotzdem Eingang in das Disziplinarverfahren gefunden haben und die
jeweiligen Personen trotzdem Akteneinsicht haben?
- Gab es in diesem Zusammenhang Konsultationen mit dem BMI?
i. zu
Egisto Ott?
ii. zu
Martin Weiss?
iii. zu
Anton Haidinger?
- Gab es bzgl. des britischen Strafverfahrens gegen die
fünf bulgarischen Agenten Rechtshilfeersuchen von Österreich an
England?
- Wenn, ja, wann inwiefern von wem an wen?
- Wenn ja, wie wurde damit durch wen wann verfahren?
- Per schriftlichem „Informationsaustausch ohne
Ersuchen“ meldete sich die Leitende Oberstaatsanwaltschaft in
München bei der Staatsanwaltschaft in Wien mit der Mitteilung,
dass erlangte Informationen für die Verfahren in Österreich
„von Bedeutung sein“ können- dies bereits im März.
"Es geht um rund 500.000 Euro – exakt sind es 494.320 –
die allein im September 2017 für “österreichische
Spione” innerhalb Jan Marsaleks verschachteltem Firmennetzwerk
geflossen sein sollen. Erst vor drei Wochen schickte die
Staatsanwaltschaft Wien dazu eine Europäische Ermittlungsanordnung
nach München, um mehr über die brisanten Zahlungsflüsse zu
erfahren" (https://zackzack.at/2024/07/04/500-000-euro-fuer-austrian-spies-neue-spionage-spur-zu-wirecard-und-russland).
Warum wurde die StA Wien erst nach vielen Wochen aktiv?
- Gab es bzgl. deutschen Strafverfahren zur Komplex
Marsalek, Ott oder Weiß Rechtshilfeersuchen von Österreich an
Deutschland?
- Wenn, ja, wann inwiefern von wem an wen zu welcher Sache?
- Wenn ja, wie wurde damit durch wen wann verfahren?
- Wurde Egisto Ott gegen Auflagen freigelassen?
- Wenn ja, gegen welche?
- Martin Weiß floh 2021 nach Dubai. Bestanden für
ihn keine Auflagen?
- Wenn ja, welche?