19284/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.07.2024
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Folgeanfrage: Wo bleiben Maßnahmen für Extremismusprävention bzw. Deradikalisierung sowie effiziente Ermittlungen zu extremistischen Gefährdungslagen?

 

Eine Demokratie muss gegen ihre Feinde wehrhaft sein. Unsere Rechtsordnung gibt es her, gezielt an Bedrohungslagen zu arbeiten - präventiv und sicherheitspolitisch. 

Seit vielen Jahren pochen wir NEOS auf effizientes Vorgehen entsprechend der Rechtslage. In diesem Sinne haben wir auch Anfragen an die zuständigen Regierungsmitglieder eingebracht - die Beantwortungen waren jeweils ernüchternd:

Es bleibt völlig unklar, inwiefern die schwarzgrüne Regierung in diesem Bereich gearbeitet und nicht nur geredet hat. 

Nachdem im Regierungsprogramm festgehalten wurde, dass „verstärkte gesamtgesellschaftliche Anstrengungen gegen jegliche Formen von Extremismus“ geleistet werden sollen, kam es erst am Ende Mai, d.h. weniger als ein halbes Jahr vor Ende der Legislaturperiode, zur Veröffentlichung eines Nationalen Aktionsplans (NAP) "Extremismusprävention und Deradikalisierung".1 Die Koordination lag im BMI, und dort bei der DSN.

Der NAP enthält einen absurd anmutenden Disclaimer:

"Der Nationale Aktionsplan Extremismusprävention und Deradikalisierung (NAP) des Bundesweiten Netzwerks Extremismusprävention und Deradikalisierung (BNED) wurde in der vorliegenden Fassung Ende 2021 fertiggestellt, jedoch wegen der damals akuten COVID-19-Pandemie nicht öffentlich präsentiert. Aufgrund des Fertigstellungstermins des Aktionsplans konnten die aktuellen geopolitischen Krisen, insbesondere der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Überfall der Hamas auf Israel, nicht berücksichtigt werden. Der NAP wurde von Beginn an vom Erstellungsgremium als „living document“ verstanden und dient dem BNED als Arbeitsgrundlage. Die darin enthaltenen Methoden und Empfehlungen werden kontinuierlich weiterentwickelt, den aktuellen Erfordernissen angepasst und evaluiert."

Es wird der irrige Eindruck vermittelt, als hätte wegen der COVID-19-Pandemie Arbeit in diesem Bereich stillstehen müssen. Weiters stellt sich die Frage, ob die jeweils zuständigen Ministerien die 2021 schon identifizierten Maßnahmen zumindest angingen. Da leider die ministeriellen Zuständigkeiten für die Umsetzung des NAP nicht aufgegliedert festgeschrieben wurden, muss diesen per Anfrage nachgegangen werden. Weiters werden- im Gegensatz zur Antisemitismusstrategie 2 - weder ein Umsetzungsplan, eine Evaluierung noch Budgetierung ausgeschildert.

  1. https://www.dsn.gv.at/216/files/BNED_NAP_Deutsch_web_bf_20240527.pdf
  2. https://www.bundeskanzleramt.gv.at/themen/kampf-gegen-antisemitismus.html#:~:text=Die%202021%20präsentierte%20Nationale%20Strategie,und%20jüdisches%20Leben%20langfristig%20abzusichern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Inwiefern wurde in Ihrem Ressort diese folgenden Maßnahmen jeweils wann mit welchem Budget und Zeitplan eingeleitet bzw. erweitert (Bitte um Aufschlüsselung nach Datum, Dotierung, Anzahl der Beneficiaries (bei Erweiterung schon existierender Maßnahmen die Erhöhung durch den NAP, Aufschlüsselung ob hinsichtlich Islamistischen Extremismus, Rechtsextremismus oder welche andere Extremismusformen, Zeitplan)?
    1. 1.1. Ausstiegs- und Distanzierungsarbeit in- und außerhalb des Strafvollzugs

                                          i.     "Unterstützung von Vernetzungsstrukturen in der Ausstiegsarbeit"

                                        ii.    "Schaffung einer Stelle zur Koordination von Interventionsangeboten für Rückkehrer:innen"

                                       iii.    "Einleitung entsprechender Maßnahmen zur Früherkennung von möglichen strafrechtlich relevanten Vorkommnissen" 

    1. 1.2 Weiterentwicklung und Evaluierung des Risikomanagements 

                                          i.    "Grundlagenstudie zur Eruierung von psychosozialen Mustern in der Erkennung von Radikalisierung und Extremismus als Folge der COVID-19-Pandemie

                                        ii.    Umsetzung des Anti-Terror-Pakets"

    1. 1.3 Übergangsmanagement und Nachbetreuung

                                          i.    „Sozialnetzkonferenzen“

    1. 1.4 Beratungsangebot zu Extremismusprävention außerhalb des Strafvollzugs ausbauen

                                          i.    "Weiterführung, Ausbau und Einrichtung von Kompetenzstellen (z.B. DÖW, Dokumentationsstelle Politischer Islam, Beratungsstelle Extremismus) zur Information, Beratung und Dokumentation von allen extremistischen Erscheinungsformen auf Bundesebene, wie auch auf regionaler Ebene, für primär, sekundär- und tertiärbetroffene Personen."

                                        ii.    "Sicherung der Beratungsstelle Extremismus und Ausbau der Strukturen der Beratungs- stelle in den Bundesländern, um einen flächendeckenden Zugang zu den Angeboten der Beratungsstelle zu schaffen"

                                       iii.    "Beratung und Unterstützung für Betroffene aller extremistischer Handlungen durch rechtliche und psychosoziale Beratung"

    1. 1.5 Gewaltprävention

                                          i.    "Beratung und Unterstützung von Personen, die von Gewalt betroffen sind, Förderung der Einrichtung und der Ausbau von Vernetzungs- und Kooperationsstrukturen auf Bundes- und Länderebene"

                                        ii.    "Förderung der Plattform gegen die Gewalt in der Familie, Maßnahmen der Bewusstseinsbildung und Hilfsangebote bei Gewalt: Förderung der 45 etablierten Organisationen wie Kinderschutzzentren, Frauenberatungsstellen, Jugendeinrichtungen, Senior/innenvereine, Männerberatungsstellen u. a."

                                       iii.    "Einrichtung von Fachstellen für Gewaltprävention in der Kinder- und Jugendarbeit zur Durchführung von Workshops, Vorträgen und Fachtagungen zu verschiedenen Bereichen der Gewaltprävention für Berufsgruppen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, Verantwortlichen in der Jugendarbeit, in Vereinen, Behörden oder ehrenamtlich Tätige."

                                       iv.    "Beratung und Betreuung von afrikanischen Frauen und Mädchenprävention und Eliminierung von FGM (Female Genital Mutilation) in Österreich 2021"

                                        v.    "Workshops für Schulklassen zu Extremismusprävention, Konfliktlösung und gewalt- freiem Umgang"

                                       vi.    "Präventionsangebot für Rassismus und Gewalt im Sportbereich durch Angebot einer Alternative durch Sport und in Kooperation mit einzelnen Clubs, welche pädagogisch und weltanschaulich abgesicherten Kriterien entspricht."

                                      vii.    "Plattform Gewaltprävention OÖ"

                                     viii.    "Fortbildungen im Bereich „Extremismus- und Gewaltprävention“ für Multiplikator/innen und Mitarbeiter/innen im Bereich der Wiener Flüchtlingshilfe."

    1. 2.1 Interministerielle und interinstitutionelle Kooperation

                                          i.    "Schaffung von regionalen und überregionalen Kooperationsmöglichkeiten im Rahmen des BNED zwischen den Verwaltungsbereichen wie u.a. Sicherheit, Soziales und Bildung hinsichtlich Radikalisierungs- und Rekrutierungsaktivitäten, z.B. in Form von Projekttätigkeiten"

                                        ii.    "Interministerielle Austausch- und Kooperationstreffen zur Extremismusprävention und Deradikalisierung"

                                       iii.    "Vernetzung, Informationssammlung und -austausch zu Verschwörungsmythen"

                                       iv.    "Aktivitäten des Nationalen Komitees No Hate Speech, z.B. Informationsangebote und Maßnahmen zum Empowerment junger Menschen gegen Hate Speech."

    1. 2.2 Stärkung der sicherheitsbehördlichen Kooperationen

                                          i.    "Forcierung von Sensibilisierungsmaßnahmen und Kooperation innerhalb der Sicherheitsbehörden"

                                        ii.    "Weiterentwicklung der Kooperation zwischen den Justizanstalten und den zuständigen lokalen Sicherheitsbehörden"

                                       iii.    "Spezielle Personalrekrutierung im Bereich der Justiz, indem in den Ausschreibungen und bei der Personalauswahl verstärkt auf Sprachkenntnisse und ein Bewusstsein für religiöse und kulturelle Unterschiede geachtet wird"

    1. 2.3 bundesweites Netzwerk Extremismusprävention und Deradikalisierung (BNED)

                                          i.    "Informationsmanagement durch Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit"

                                        ii.    "Stärkung der Zusammenarbeit und des Dialogs zum Thema Antisemitismus durch Kooperationsmöglichkeiten mit relevanten Stellen (z.B. mit der Stabstelle Österreichisch-Jüdisches Kulturerbe im BKA) innerhalb der Zivilgesellschaft und Behörden"

    1. 2.4 Sozialnetzkonferenzen

                                          i.    "Durchführung"

                                        ii.    "Ein Ausbau des Systems „Fallkonferenz“: Schaffung einer verpflichtenden Vernetzungsstruktur, Definition von jeweiligen Leadorganisationen, Definition einer Kommunikationsstruktur"

    1. 2.5 Europäische und internationale Zusammenarbeit im Bereich Extremismusprävention und Deradikalisierung

                                          i.    "aktive Beteiligung an europäischen und internationalen Gremien: die aktive Beteiligung Österreichs im NPPM (Network of Prevent Policy Makers) oder im RAN (Radicalisation Awareness Network)."

    1. 2.6 Lokale und regionale Vernetzungsstrukturen

                                          i.    "Aufbau lokaler Netzwerkstrukturen zur Extremismusprävention und Deradikalisierung"

                                        ii.    "Europäische und internationale Zusammenarbeit im Bereich Politischer Islam"

    1. 3.4 Online Plattform zu Extremismuspräventionsangeboten

                                          i.    "Online Plattform zu Extremismuspräventionsangeboten"

    1. 4.2 Fort- und Weiterbildung Extremismusprävention und Deradikalisierung

                                          i.    "Schaffung eines Lehrganges oder einer Ausbildung im Themenbereich Extremismusprävention und Deradikalisierung"

                                        ii.    "Aus- und Fortbildungsangebote für Bedarfsträger/innen"

                                       iii.    "Interdisziplinäre Sensibilisierungs- und Schulungsmaßnahmen ausbauen"

                                       iv.    "Fachliche Beratung, Aus- und Weiterbildung für Multiplikator/innen"

    1. 5.2 Ausbau interdisziplinärer nationaler und internationaler Projekttätigkeit

                                          i.    "Kooperationen im wissenschaftlichen Bereich bzw. in der Forschung: Fachliche Unterstützung bei wissenschaftlichen Arbeiten ebenso wie bei Forschungen und Publikationen."

  1. Welche im "Anti-Terror-Paket" vorgesehenen Deradikalisierungsmaßnahmen wurden wann mit welchem Budget und Zeitplan zur Umsetzung des Pakets eingeleitet bzw. erweitert (Bitte um Aufschlüsselung nach Datum, Dotierung, Anzahl der Beneficiaries (bei Erweiterung schon existierender Maßnahmen die Erhöhung aufgrund des Anti-Terror-Pakets, Aufschlüsselung ob hinsichtlich Islamistischen Extremismus, Rechtsextremismus oder welche andere Extremismusformen, Zeitplan)?
    1. Wurde deren Wirksamkeit gemessen?

                                          i.    Wenn ja, inwiefern wann mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht? 

  1. Welche im "Anti-Terror-Paket" vorgesehenen Deradikalisierungsmaßnahmen wurden bisher nicht eingeleitet bzw. erweitert?
    1. Warum nicht?
  1. Wie viele Aussteigerprogramme wurden seit der Verabschiedung des Anti-Terror-Pakets 2021 wann begonnen (Bitte um Aufschlüsselung nach Datum, Dotierung, Anzahl der Beneficiaries (bei Erweiterung schon existierender Maßnahmen die Erhöhung aufgrund des Anti-Terror-Pakets, Aufschlüsselung ob hinsichtlich Islamistischen Extremismus, Rechtsextremismus oder welche andere Extremismusformen, Zeitplan)?
  2. Welche im "Anti-Terror-Paket" vorgesehenen Integrationsmaßnahmen wurden wann mit welchem Budget und Zeitplan zur Umsetzung des Pakets eingeleitet bzw. erweitert (Bitte um Aufschlüsselung nach Datum, Dotierung, Anzahl der Beneficiaries (bei Erweiterung schon existierender Maßnahmen die Erhöhung aufgrund des Anti-Terror-Pakets, Aufschlüsselung ob hinsichtlich Islamistischen Extremismus, Rechtsextremismus oder welche andere Extremismusformen, Zeitplan)?
    1. Wurde deren Wirksamkeit gemessen?

                                          i.    Wenn ja, inwiefern wann mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht? 

  1. Welche im "Anti-Terror-Paket" vorgesehenen Integrationsmaßnahmen wurden bisher nicht eingeleitet bzw. erweitert?
    1. Warum nicht?
  1. Welche Maßnahmen wurden wann zur Verbesserung der Gefährdungseinschätzungen durch die Polizei seit der Verabschiedung des Pakets konkret umgesetzt?
    1.  Welche Ressourcen wurden hierfür bereitgestellt?
  1. Inwiefern wurde wann die Überwachung von amtsbekannten Gefährder:innen verstärkt?
  2. Welche interdisziplinären Fachkräfte wurden wann dafür wo neu eingestellt?
  3. Inwiefern wurden die Analysekapazitäten der DSN seitdem wann ausgebaut, um tiefere Strukturanalysen und regelmäßige Lageberichte zu ermöglichen?
  4. Inwiefern wurde der Informationsaustausch zwischen den Behörden im Kontext der Internetüberwachung und der Beobachtung radikalisierender Inhalte auf Social Media durch welche wann gesetzten Maßnahmen verbessert?
  5. Der NAP enthält bei 1.5 Gewaltprävention die Maßnahme "Plattform Gewaltprävention Oberösterreich". Inwiefern wurden wann Maßnahmen gesetzt, um auch in den anderen Bundesländern derartige Plattformen implementiert zu sehen?
  6. Der NAP enthält bei 2.6 Lokale und regionale Vernetzungsstrukturen die Maßnahme "Europäische und internationale Zusammenarbeit im Bereich Politischer Islam". Gibt es auch Maßnahmen zur europäischen und internationalen Zusammenarbeit in anderen Extremismusbereichen?
    1. Wenn ja, in welchen seit wann?
    2. Wenn nein, warum nicht? 
  1. Welches Budget wurde den nachfolgend aufgeführten Stellen jeweils zugeteilt, und wann erfolgten diese Dotierungen? (Bitte um detaillierte Aufschlüsselung nach Datum, Dotierung und ggf. weiteren relevanten Informationen zu den finanziellen Zuweisungen)
    1. Bundesweites Netzwerk Extremismusprävention und Deradikalisierung (BNED)
    2. Beratungsstelle Extremismus (Verein bundesweites Netzerk offene Jugendarbeit) 
    3. Verein DERAD
    4. Bundesstelle für Sektenfragen
    5. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands
    6. Fairplay prevention – Anlaufstelle gegen menschenfeindliche Ideologien im Sport
    7. Verein Frauen ohne Grenzen
    8. (EU-Projekt) Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs
    9. NEUSTART
    10. Next – Extremismuspräventionsstelle Steiermark
    11. Radicalisation Awareness Network
    12. Safer Internet
    13. SCENOR
    14. Männerberatungsstellen 
  1. Wie hoch war das Budget, das den Bundesländern im Rahmen der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans zur Extremismusprävention für die Förderung von Netzwerken sowie deren operative Tätigkeiten bereitgestellt wurde?
  2. Wie hoch war das für die Bundesländer aus Ihrem Ressort bereitgestellte Budget zur Förderung von Beratungsstrukturen im Rahmen der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans zur Extremismusprävention?
  3. Welche Pilotprojekte wurden im Rahmen der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans zur Extremismusprävention durch Ihr Ressort initiiert, zu welchem Zeitpunkt, mit welchem Budget?
    1. Wie wurden diese evaluiert?
    2. Was waren die Ergebnisse dieser Evaluationen?