19291/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.07.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Bildung‚ Wissenschaft und Forschung

betreffend Sonderschullehrpläne und ÖGS-Umsetzung

 

Am 23.05.2024 hat das BMBWF neue Sonderschullehrpläne (1) in Begutachtung gegeben. Die Verordnung sieht Lehrpläne für einzelne Förderbereiche als auch die Förderschwerpunkte Lernen und kognitive Entwicklung vor. Die Lehrpläne sollen kompetenzorientiert sein, jene der einzelnen Förderbereiche als Rahmen- und Ergänzungslehrpläne eine Verschränkung mit den Regelschullehrplänen erleichtern.

Bei der Entwicklung von Lehrplänen werden aus Qualitätssicherungsgründen üblicherweise Expert:innen unterschiedlicher Fachrichtungen aus Wissenschaft und Forschungen miteinbezogen (2). Die Curricula der Lehramtsausbildung an den Hochschulen werden beispielsweise unter Einbeziehung des Qualitätssicherungsrates, der wiederum internationale Stellungnahmen anfordern kann, entwickelt. Im Fall der neuen Sonderschulpläne ist es jedoch unklar, inwiefern eine solche qualitätsorientierte wissenschaftliche Begleitung stattgefunden hat.

Unklarer Umsetzungsstand der ÖGS-Lehrpläne

Die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) wird laut Bundesverfassungsgesetz Artikel 8, Abs. 3 seit 2005 als "eigenständige Sprache" anerkannt (3, 4). Auf NEOS-Initiative (5) wurde 2021 ein Allparteienantrag (6) durch das Parlament gebracht, in dem die Bundesregierung zu folgendem aufgefordert wurde:

"Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird ersucht, einen kompetenzorientierten, bedarfsgerechten und differenzierten Lehrplan zu ÖGS (Österreichische Gebärdensprache) unter Einbindung des Consulting Boards, von ÖGS-Expertinnen und Experten sowie auch der einschlägigen Stakeholder (insbesondere des österreichischen Gehörlosenbundes) bis zum Schuljahr 2023/24 zu verordnen."

Im kommenden Schuljahr 2024/25 soll ÖGS laut Bildungsministerium als Wahlpflichtfach in den Lehrplänen vorgesehen sein - in der Pflichtschule sogar als verpflichtende Übung (7, 8). Unklar ist allerdings, wie weit fortgeschritten die Ausarbeitung der ÖGS-Lehrpläne ist.

 

  1. https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulrecht/erk/lp_neu_begut.html
  2. https://bildung.thueringen.de/bildung/bildungsplan/
  3. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000138
  4. https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2005_I_81/BGBLA_2005_I_81.html
  5. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/1422
  6. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/1634
  7. https://www.diepresse.com/18265622/gebaerdensprache-soll-ab-202425-staerker-an-den-schulen-angeboten-werden
  8. https://kurier.at/politik/inland/gehoerlose-lehrplan-gebaerdensprache-staerken-schule-bildung/402813643

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Inwiefern wurden die neuen Sonderschullehrpläne unter Einbezug wissenschaftlicher Expertise entwickelt?
    1. Wurden Maßnahmen zur Qualitätssicherung – z.B. analog zur Prüfung von Lehramtscurricula durch den Qualitätssicherungsrat – getroffen?

                                          i.    Falls nein: Warum nicht?

    1. Inwieweit wurden etwaige Rückmeldungen in der Entwicklung der Lehrpläne berücksichtigt?
  1. Wurden externe Expert:innen (-gremien) in die Entwicklung der Lehrpläne einbezogen?
    1. Falls ja, wer bzw. aus welchen Fachrichtungen?
    2. Falls nein: Warum nicht?
    3. Inwieweit wurden etwaige Rückmeldungen in der Entwicklung der Lehrpläne berücksichtigt?
  1. Wurden bei der Lehrplanentwicklung internationale best practice Beispiele (z.B. Lehrplan 21 aus der Schweiz) berücksichtigt?
    1. Falls ja: In welcher Form finden diese Beispiele Niederschlag in den österreichischen Sonderschullehrplänen?
    2. Falls nein: Warum nicht?
  1. Wurden – gemäß Art. 4 Abs. 3 UN-Behindertenrechtskonvention – Menschen mit Behinderungen und die sie vertretenden Organisationen in die Entwicklung der neuen Lehrpläne einbezogen?
    1. Falls ja: Inwieweit wurden etwaige Rückmeldungen in der Entwicklung der Lehrpläne berücksichtigt?
    2. Falls nein: Warum nicht?
  1. Warum ist der Lehrplan für das Berufsvorbereitungsjahr (ASO 9. Schulstufe) nicht Teil der Verordnung?
  2. Warum wurde der bisherige entwicklungspsychologische Ansatz im Bereich des Sonderschullehrplans Erhöhter Förderbedarf durch eine Kompetenzorientierung ersetzt und wie definiert ihr Ressort diese kompetenzorientierten Ziele?
  3. Wie weit ist das BMBWF mit der Umsetzung des Antrags 1634/A(E)?
    1. Mit welchen ÖGS-Expert:innen wurden im Zuge der Umsetzung des Entschließungsantrags Gespräche geführt?
  1. Wie sieht die konkrete Ausgestaltung der verpflichtenden Übung in ÖGS aus?
    1. Warum soll diese Übung unbenotet bleiben?
  1. Wird das Ziel, ÖGS in den Lehrplänen 2024/25 zu verankern, zu halten sein?
    1. Falls nein: Warum nicht?
  1. Gab es zwischen Ihrem Ressort und dem BMKÖS Gespräche, die integrative Berufsausbildung zu verlängern?
    1. Falls ja: Wann wurden diese Gespräche geführt und zu welchen Ergebnissen ist man gekommen?
    2. Falls nein: Warum nicht?