19319/J XXVII. GP

Eingelangt am 16.07.2024
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Anfrage

 

der Abgeordneten Astrid Rössler, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft

betreffend Nassbaggerungen in Kirchberg am Wagram, NÖ - Auswirkungen auf das Grundwasser

BEGRÜNDUNG

 

Rohstoffe wie Sande und Kiese sind ein begehrtes Gut. Aus diesem Grund kommt es häufig zu Nutzungskonflikten, bei denen sensibel abgewogen werden muss, ob die Rohstoffgewinnung oder doch eher der Erhalt von gesunden Böden und der Schutz des Grundwassers für eine gesicherte Versorgung mit Trinkwasser im höherrangigen öffentlichen Interesse liegt.

Beim Sand- und Kiesabbau kommt es jedenfalls zur Abtragung der intakten Deckschichten des Bodens, was den Verlust von wertvollen Lebensräumen bzw. Ackerböden bedeutet. Erfolgt die Materialgewinnung in Form von Nassbaggerungen kommt es zudem auch noch zu Eingriffen, welche die Grundwasserverhältnisse im Umfeld des Baggersees verändern. Die Beeinflussung des abströmenden Grundwassers und eine erhöhte Verdunstung aufgrund der offenen Wasserflächen sind die Folge. Eine Verunreinigung des Grundwasserkörpers im Zuge der Arbeiten kann nicht ausgeschlossen werden.

In Kirchberg am Wagram, KG Winkl wurden aktuell Nassbaggerungen auf denselben Grundstücken wasserrechtlich bewilligt, auf welchen sie bereits im Jahr 2000 versagt wurden. Darüber hinaus wurden Erweiterungen der bestehenden Nassbaggerungen auf zusätzlichen Grundstücken bewilligt. Ein Auszug aus den Stellungnahmen diverser Sachverständiger im abweisenden Bescheid vom 11. September 2000 lautet: Eingriffe dieses Umfangs stellen praktisch ein unumkehrbares Ereignis dar. Es muss infolge von Grundwasserfreilegungen mit nachteiligen Folgen für die Qualität des Grundwasserstromes gerechnet werden, und zwar in dieser Form, dass in verschiedenen Parametern kein Trinkwasser mehr vorliegt. Denn durch die gänzliche Entfernung der Schutzschichte über dem Grundwasser wird diese zum Oberflächengewässer umgewandelt und unterliegt somit den allgemeinen Witterungseinflüssen. Neben der vermehrten Verdunstung und dem wesentlich veränderten Temperaturgang des Wassers sind auch Stoffeinträge zu erwarten.

Weiters wurde festgehalten, dass in hohem Maße öffentliche Interessen erkannt werden, welchen eine weitere Öffnung des Grundwasserkörpers zuwiderläuft.

Zur Sicherung der Trinkversorgung im Tullnerfeld wurden durch das wasserwirtschaftliche Planungsorgan des Landes NÖ bereits Ende der 90iger Jahre verschiedene Vorkehrungen getroffen, die unter anderem das Ansinnen verfolgen, die Trinkwasserversorgung vor Beeinträchtigungen aus Sand- und Kiesgewinnung und vor künstlichen Grundwasserfreilegungen zu schützen. Infolge wurde im Jahr 2001 vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft eine Verordnung betreffend Rahmenverfügung zum Schutz des Grundwasservorkommens für Zwecke der Trinkwasserversorgung im Tullnerfeld erlassen. Obgleich die Ermächtigung des Bundesministeriums zur Erlassung wasserwirtschaftlicher Rahmenverfügungen Ende 2012 außer Kraft trat, behielt die Verordnung weiterhin ihre Gültigkeit, wurde allerdings 2013 von der Landesregierung aufgehoben.

Wie schon erwähnt, wurde nun auf eben diesen Grundstücken sowie zusätzlichen Grundstücken, Schotterabbau im Nassabaggerungsverfahren wasserrechtlich mit zahlreichen Auflagen bewilligt. Gerade in Zeiten von ausgedehnten Dürrephasen aufgrund der Klimakrise, in denen es bereits zu einem Rückgang der Grundwasserreserven kommt, ist schwer zu glauben, dass es um diverse Grundwasserkörper, die eine derart wichtige Rolle für die Trinkwasserversorgung innehaben, nun besser bestellt sein soll.

Mittlerweile sind im Tullnerfeld bereits extrem viele Nassbaggerungen vorhanden, was schon jetzt ein Gefährdungspotential für den Grundwasserkörper darstellt. Darüber hinaus gibt es in der Region unzählige Ansuchen für landwirtschaftliche Bewässerungsbrunnen, die den der Trockenheit geschuldeten Ernteeinbußen in Zukunft entgegenwirken sollen. Auch hier wird es also zu zusätzlichen Wasserentnahmen für die Landwirtschaft kommen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Durch welche rechtliche Bestimmung bzw. durch welches Konzept wurde die Rahmenverfügung Tullnerfeld ersetzt?

2)    In welcher Weise haben sich die Umstände seit dem Jahr 2000 verändert, sodass auf denselben Grundstücken, auf welchen damals Nassbaggerungen untersagt wurden, nun eine wasserrechtliche Bewilligung dafür erfolgen kann?

3)    Wie haben sich die Grundwasser- bzw. die Trinkwasserreserven im Tullnerfeld seit dem Jahr 2000 entwickelt bzw. verändert?

4)    Wie groß ist die Fläche der Nassbaggerungen im Tullnerfeld bzw. nördlichen Tullnerfeld?

5)    Um wieviel übersteigt aktuell die jährliche Wasserverdunstung dieser Fläche den jährlichen Niederschlag?

6)    Welche Auswirkungen können die Nassbaggerungen auf den Grundwasserkörper beziehungsweise die Menge und Qualität des Trinkwassers haben?

7)    Die Studie Wasserzukunft NÖ prognostiziert für die im Jahr 2050 verfügbaren Grundwasserressourcen prozentuelle Abschläge aufgrund der Erderhitzung (minus 5% für das Tullnerfeld) bei gleichzeitiger Steigerung des Gesamtwasserbedarfes. Wie beurteilen Sie die Bewilligung der Nassbaggerungen im Hinblick auf die prognostizierten Szenarien?

8)    Werden die in der Studie Wasserzukunft NÖ 2019 festgeschriebenen Prognosen laufend aktualisiert? Wenn ja, was hat sich verändert?

9)    Wie haben sich die Grundwasser- bzw. die Trinkwasserreserven im Tullnerfeld seit dem Jahr 2000 entwickelt bzw. verändert?

10) Wie viele landwirtschaftliche Bewässerungsbrunnen wurden in der Region beantragt und wie viele bereits bewilligt?

11) Wie wirken sich die landwirtschaftlichen Bewässerungsbrunnen auf das Grundwasser aus?

12) Gibt es Aufzeichnungen bezüglich der bereits bewilligten Wasserentnahmen (für regionale Wasserversorgung, Industrie- und Gewerbe, Landwirtschaft u.a.) in der Region? Wenn ja, bitte um Beilage. Wenn nein, warum nicht?

13) In Absdorf (nähe Kirchberg am Wagram) wurden Hauskeller während eines Grundwasserniedrigstandes durch den Bau des Donaukraftwerkes Altenwörth in einem Gebiet zugelassen, wo eigentlich schon immer ein höherer Grundwasserstand herrschte. Nun dringt aber bei Normalisierung des Grundwasserstandes in diesen Kellern das Grundwasser ein, daher wird der Grundwasserstand permanent auf Niedrigstand gehalten. Wie viel Grundwasser wird aufgrund des „Abpumpprogrammes“ aktuell in Absdorf abgelassen bzw. abgepumpt?

14) Ist die Trinkwassersicherstellung im nördlichen Tullnerfeld durch das noch zu erlassende überarbeitete regionale Raumordnungsprogramm geplant?