19320/J XXVII. GP
Eingelangt am 16.07.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Kucher, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend Verkauf von Reha-Kliniken an anonyme Investoren stoppen
Mit dem Aufkauf der Gesundheitseinrichtungen der VAMED (Fokus: Reha-Bereich) gewinnt der Private Equity Fonds PAI Partners starken Einfluss auf wichtige medizinische Infrastruktur. Dazu wurde zuletzt festgehalten: „Die Eigentümerstruktur von PAI ist intransparent. Ein großer Anteilseigner ist — neben einigen reichen Privatpersonen, etwa aus Großbritannien und Deutschland - Blue Owl, ein weiterer Private-Equity-Fonds mit Sitz in New York“ (Standard vom 20.6.2024, Gesundheit als Geschäft: Gehen Österreichs Reha-Zentren an einen französischen Heuschrecken-Investor?). Zudem heißt es, PAI Partners erwirbt eine „Kontrollmehrheit von 67 Prozent; Fresenius hält 33 Prozent, um an künftigen Wertsteigerungen zu partizipieren (...) Das Rehabilitationsgeschäft umfasst 67 Einrichtungen mit 9.100 Betten und rund 9.500 Mitarbeitern (FTE) in Deutschland, Österreich, der Schweiz, der Tschechischen Republik und Großbritannien. Das Geschäft hat einen Wert von 853 Millionen Euro und war 2023 bei einem Umsatz von rund 1 Milliarde Euro profitabel. Die geplante Transaktion steht unter dem Vorbehalt behördlicher Genehmigungen sowie der üblichen Bedingungen. Der Abschluss wird für die zweite Jahreshälfte 2024 erwartet", teilte Fresenius selbst mit.
Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten die folgende
Anfrage
1. Welchen Kenntnisstand haben Sie über die Eigentümer sowie die Organisation des Private Equity Fonds PAI Partners? Welches Verhältnis besteht dabei zwischen Anteilseignern aus der EU und außerhalb der EU?
2. Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt, um die aktuellen Eigentümer des Fonds festzustellen?
3. Welchen Kenntnisstand haben Sie über die Organisationsstruktur von PAI Partners (z.B. Rechtsform, handelnde Organe, wechselseitige Verflechtungen innerhalb der Gruppe)?
4. Liegen Ihnen Anträge auf Genehmigung der Übernahme der Reha-Sparte der VAMED bereits vor, wer ist der Antragsteller und wann langte der Antrag auf Grundlage welcher Bestimmungen ein?
5. Welche Angaben gemäß § 6 Abs. 4 Z 1 bis 10 Investitionskontrollgesetz enthält ein allfälliger Antrag gemäß § 2 leg.cit.?
6. Sofern (noch) kein Antrag vorliegt: Wurde Ihnen eine geplante Übernahme gemäß Investitionskontrollgesetz angezeigt und wenn ja, wann und von wem?
7. Welchen Stand haben die durch Anträge bzw. Anzeigen nach Frage 5 und 6 eingeleiteten Verfahren? Welche Ermittlungshandlungen wurden Ihrerseits bislang gesetzt?
8. Welche Gesundheitseinrichtungen in Österreich sind genau von einer möglichen Übernahme betroffen (inklusive Tätigkeitsfeld und Bundesland) und wer sind die Gesellschafter der betroffenen Betriebsgesellschaften zu jeweils welchem Anteil?
9. Wer trifft die Unternehmensentscheidungen von PAI Partners? Was ist Ihnen dazu bekannt?
10. Welche Studien und Evaluierungen zu den Geschäftsmodellen und -Strategien von Private Equity Fonds im Gesundheits- und Pflegewesen sind Ihnen bekannt? Wie stufen sie in diesem Zusammenhang Risiken ein, die mit der starken Shareholder-Orientierung derartiger Investoren in Verbindung stehen?
11. Wie werden im Zuge des Genehmigungsverfahrens die folgenden Aspekte und Interessen umfassend berücksichtigt:
a. Resilienz und Versorgungssicherheit (z.B. mit Blick auf Behaltedauer und auf „schnelles Geschäft“ ausgerichtete Wiederveräußerung, hohe Renditeerwartungen)
b. universeller Zugang, Leistbarkeit und Qualität der Leistungserbringung für die Patient:innen/Klient:innen (z.B. durch gewinnbringende Risikoauslese/“cherry picking“, Gewinnabschöpfung statt Reinvestition vor Ort)
c. Umfang und Qualität der Beschäftigung
d. Beteiligung der Mitarbeiter:innen und Beeinträchtigung von Betriebsräten
e. die öffentliche Hand in Bereichen wie Steuervermeidung und Finanzierung (z.B. durch sog. „Financial Engineering“)
12. Welche kritischen Einschätzungen sind Ihnen bezüglich PAI Partners im Gesundheits- und Pflegewesen bekannt?
13. Stehen Sie in Kontakt mit Behörden anderer EU-Staaten zur Abklärung der Zuverlässigkeit von PAI Partners?
14. Welche Anträge liegen der Bundeswettbewerbsbehörde im Hinblick auf eine kartellrechtliche Genehmigung der Übernahme der VAMED Reha-Sparte vor und wie werden mögliche Überschneidungen zwischen dem wettbewerbsrechtlichen Genehmigungsverfahren und dem Verfahren nach Investitionskontrollgesetz begegnet? Wurde eine diesbezügliche Taskforce zwischen BMAW und BWB gegründet? Wie erfolgt der Informationsaustausch zwischen den Behörden?
15. Nachdem von der Übernahme durch PAI Partners auch Gesundheitseinrichtungen in anderen EU-Staaten und Nicht-EU-Staaten betroffen sind: Stehen Sie in Austausch mit anderen nationalen Behörden im Hinblick auf die geplante Übernahme und wurden von Behörden anderer Staaten Stellungnahmen übermittelt oder Amtshilfe geleistet und wenn ja, auf welche Art?
16. Haben Sie Anteilseigner an einzelnen, von der Übernahme betroffenen Betreibergesellschaften von Reha-Kliniken, insbesondere diverse Landesgesundheitsversorger, über die geplante Übernahme informiert und werden diese im Zuge der erforderlichen Verfahren gehört?