19324/J XXVII. GP

Eingelangt am 17.07.2024
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, , Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Wo wären überhaupt die Ressourcen für die Umsetzung der geplanten  Strafprozessreform?

 

Am 13.6.2024 wurde von Seiten der Regierungsfraktionen ein Initiativantrag und parallel dazu eine Regierungsvorlage mit einer extrem kurzen Begutachtungsfrist von zwei Wochen, die später dann nach massiver Kritik doch auf sechs Wochen verlängert wurde, eingebracht. Mit diesem Antrag sollte in erster Linie die Strafprozessordnung und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden. Irritierend sind vor allem die Erläuterungen iZm § 110 Abs. 1 und 4 sowie § 111 Abs. 2 StPO. Dort wird nämlich auf S. 17 von 73 des Antrags 4125/A (https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/A/4125/fname_1635507.pdf) der neue Modus operandi im § 115h StPO zur Datenauswertung für künftige Handysicherstellungen erläutert. So soll "die ausschließlich für die forensische Aufbereitung zuständige Organisationseinheit der Kriminalpolizei bzw. das Gericht anhand der Arbeitskopie die Aufbereitung der Daten durchführen und das Ergebnis der Datenaufbereitung an die für die Führung des Ermittlungsverfahrens zuständige Organisationseinheit der Kriminalpolizei samt einem Aufbereitungsbericht übermitteln." Ergo die Kriminalpolizei, die das Ibiza-Video sichergestellt hat und die WKStA bewusst in Unkenntnis ließ. (1) Oder die Kriminalpolizei, die auf die Sicherstellung der mobilen Datenträger von Arno M. verzichtete. (2) Oder die Kriminalpolizei, die nicht in der Lage war, das Handy von Thomas Schmid auszuwerten, die WKStA hingegen danach schon- mit entsprechend anderem Verlauf für Ermittlungen gegen die ÖVP und einen ihrer Ex-Kanzler. (3) Oder die Kriminalpolizei, die das Handy von Kloibmüller ausgewertet hat und behauptete nichts strafrechtlich Relevantes darauf gefunden zu haben- wodurch jedenfalls Verjährung mancher Sachverhalte eintrat. (4)

Laut S. 21 der Erläuterungen sollen für den Bereich der Staatsanwaltschaften zwei gesonderte Kontrollsysteme, nämlich das der "Innenrevision" und der "Nachschau", implementiert werden. Es stellen sich hier Fragen zum Grund und der Rolle der Dienst- und Fachaufsicht.

Laut Ministerin Edtstadler soll diese Reform auch zu einer Verfahrensbeschleunigung führen. Vor allem indem man die Maximaldauer der Verfahren von 3 auf 2 Jahre senken will. (S.19) Das eigentliche Ressourcen-Problem, das die Staatsanwaltschaften haben, wird allerdings nicht an der Wurzel gepackt. So sind viele Planstellen innerhalb der Justiz unbesetzt, was das Arbeitspensum der übrigen Staatsanwält:innen erhöht und die Verfahren dadurch in die Länge zieht. Mangel an Ressourcen kritisierten auch die Richtervereinigung und Staatsanwält:innenvereinigung für die Umsetzung der geplanten Bestimmung, die Beschlagnahmung von Datenträgern nur mehr mit Genehmigung eines Gerichts zuzulassen. (5) Das Problem mit überlangen Rechtsmittelverfahren und Rechtshilfersuchen wird mit dieser Reform wird ebenso nicht adressiert.

  1. https://orf.at/stories/3167669/
  2. https://www.derstandard.at/story/2000106654313/chronologie-der-schredder-affaere
  3. https://kurier.at/politik/inland/soko-tape-vs-wksta-eine-grenze-wurde-ueberschritten/400938929
  4. https://orf.at/stories/3261042/
  5. https://oe1.orf.at/player/20240619/760563/1718793076000.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. In welchem Ressort wurde der Erstentwurf für die Regierungsvorlage zur StPO-Reform bzw. den Initiativantrag verfasst?
  2. Welchen weiteren Verlauf nahmen die Diskussionen?
    1. Welche anderen Ministerien waren wann eingebunden?
  1. Wer entschied wann, den Entwurf als Initiativantrag einzubringen?
  2. Wer entschied wann, den Entwurf auch als Regierungsvorlage einzubringen?
  3. Wer entschied wann, die Begutachtungsfrist für die Regierungsvorlage auf 2 Wochen zu kürzen?
  4. Wer konkret war im Justizministerium mit der Erarbeitung der Regierungsvorlage zur StPO-Reform bzw. des Initiativantrags befasst?
    1. War außer der Legistiksektion im BMJ (Sektion IV) sonst noch eine weitere Sektion mit der Erarbeitung befasst?

                                          i.    Wenn ja, wer?

  1. Inwiefern waren welche anderen Ministerien wann bei der Erarbeitung des Entwurfs eingebunden?
  2. Inwiefern haben Sie persönlich sich mit dem Entwurf der Regierungsvorlage zur StPO-Reform bzw. des Initiativantrags wann befasst?
  3. Haben Sie selbst sich eingebracht?
    1. Wenn ja, inwiefern wann?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Inwiefern wurde wann durch wen kalkuliert, welche zusätzlichen Ressourcen es wegen des durch die geplante StPO-Reform entstehenden Mehraufwandes es braucht? 
    1. Mit welchem Ergebnis?
  1. Inwiefern wurde wann durch wen kalkuliert, welche zusätzlichen Ressourcen es wegen der durch die geplante StPO-Reform entstehenden Neuregelung, gem. § 115f Abs. 2 StPO Datenträger nur mit richterlicher Genehmigung sicherstellen zu können, Mehraufwandes es braucht?
    1. Mit welchem Ergebnis?
  1. In welchem Ressort wurde der Erstentwurf für § 115h StPO erarbeitet?
  2. In welchem Resoort wurde der Neuentwurf zu § 110 ( insb. Abs. 1 und 4) sowie § 111 StPO (insb. Abs. 2) erarbeitet? 
  3. Brachte sich das BMI bei der Erarbeitung der Regierungsvorlage zur StPO-Reform bzw. des Initiativantrags ein?
    1. Wenn ja, wann inwiefern?
  1. Wurde der Effekt des § 155h StPO in Ihrem Ressort diskutiert?
    1. Wenn ja, mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?
  1. Vom wem konkret wurde die Neuregelung der Kontrolle der Staatsanwaltschaften gem. § 36a StAG angeregt?
    1. In welchem Ressort wurde konkret diese geplante Änderung wann erarbeitet?
    2. Welche Funktion wird der Dienst- und Fachaufsicht zugedacht?
  1. Wurde der Effekt des Kontrolle der Staatsanwaltschaften in Ihrem Ressort diskutiert?
    1. Wenn ja, mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?
  1. In welchem Ressort wurde der Erstentwurf für die Herabsenkung der Maximalverfahrensdauer von 3 auf 2 Jahre gem. § 108 Abs. 1 StPO erarbeitet?
  2. Wurde der Effekt der Herabsenkung der Maximalverfahrensdauer von 3 auf 2 Jahre in Ihrem Ressort diskutiert?
    1. Wenn ja, mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?
  1. Welche Maßnahmen wurden in den letzten Jahren wann gesetzt, um tatsächlich die Verfahrensdauer zu beschleunigen?
    1. Welchen Effekt hatten diese Maßnahmen?
  1. Wie viele Planstellen sind aktuell innerhalb der Justiz unbesetzt? Bitte nach Dienststellen tabellarisch mit SOLL- und IST-Stand auflisten.
    1. Welchen Effekt sollen dann weitere 15 Richter:innenplanstellen haben, wenn nicht einmal die aktuellen besetzt werden können?
  1. Die sog. Kreutner-Kommission hat eine Vielzahl von Missständen innerhalb der Justiz bestätigt, die wir und andere schon seit Langem aufzeigten und benennen. Die Notwendigkeit welcher Maßnahmen haben Sie aufgrund der Ergebnisse der Kreutner-Kommission wann identifiziert?
  2. Welche Maßnahmen regten Sie daher wann an?
    1. Sind Gesetzesänderungen geplant?

                                          i.    Wenn ja, welche wann?

    1. Kam es zu Erlässen?

                                          i.    Wenn ja, zu welchen wann?