19357/J XXVII. GP

Eingelangt am 19.07.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Zu viel Stromkostenzuschuss an Österreichs Energieunternehmen?

 

Wie Medien im Juni 2024 berichten erhöhte der Verbund 2023 rechtswidrig die Preise. Der Verbraucherschutzverein VSV bekam in einem Musterprozess am Handelsgericht Recht: Die Strompreiserhöhung des Verbund vom März 2023 war unzulässig und damit unwirksam. Dabei ging es um die Frage, ob ein Absatz im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (Paragraf 80 Abs 2a ElWOG) den Stromanbietern unmittelbar das Recht auf Preisanpassungen einräumt. Das Handelsgericht Wien verneint als Berufungsinstanz diese Frage. Im Urteil stellt das Gericht fest, dass die Gesetzesbestimmung nur den Rahmen für Preisanpassungen festlegen würde, es seien im Einzelfall vertragliche Vereinbarungen als Basis für Preiserhöhungen nötig.

Das ist nicht der erste Rechtsstreit zwischen Verbraucherschützern und Energieversorgern in Folge der gestiegenen Energiepreise. Mittels einer neuen Regelung im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz, kurz ElWOG, im Jahr 2022 wollte man eine eindeutige Regelung für die Möglichkeiten einer Tarifanpassungen schaffen. Die E-Wirtschaft pocht nun auf eine eindeutige Regelung im zukünftigen Elektrizitätswirtschaftsorganisationsgesetz, kurz ElWG, das das bisherige ElWOG ersetzen soll, und einen Beschluss dieses Gesetzes bis Ende der Legislaturperiode. Doch die notwendige Zweidrittelmehrheit im Parlament kam bisher nicht zustande.

Angesichts des aktuellen Urteils des Handelsgerichts dürfen Verbund-Kunden nun auf Rückzahlungen hoffen. Von Fall zu Fall gehe es um Rückzahlungen von 700 bis 2200 Euro. Auch müsse die unzulässige Preiserhöhung rückgängig gemacht werden. Das Urteil des Handelsgerichts Wien gegen den Verbund wird im Herbst rechtskräftig. Betroffen sind auch andere Energieanbieter, die aufgrund der gleichen Rechtsgrundlage wie der Verbund die Preise erhöht hatten. VSV-Obfrau Daniela Holzinger ist überzeugt, dass es auch hier Rückzahlungen geben wird. Konkret betroffen sind die Energie AG OÖ und die Salzburg AG.

Verbund-Urteil: Wurde der Stromkostenzuschuss rechtswidrig an Energieunternehmen ausgezahlt?

Interessant ist das aktuelle Urteil auch insofern, als die stark gestiegenen Strompreise Anlass für den sogenannten Stromkostenzuschuss (auch "Strompreisbremse") waren, der seit Dezember 2022 den Strompreis für Österreichische Haushalte - je nach Höhe des verrechneten Strompreis - mit bis zu 30 Cent pro kWh subventioniert. Ziel der Maßnahme war es, den Preis für die Endverbraucher bei 10 Cent/kWh zu deckeln, und zwar bis zu einem Verbrauch von 2900 kWh pro Haushalt. Ausgezahlt wird der Stromkostenzuschuss vom BMF über Transfers direkt an die Energieunternehmen, die die Preisstütze dann über Gutschriften an die Endkonsumenten weitergeben. Sowohl die Einführung als auch die Verlängerung des Stromkostenzuschusses wurden von NEOS wegen mangelnder Treffsicherheit und fragwürdiger Anreizwirkung kritisiert.

Das aktuelle Urteil des Handelsgerichts Wien legt nahe, so auch das Argument von VSV-Leiterin Daniela Holzinger, dass Energieunternehmen nicht nur auf rechtswidriger Basis ihre Preise erhöht haben, sondern der Staat auch auf einer rechtswidrigen Basis Steuermittel an den Verbund und andere Energieunternehmen vergeben hat. Denn die Verbund-Preiserhöhung fällt genau in den Geltungszeitraum des Stromkostenzuschusses. 

Im Sinne der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen ist es daher wichtig zu erfahren,  wie viele Steuermittel vom BMF im Rahmen des Stromkostenzuschusses und Stromkostenergänzungszuschusses in den vergangenen Jahren an die jeweiligen Energielieferanten österreichweit ausgezahlt wurden. Zentral ist zudem die Frage, ob angesichts des aktuellen Gerichtsurteils Steuermittel rechtswidrig an die Energieunternehmen ausgezahlt wurden und in diesem Fall von diesen zurückzufordern sind.

Quellen:

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie hoch sind die seit 2022 ausgezahlten Mittel im Rahmen des Stromkostenzuschuss (inkl. Stromkostenergänzungszuschuss; jeweils getrennt anzugeben)?
  2. Wie genau erfolgt die Auszahlung der Stromkostenzuschuss an die Energieunternehmen? Bitte um Beschreibung des Abwicklungsprozess und der jeweiligen Zahlungstermine.
  3. An wie viele Unternehmen wurden die Transfers in Zusammenhang mit dem Stromkostenzuschuss, bzw. Stromkostenergänzungszuschuss überwiesen?
  4. An welche Unternehmen wurden Transfers in Zusammenhang mit dem Stromkostenzuschuss, bzw. Stromkostenergänzungszuschuss in welcher Höhe überwiesen? Bitte auch um Angabe des jeweiligen Zahlungs/Überweisungstermins.
  5. Ist dem BMF das in der Begründung erwähnte Urteil des Handelsgerichts Wien bekannt?
  6. Welche Folgen hat das in der Begründung erwähnte Urteil für die vom BMF an Energieunternehmen ausgezahlten Stromkostenzuschüsse?
    1. Legt das Urteil nahe, dass die Auszahlung der Stromkostenzuschüsse an die Energieunternehmen rechtswidrig war?
    2. Welche Schritte setzt das BMF, um die Folgen des Urteils auf die Auszahlung der Stromkostenzuschüsse zu prüfen?

                                          i.    Wurde die Finanzprokuratur in diesem Sachverhalt konsultiert?

                                        ii.    Wurden bereits rechtliche Gutachten eingeholt? 

                                       iii.    Ist geplant, in diesem Zusammenhang rechtliche Gutachten einzuholen?

                                       iv.    Gab es dazu bereits einen Austausch mit den betroffenen Energieunternehmen?

                                        v.    Gab es dazu bereits einen Austausch mit anderen Stakeholdern/Interessensvertretern?

  1. Hat das BMF angesichts des Urteils des Handelsgerichts bereits an Energieunternehmen ausgezahlte Stromkostenzuschüsse überprüft?
    1. Falls ja, welche weiteren Schritte wird das BMF in diesem Zusammenhang bis Ende des Jahres setzen?
    2. Falls ja, unter welchen Voraussetzungen kann die Höhe der an Energieunternehmen im Rahmen des Stromkostenzuschuss noch auszuzahlende Mittel nach unten/oben angepasst werden?
    3. Falls nein, warum nicht, bzw. wann ist eine Überprüfung geplant?
  1. Wird das BMF angesichts des Urteils des Handelsgerichts bereits an Energieunternehmen ausgezahlte Stromkostenzuschüsse zurückfordern?
    1. Falls ja, welche weiteren Schritte wird das BMF in diesem Zusammenhang bis Ende des Jahres setzen?
    2. Falls ja, unter welchen Voraussetzungen können die an Energieunternehmen im Rahmen des Stromkostenzuschuss bereits ausgezahlte Förderungen zurückgefordert werden?
    3. Falls nein, warum nicht?
  1. Ist der Stromkostenzuschuss in der Transparenzdatenbank erfasst?
    1. Sind die Zahlungen an die jeweiligen Unternehmen in der Transparenzdatenbank erfasst?
    2. Sind diese jeweiligen Zahlungen öffentlich einsehbar?
  1. Wird oder wurde der Stromkostenzuschuss auf seine Wirkung auf die Wettbewerbssituation am Energiemarkt evaluiert?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, sind die Ergebnisse öffentlich einsehbar?
    3. wenn nein, warum nicht?
  1. Wird oder wurde der Stromkostenzuschuss auf seine Treffsicherheit evaluiert?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, sind die Ergebnisse öffentlich einsehbar?
    3. wenn nein, warum nicht?
  1. Wann wird das Elektrizitätswirtschaftsgesetz/ElWG beschlossen?
  2. Wird das Elektrizitätswirtschaftsgesetz die notwendige Rechtssicherheit für Unternehmen und Endkunden schaffen?