1937/J XXVII. GP
Eingelangt am 11.05.2020
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Anfrage
der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend polizeiliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Krise
In einer Pressekonferenz am 16.4.2020 haben Sie angekündigt, dass die Polizei Aufgaben in der Erforschung von Corona-Infektionsketten übernehmen wolle, um jene mit einer „Flex“ zu durchtrennen; die Polizei wolle die Trennscheibe im Dienst der Gesundheitsbehörden sein und werde Einvernahmen von möglicherweise Infizierten durchführen.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres nachstehende:
Anfrage
1. Ist geplant, dass die Polizei infizierte und allenfalls schwer erkrankte Personen in deren Privatwohnung aufsuchen und dort vernehmen soll?
2. Wie wird die Polizei bei diesen Einsätzen adjustiert sein?
3. Werden die besonders geschulten BefragungsspezialistInnen neben der CoronaSchutzausrüstung auch mit Winkelschleifern (volkstümlich auch „Flex“ genannt) ausgerüstet sein?
4. Falls ja: wird es eine zusätzliche Schutzausrüstung für die Sicherheit bei der Anwendung der Winkelschleifer/Trennscheibe geben?
5. Wird es für die Schnelle -Flex-Eingreiftruppe ein zusätzliches Ausbildungsmodul an der Sicherheitsakademie geben? Nach welchen Kriterien werden die TeilnehmerInnen ausgewählt werden? Wird handwerkliche Erfahrung zumindest im DIY-Bereich von Vorteil sein?
6. Können Sie ausschließen, dass durch den Flex-Einsatz nicht nur Infektionsketten, sondern auch Menschenrechte beseitigt werden?
7. Falls Ihre Ankündigungen zum Einsatz von Winkelschleifern nur ein Sprachbild gewesen sein sollte: halten Sie dieses Bild im Zusammenhang mit polizeilichen Amtshandlungen bei möglicherweise schwer erkrankten, unbescholtenen Menschen nach wie vor für passend und die Menschenwürde der Betroffenen respektierend?
8. Welche Rechtsgrundlage und welches Verfahrensrecht soll bei diesen CoronaVerhören Anwendung finden?
9. Welche Verfahrensstellung soll den zu befragenden Personen zukommen?
10. Wie werden sich die Polizeiorgane im Falle, dass jemand den Zutritt zu seiner Privatwohnung (dazu gehören auch Zimmer in Alters- oder Pflegeheimen) verweigert, Zutritt verschaffen ohne verfassungsgesetzlich geschützte Rechte zu verletzen?
11. Wird die Verweigerung des Zutritts bzw. jedweder Kooperation wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt geahndet werden?
12. Werden die Zielpersonen einen Rechtsanwalt oder eine Vertrauensperson beiziehen dürfen? Wird es einen Ersatz für die dafür anfallenden Kosten geben?
13. Werden bei diesen Amtshandlungen sich ergebende Hinweise auf strafbare Handlungen auf Grund des Offizialprinzips weiterverfolgt werden? Falls ja: halten Sie das für MRK-konform?
14. Glauben Sie, dass die von „BefragungsspezialistInnen der Landespolizeidirektionen“ in ihrer Ausbildung und Berufsausübung erworbenen spezifischen Fähigkeiten für die Durchführung von Verhören von Kriminellen ohne Zusatzausbildung ausreichend sein werden, um die Befragung von möglicherweise schwer erkrankten Personen mit der nötigen Sensibilität und Empathie vornehmen zu können?
15. Auch wenn nicht bestritten werden soll, dass KriminalbeamtInnen viel Erfahrung mit Befragungen aufweisen, wäre es nicht sinnvoller, diese für den eigenen Aufgabenbereich der Polizei bei der Verfolgung von Kriminellen einzusetzen, zumal die Polizei laufend neues Personal akquiriert, weil die Personalressourcen angeblich so knapp sind?
16. Welche Landessanitätsdirektionen haben Ihr Angebot der Unterstützung durch die Polizei angenommen? Wieviele Ressourcen werden für diesen Assistenzeinsatz von der Kriminalitätsbekämpfung abgezogen werden?
17. Werden allfällige Niederschriften oder sonstige Aufzeichnungen bzw. Daten über die Befragungen bzw. über die Amtshandlungen in Privatwohnungen nach Übermittlung an die Gesundheitsbehörden restlos aus den polizeilichen Datenbanken und von allen Datenträgern entfernt werden?