19378/J XXVII. GP

Eingelangt am 30.07.2024
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Eva Blimlinger, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Polizeiliches Vorgehen bei rechtsextremer Identitären-Demo


Im Nachgang der antifaschistischen Proteste gegen einen Aufmarsch der rechtsextremen „Identitären“ am 20. Juli in der Wiener Innenstadt erheben Demonstrierende Vorwürfe gegen die Polizei. So wurden Teilnehmende einer Sitzblockade wegen Verwaltungsübertretungen festgenommen und über Stunden im Polizeianhaltezentrum (PAZ) festgehalten. Im PAZ wurde den Angehaltenen der Zugang zu Medikamenten und zu Hygieneartikeln verwehrt. Auch das Recht auf einen erfolgreichen Anruf konnten die Betroffenen nicht wahrnehmen[1].

Eine antifaschistische Spontandemonstration wurde mit der Anwendung von Schlagstöcken und Pfefferspray gewaltsam gestoppt, wobei mehrere Personen verletzt wurden, und anschließend im Bereich U-Bahn-Station Herrengasse eingekesselt. Der Kessel wurde über mehrere Stunden aufrechterhalten, anfangs wurde den Betroffenen kein Grund für die Anhaltung genannt und es gab für sie keine Möglichkeit den Kessel zu verlassen. Dadurch wurde den Betroffenen der Zugang zu Toiletten, Nahrung und Wasser stundenlang verwehrt[2].

Die rechtsextreme Demonstration wich von ihrer angemeldeten Aufmarschroute ab und zog über den Graben zur Freyung. Dabei passierte sie Am Hof eine angemeldete antifaschistische Kundgebung und verletzte deren Schutzbereich[3].

Journalist:innen wurden während des rechtsextremen Aufmarsches von vermummten Rechtsextremen körperlich bedrängt und mit Regenschirmen attackiert und an ihrer Arbeit gehindert. Die anwesende Polizei beobachtete diese Vorgänge, schritt aber zu keiner Zeit ein um die Journalist:innen vor den Rechtsextremen zu schützen oder diese anzuzeigen[4].

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Wie viele Polizeibeamte waren am 20. Juli in der Wiener Innenstadt im Einsatz, um das Protestgeschehen zu begleiten und was war das gesetzte Einsatzziel?

a.    Welche Polizeieinheiten aus welchen Bundesländern waren im, Einsatz?

b.    Welche Aufgaben haben sie jeweils übernommen, bitte um genaue Darstellung?

 

2.    Eine Sitzblockade auf der Höhe Michaelerplatz wurde von der Polizei aufgelöst.

a.     Aus welchem Grund wurden die Beteiligten der Sitzblockade festgenommen und ins PAZ überstellt?

b.    Wie viele Personen wurden ins PAZ überstellt?

c.    Was wurde ihnen zum Vorwurf gemacht und was waren die Gründe der Überstellung ins PAZ?

d.    Warum gab es kein gelinderes Mittel als eine Festnahme? Bitte um eine ausführliche Begründung.

 

3.    Im PAZ schildern Betroffene, dass ihnen grundlegende Rechte, wie das Recht auf einen erfolgreichen Anruf oder der Zugang zu Medikamenten und Hygieneartikeln vorenthalten wurde.

a.    Sind Ihnen diese Vorwürfe bekannt?

b.    Wenn nicht haben Sie Erhebungen durchgeführt und die Vorwürfe verifiziert?

c.    Wie wird im PAZ sichergestellt, das Angehaltene ihre Rechte wahrnehmen können?

 

4.    Eine antifaschistische Spontandemonstration wurde im Bereich der U-Bahn-Station Herrengasse gewaltsam und unter Anwendung von Schlagstöcken und Pfefferspray gestoppt.

a.    Aus welchem Grund wurde die Versammlung angehalten?

b.    Wodurch wurde der Einsatz von Waffen gerechtfertigt?

c.    Aus welchem Grund wurde die Versammlung eingekesselt?

d.    Was wurde den Teilnehmenden der Versammlung zum Vorwurf gemacht?

e.    Warum wurde über Stunden hinweg den Betroffenen Informationen über den Grund ihrer Anhaltung verwehrt?

f.     Warum war es für Anwesende nicht möglich, den Versammlungsort zu verlassen?

g.    Warum konnte weder Wasser noch Nahrung in den Versammlungsbereich gebracht werden?

h.    Warum wurde Versammlungsteilnehmer:innen der Zugang zu Toiletten über Stunden verweigert?

i.      Konnten Sie wahrnehmen dass Versammlungsteilnehmer:innen durch den Polizeieinsatz verletzt wurden?

j.      Wenn ja, um welche Verletzungen handelte es sich?

k.    Wenn nein, warum nicht?

 

5.    Die rechtsextreme Demonstration verließ die angemeldete Aufmarschroute und setzte sich spontan über den Graben zur Freyung in Bewegung.

a.    Warum wurde der Aufmarsch nicht angehalten, nachdem er die angemeldete Aufmarschroute verlassen hatte?

b.    War das Verlassen der angemeldeten Aufmarschroute mit der Einsatzleitung abgesprochen?

c.    Warum wurde die Sitzblockade geräumt und die Anwesenden festgenommen, wenn es doch scheinbar eine Alternativroute gab?

d.    Warum konnte der rechtsextreme Aufmarsch eine angemeldete antifaschistische Kundgebung Am Hof passieren und wurde dadurch der Schutzbereich der angemeldeten Versammlung verletzt?

 

6.    Wie mehreren Videoaufnahmen (siehe oben) zu entnehmen ist, wurden während des rechtsextremen Aufmarsches Journalist:innen von vermummten Versammlungsteilnehmern körperlich bedrängt und an ihrer Arbeit massiv gehindert.

a.    Warum sah die Polizei hier keinen Grund einzuschreiten?

b.    Wurden Teilnehmer:innen der rechtsextremen Versammlung angezeigt und wenn ja weshalb? Wenn nein, warum nicht?

c.    Wurden Versammlungsteilnehmer:innen aufgrund der Vermummungsverbots angezeigt? Wenn nein, warum nicht?

d.    Erfüllt das körperliche Bedrängen von Journalist:innen, wie sie den Aufnahmen zu entnehmen sind, nicht den Tatbestand der Nötigung?

e.    Wie will ihr Ressort und die Einsatzleitung das Recht auf freie Berichterstattung bei Versammlungen sicherstellen, wenn Beamt:innen sichtlich nicht einschreiten, wenn Journalist:innen über eine längere Zeitspanne immer wieder bedrängt und an ihrer Arbeit gehindert werden?

 

7.    Wie beurteilen Ihr Ressort und die zuständigen Dienststellen wie die DSN oder das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung den Aufmarsch der „Identitären“, an dem zahlreiche amtsbekannte rechtsextreme Gruppierungen und bekannte Neonazis teilgenommen haben?

a.    Welche Gruppen haben am Aufmarsch teilgenommen?

b.    Haben auch Gruppen und Einzelpersonen aus dem Ausland am Aufmarsch teilgenommen? Wenn ja, aus welchen Ländern?

c.    Gab es Verstöße gegen das Verbotsgesetz?

d.    Stehen die teilnehmenden Gruppierungen oder Einzelpersonen unter Beobachtung des Verfassungsschutzes oder der DSN?

e.    Wurden Teilnehmende des rechtsextremen Aufmarsches im Vorfeld kontrolliert und wurden gefährliche Gegenstände bei ihnen gefunden? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wurden die Gegenstände eingezogen?



[1] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240723_OTS0062/nach-rechtsextremen-aufmarsch-demonstrierende-erheben-vorwuerfe-gegen-polizei

[2] Ebd.

[3] https://www.derstandard.at/story/3000000229206/massive-proteste-gegen-demo-der-identitaeren-in-wien

[4] https://www.youtube.com/watch?v=d3l-Cnl-bgs&t=98s