19379/J XXVII. GP
Eingelangt am 30.07.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Julia Herr,
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend Wie lang bleibt Österreich noch im Klimakiller-Vertrag?
Auf dem Weg in die Klimaneutralität sind tiefgreifende Veränderungen notwendig, insbesondere auch im Energiesektor. Das Verbrennen fossiler Energieträger zur Strom- und Wärmegewinnung treibt die CO2-Konzentration in der Atmosphäre immer weiter nach oben und heizt so die Klimakrise immer weiter an. Zugleich ist Atomstrom keine Alternative dazu, sondern selbst eine Gefahr für unsere Zukunft. Die Zukunft liegt in erneuerbaren Energieträgern, die künftig unseren Strom-, Wärme- und Mobillitätsbedarf decken werden. Damit das gelingt, ist noch viel zu tun.
Doch genau diese notwendigen Handlungen werden aktuell durch den Energiecharta-Vertrag gehemmt, der 1998 in Kraft trat und zum echten Klimakiller-Vertrag wurde. Insgesamt sind ihm 51 Länder beigetreten. Eines davon ist Österreich. Während zentrale Aspekte des Energiecharta-Vertrages längst auch von anderen Handelsabkommen abgedeckt werden, bringt ein Teil des Energiecharta-Vertrags bis heute schwerwiegende Folgen: Sonderklagsrechte für Konzerne samt privaten Schiedsgerichten.
Der überwiegende Anteil der internationalen Fälle, wo Konzerne Staaten verklagen, findet im Energiesektor statt. Dabei geht es meist um Fälle, wo Staaten Umweltschutzauflagen verstärkten und Konzerne auf entgangene Profite und verlorene Investitionen klagen. Die Folgen sind für den Umwelt- und Klimaschutz fatal: Entweder Regierungen schrecken vor höheren Umwelt- und Klimaschutzstandards gänzlich zurück oder müssen diese, wenn Konzerne gewinnen, zurücknehmen oder hohe Strafzahlungen leisten.
Der Versuch, den Energiechartavertrag zu modernisieren und ihn umweltverträglicher zu gestalten scheiterte, da sich auf der Energiechartakonferenz 2022 nicht die nötige Mehrheit fand. Infolgedessen stiegen Deutschland, Frankreich und Polen aus dem Vertrag aus. Daraufhin wurde ein koordinierter Ausstieg der EU und ihren Mitgliedstaaten als neues Ziel erklärt. Aber auch dieses Vorhaben scheiterte. Somit ist die EU und EURATOM aus dem Vertrag ausgetreten, die einzelnen Vertragsstaaten blieben aber weiterhin Mitglied. Slowenien, Luxemburg, Portugal, Spanien und auch das Vereinigte Königreich gaben ihren Austritt aus dem Vertrag bereits bekannt.
Voraussichtlich wird im Herbst dieses Jahres noch einmal über die Modernisierungen des Energiechartavertrages abgestimmt. Scheitert diese, würde der bestehende Vertrag gegen EU-Recht verstoßen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Warum ist Österreich noch nicht aus dem Energiechartavertrag ausgetreten oder hat seinen Austritt angekündigt?
2. Plant Österreich vom Energiechartavertrag zurückzutreten.
a. Wenn ja, wann?
3. Nach dem Scheitern der Modernisierungbestrebungen haben Sie angekündigt die Lage neu zu bewerten und die österreichische Mitgliedschaft einer Prüfung zu unterziehen. Hat diese Prüfung stattgefunden?
a. Wenn ja, zu welchem Ergebnis ist die Prüfung gekommen?
b. Wenn nein, warum nicht?
c. Wenn nein, bis wann wird diese Prüfung stattfinden?
4. Haben Sie sich seit der Austrittsankündigung der EU mit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie über das Vorgehen und die Positionierung Österreichs zu einem Austritt aus dem Energiechartavertrag abgestimmt?
a. Wenn ja, zu welchem Schluss sind Sie gekommen?
5. Der Ausstieg Deutschlands aus dem Atomstrom, der Ausstieg der Niederlande aus Kohlestrom und die Einführung einer Übergewinnsteuer für Energieproduzenten haben Vertragsverletzungsverfahren und teilweise hohe Strafzahlungen nach sich gezogen. Wie wollen Sie garantieren, dass Österreich in Zukunft nicht auch von solchen Vertragsverletzungsverfahren betroffen ist?
6. Gibt es konkrete Pläne, wie Österreich vorgehen wird, wenn der Energiechartavertrag EU-Recht widersprechen wird'?
a. Wenn ja, wie sehen diese aus?
b. Sehen sie den Austritt Österreichs aus dem Vertrag vor?
c. Wenn nein, warum nicht?
7. Gab es Gespräche seitens der österreichischen Regierung mit anderen EU-Mitgliedsstaaten über das weitere Vorgehen betreffend Energiechartavertrag?
a. Wenn ja, was wurde besprochen?
b. Wurde über einen gemeinsamen Austritt gesprochen?
c. Wenn nein, warum nicht.