19404/J XXVII. GP

Eingelangt am 27.08.2024
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Nord-Stream-Anschläge: Wann wird der ukrainische Botschafter einbestellt?

 

 

Der Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines vom 26. September 2022 verdichtet sich immer mehr zu einer akkordierten Sabotageaktion ukrainischer Drahtzieher. Denn im Rahmen der Nord-Stream-Ermittlungen in Deutschland wurde nun ein Haftbefehl gegen einen ukrainischen Staatsbürger erlassen. Unterdessen deuten mehrere investigative Medienberichte auf eine direkte staatliche Einmischung der Ukraine hin.

 

Einer Recherche von ARD, Süddeutscher Zeitung (SZ) und Zeit zufolge hat der deutsche Generalbundesanwalt Jens Rommel einen ersten Haftbefehl gegen den tatverdächtigen Ukrainer Wolodymyr Z. erwirkt. Zwei weitere ukrainische Staatsangehörige stehen demzufolge unter Verdacht, an der Sprengung der Pipelines beteiligt gewesen zu sein. Der Tatverdächtige, der inzwischen per europäischem Haftbefehl gesucht wird, soll sich zuletzt in Polen aufgehalten haben. Laut Spiegel-Bericht wirft die Bundesanwaltschaft dem Ukrainer verfassungsfeindliche Sabotage und das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion vor.

 

Aus den Recherchen geht weiters hervor, dass sich im Mai 2022 mehrere hochrangige ukrainische Militärs und Geschäftsleute trafen und dabei die Idee für den Anschlag auf die Ostsee-Pipelines entstand. Angeblich sei dabei vereinbart worden, dass Geschäftsleute das Projekt finanzieren und bei der Umsetzung helfen würden, da die Armee nicht über die entsprechenden Mittel verfügt haben soll. Der ukrainische Präsident Selenskyj soll über diese Pläne zumindest informiert gewesen sein. Einem Bericht des Wall Street Journal zufolge soll Selenskyj die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines jedoch sogar genehmigt haben! Der ukrainische Präsident soll den Plan zunächst mündlich abgesegnet haben. Das gaben mehrere Quellen und ein an dem Plan beteiligter Offizier gegenüber der Zeitung an.

 

Der ehemalige Präsident des deutschen Bundesnachrichtendienstes August Hanning erklärte zudem gegenüber der Welt, er gehe bei der Vorbereitung des Anschlags auf die Nord-Stream-Pipelines von einer Zusammenarbeit Polens und der Ukraine aus.

 

Bei der Sprengung der Nord-Stream-Pipelines handelte es sich letztlich um einen Angriff auf eine zentrale europäische Energieinfrastruktur, am Bau von Nord-Stream-2 war auch die zu einem Drittel im Besitz der Republik befindliche OMV mit fast einer Milliarde Euro beteiligt. Die Bundesregierung darf daher angesichts des sich zunehmend erhärtenden Verdachts der direkten Beteiligung der Ukraine an diesen Anschlägen nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern muss klare Konsequenzen setzen.

 

Vor allem angesichts der Tatsache, dass sich Außenminister Alexander Schallenberg erst jüngst in einer Anfragebeantwortung (18316/AB) damit rühmte, der erste Außenminister der Zweiten Republik zu sein, der insgesamt elf Diplomaten zu personae non gratae erklärt hat, und gleichzeitig betonte, diesen Schritt bei Bedarf wieder zu setzen, ist das bisherige Schweigen in dieser Causa unerklärlich.

 

Angesichts der Brisanz dieser nun zutage getretenen Vorwürfe und Ermittlungen sowie der vollmundigen Ankündigungen erwarten wir vom Bundesminister Alexander Schallenberg eine Beantwortung der Anfrage noch vor dem Ende der laufenden Legislaturperiode.

 

 

In diesem Zusammenhang stellt der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende

 

Anfrage

 

  1. Liegen Ihnen bzw. Ihrem Ressort neue Erkenntnisse zu den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines vor?
    1. Liegen Ihnen Informationen vor, wonach es eine Involvierung des ukrainischen Staates bei den Anschlägen gab?
    2. Hat Ihr Ressort in dieser Angelegenheit mit anderen europäischen Behörden bzw. mit Behörden von anderen betroffenen Staaten kooperiert?
  2. Hat Ihr Ressort mit ukrainischen Behörden/der ukrainischen Regierung Kontakt aufgenommen, um die Anschlagsvorwürfe zu erläutern und auszuräumen?
    1. Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  3. Hat Ihr Ressort mit dem polnischen Botschafter und/oder polnischen Behörden/der polnischen Regierung Kontakt aufgenommen, um die Anschlagsvorwürfe zu erläutern und auszuräumen?
    1. Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  4. Wurde der ukrainische Botschafter in Wien angesichts der schwerwiegenden Vorwürfe bereits einbestellt und befragt?
    1. Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?
    2. Wenn nein, warum nicht?
    3. Wurden ukrainische Diplomaten ausgewiesen?
    4. Wurden ukrainische Diplomaten zur personae non gratae erklärt?
  5. Haben die derzeitigen Ermittlungen Einfluss darauf, ob und in welchem Umfang Österreich die Ukraine auch in Zukunft unterstützen wird?
  6. Sofern eine ukrainische Urheberschaft der Anschläge gerichtlich nachgewiesen werden kann, wird sich der Bund für den entstandenen Schaden via der OMV in Milliardenhöhe beim ukrainischen Staat schadlos halten? 
  7. Wurden gemeinsam mit der OMV und anderen Ressorts Maßnahmen zur Sicherung der Gasversorgung Österreichs, auch gegen den Widerstand der Ukraine, getroffen?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum wurden keine Maßnahmen getroffen, um die Energieversorgung Österreichs auch bei Sabotage durch die Ukraine sicherzustellen?