19405/J XXVII. GP
Eingelangt am 27.08.2024
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Inanspruchnahme und Wirtschaftlichkeit von Wirkstofflagern
Am 2.11.2023 berichtete Vienna Online folgendes:
Medikamentenknappheit: Wirkstofflager soll Engpässen im Winter entgegenwirken
Um Medikamentenengpässen vorzubeugen, wird für die Wintersaison ein Wirkstofflager errichtet.
Das Gesundheitsministerium hat sich mit dem Pharmagroßhandel (PHAGO) auf die Schaffung eines Wirkstofflagers geeinigt, um die Medikamentenversorgung im Winter zu sichern. Bei Bedarfsspitzen können Apotheken so rasch wichtige Arzneien zubereiten.
Für die Lieferung besonders günstiger Medikamente erhält der Großhandel vom Bund zudem einen Beitrag von 0,28 Euro pro Packung.
Zutaten für Antibiotika und Erkältungsmedikamente vorhanden
Das Lager umfasst die nötigen Zutaten für gängige Antibiotika und für Medikamente gegen Erkältungssymptome. In Phasen mit hohem Bedarf können diese von Apotheken zur Herstellung magistraler Zubereitungen abgerufen werden. "Bei Lieferausfällen werden die Wirkstoffe von 23 Standorten in ganz Österreich an die Apotheken verteilt, damit die Bevölkerung, aber insbesondere auch kranke Kinder versorgt werden können", erklärte Andreas Windischbauer, Präsident des Verbands der österreichischen Arzneimittelvollgroßhändler (PHAGO).
Ergänzend hat die EU-Kommission einen Mechanismus zum Austausch von Medikamenten zwischen Mitgliedstaaten präsentiert. "Mit dem Bündel an Maßnahmen sind wir bestmöglich gegen Engpässe gerüstet", meinte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Donnerstag. "Der anhaltende Medikamentenmangel hat viele Ursachen, die sich nur langfristig wirklich lösen lassen."
Aufstockung von Medikamenten-Vorräten "nicht zweckmäßig"
Die ursprünglich geplante Aufstockung der Medikamenten-Vorräte habe sich für diesen Winter als "nicht zweckmäßig" herausgestellt: "Die Bestellung von Medikamenten hat teils lange Vorlaufzeiten. Zudem hätten nationale Lager die europaweite Knappheit noch verschärft", betonte der Ressortchef. Stattdessen werde der europäische Solidaritätsmechanismus "bei Bedarf helfen, die Medikamentenversorgung zu sichern".
Zusätzlich zum Krisenlager wurde ein sogenannter Infrastruktursicherungsbeitrag für Medikamente mit einem Preis unter 3,93 Euro vereinbart. Der Bund wird dem Pharmagroßhandel damit einen Teil jener Mehrkosten abgelten, die in den vergangenen Jahren entstanden sind. Ein entsprechendes Gesetz soll dem Parlament vorgelegt werden und rückwirkend ab 1. September 2023 gelten. Die Kostenschätzungen liegen bei 23 Millionen Euro.
Reaktionen auf Rohstofflager-Pläne
Die Apothekerkammer begrüßte die Rohstofflager mit wichtigen Arzneimitteln. "Damit haben Apothekerinnen und Apotheker ein nützliches Werkzeug, um bestimmten Lieferengpässen bei Medikamenten effizient entgegenwirken zu können", so Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr. Nun sei die Sozialversicherung am Zug, die der Apothekerschaft zugesicherte inflationskonforme Anpassung der Herstellungskosten umzusetzen.
Um die Problematik in der Medikamentenversorgung langfristig und nachhaltig zu lösen, müssten seitens des Gesundheitsministeriums unbedingt weitere Maßnahmen getroffen werden, reagierte Alexander Herzog, Generalsekretär der Pharmig. Dazu zähle die Inflationsanpassung bei jenen Medikamenten, deren Preise unter der Rezeptgebühr liegen. "Ebenso sollten weitere regulatorische Anpassungen erfolgen und vor allem auch eine Standortstrategie entwickelt werden, um die Abhängigkeit von Asien bei der Medikamentenproduktion zu verringern."
Auch für den Fachverband der chemischen Industrie Österreichs (FCIO) ist der Plan zur Schaffung eines Wirkstofflagers bei weitem nicht ausreichend, um die angespannte Versorgungssituation mit Medikamenten nachhaltig zu verbessern. "Die Einigung von Gesundheitsministerium und Pharmagroßhandel sind ein Tropfen auf dem heißen Stein. Eine umfassende Strategie gegen anhaltende Arzneimittelengpässe sieht anders aus", meinte Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des FCIO. Eine dauerhaft wirksame Bekämpfung von Lieferengpässen ist nur durch eine Stärkung der heimischen und europäischen Pharmaproduktion möglich. Dazu braucht es eine Verbesserung bei der Erstattung. "Wer sichere Medikamente aus Österreich haben möchte, muss auch die höheren Herstellungskosten in Österreich bezahlen."
"Die bereits im Juni angekündigte Arzneimittelbevorratung ist, wie zu erwarten, zu einer Farce verkommen", meinte FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak. Das Ganze komme zu spät und würde die Probleme in der Versorgung bestenfalls zu einem kleinen Teil lindern können.[1]
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage
1. Wie oft wurden seit der Errichtung der Wirkstofflager die darin enthaltenen Wirkstoffe von Apotheken tatsächlich abgerufen (bitte um detaillierte Aufschlüsselung nach Wirkstoff und Abrufhäufigkeit)?
2. In welchen Bundesländern wurden die Wirkstofflager am häufigsten in Anspruch genommen und für welche Wirkstoffe war dies hauptsächlich der Fall?
3. Welche Gesamtkosten sind der Republik durch die Errichtung und den Betrieb der Wirkstofflager bisher entstanden (bitte um detaillierte Aufschlüsselung der Kosten nach Beschaffung, Lagerung, Verwaltung und Logistik)?
4. Welche Mengen (Kilogramm oder Einzeldosen der gelagerten Wirkstoffe) wurden bisher über das Wirkstofflager an Apotheken verteilt und wie stehen diese Zahlen im Verhältnis zu den Kosten?
5. Welche Wirkstoffe in welcher Menge und mit welchem Haltbarkeitsdatum sind aktuell eingelagert?
6. Wurde eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchgeführt, um zu bewerten, ob das Wirkstofflager im Vergleich zu anderen Maßnahmen zur Bekämpfung von Medikamentenengpässen effizient ist?
a. Wenn ja, was waren die Ergebnisse dieser Prüfung?
b. Wenn nein, warum nicht?
7. Wie plant das Gesundheitsministerium, die Nachhaltigkeit und Effizienz der Wirkstofflager langfristig sicherzustellen?
a. Gibt es Überlegungen, das Konzept zu erweitern oder anzupassen?
i. Wenn ja, welche?
ii. Wenn nein, warum nicht?
8. Wie haben sich die Zahlen der gemeldeten, nicht oder nur eingeschränkt lieferbaren Arzneispezialitäten in den Jahren 2021, 2022, 2023 und 2024 (Stichtag jeweils 1. Jänner und 1. Juli) entwickelt?
9. Gibt es Pläne, die Abhängigkeit von Importen aus Asien durch Förderung der inländischen Produktion zu verringern?
a. Wenn ja, welche?
b. Wenn nein, warum nicht?
10. In welchem Umfang wurde die von der Apothekerkammer geforderte inflationskonforme Anpassung der Erstattungspreise (vor allem bei Arzneimitteln unter der Erstattungsgrenze) von der Sozialversicherung umgesetzt und wie steht das Gesundheitsministerium zu dieser Forderung?
11. Welche Maßnahmen plant das Gesundheitsministerium, um sicherzustellen, dass die finanziellen Belastungen für Apotheken, die magistrale Zubereitungen aus den Wirkstofflagern herstellen, inflationskonform ausgeglichen werden?
12. Gibt es Überlegungen, die bestehende Bevorratungspflicht für vollsortierte Großhändler und öffentliche Apotheken auszuweiten und den entstehenden Mehraufwand auch finanziell zu entschädigen?
[1] https://www.vienna.at/medikamentenknappheit-wirkstofflager-soll-engpassen-im-winter-entgegenwirken/8384635