1968/J XXVII. GP
Eingelangt am 13.05.2020
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Christian Drobits und GenossInnen an den Bundesminister für Inneres
betreffend die „Kriminalitätsentwicklung während und nach der Corona Pandemie" - Folgen und Auswirkungen dieser Krise („Coronakriminalität")
Staatliche Maßnahmen eines „Lockdown" zur Eindämmung der Corona Infektionen wie beispielsweise verordnete Kontaktverbote, Quarantäne, Ausgangs- und Betriebssperren sowie Veranstaltungs- und Verkaufsverbote wirkten sich nach kriminalpolizeilicher Einschätzung in vielen Staaten positiv auf die öffentliche Sicherheit aus. Strafdelikte aller Art (z. B. Kleinkriminalität), aber insbesondere auch Verbrechen sind gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zum Teil drastisch zurückgegangen (z. B. Italien). Dies trifft Medienberichten zur Folge auch für Österreich zu.
Die Corona-Pandemie bedeutet somit für Europa eine auf Zeit reduzierte Kriminalität, wobei andererseits bestimmte Kriminalitätsformen mit der Corona Krise sehr wohl in Zusammenhang stehen, wie (organisierte) Betrügereien bei staatlichen Corona-Unterstützungen (Hilfsprogramme) durch Fälschung von Web-Seiten oder Produktfälschungen (z. B. Schutzmasken).
Neben Fake News (Desinformation) von Verschwörungstheoretikern und Rechtspopulisten gab es mit Beginn der Corona-Krise zunehmend auch Gewalt- und Hassmeldungen sowie Drohungen im Netz (Web. 2.0 und Social Media), die u. a. zu Demonstrationen und Sachbeschädigungen (5G- Ausbau) führten. Viele dieser Beschimpfungen und Hassbotschaften erfüllten den Tatbestand der Verhetzung. Die Beratungsstelle ZARA dokumentierte im Zeitraum vom 16. März bis 30. April zudem insgesamt 93 rassistische Diskriminierungen mit Corona-Bezug. Dazu gehört auch der brutale rassistische Sager des Wiener FPÖ Obmannes Dominik Nepp vom „Asylantenvirus".
Diese - auf das erste positive - Entwicklung darf daher nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade Cyberdelikte (d. h. Internetkriminalität) und Cyberangriffe im Zusammenhang mit dieser Pandemie international zugenommen haben und die organisierte Kriminalität (OK) - wie Mafiagruppen - europaweit nach neuen Möglichkeiten für kriminelle Aktivitäten sucht („Corona-Kriminalität"). Der Finanz- und Anlagesektor steht dabei im Focus!
Eine Auflockerung des „Lockdown" mit mehr Bewegungsfreiheit für alle und Aktivitäten im öffentlichen Raum wird vermutlich daher in allen Staaten wieder zu mehr Kriminalität und Verbrechen führen. Zudem kommt noch dazu, dass Menschen (Insbesondere Jugendliche) in wirtschaftlicher und damit sozialer Not, erfahrungsgemäß anfälliger für Anwerbungsversuche krimineller Gruppen sowie für kriminelle Aktivitäten sind. Dies gilt aber auch für Unternehmen, die nun in der Krise Kapital benötigen, um liquid zu bleiben.
International gesehen begünstigt natürlich eine durch die Pandemie verstärkte staatliche Instabilität und sozialer Absturz, eine irreguläre Migration und damit die Schlepperkriminalität, auf die wir eine europäische Antwort finden müssen. Zu befürchten ist mit dieser Pandemie generell das Entstehen neuer Risiken und Gefahren für Europa.
Die Unterzeichneten Abgeordneten stellen an den Bundesminister für Inneres nachstehende
Anfrage:
1. Teilen sie diese allgemeine kriminalpolizeiliche Einschätzung? Ist diese auch auf Österreich übertragbar? Wenn nein, warum nicht?
2. Gibt es eine internationale (europäische) Zusammenarbeit zur Bekämpfung dieser „CoronaKriminalität" bzw. den negativen und kriminellen Auswirkungen dieser Pandemie?
3. Wenn ja, worin besteht diese? Wer ist für die Koordinierung verantwortlich?
4. Wer ist im Ressort dafür verantwortlich (Bekanntgabe der Organisationseinheit)?
5. Teilen Sie und das Ressort die Auffassung von Europol, dass die Organisierte Kriminalität (OK) die Krise für besondere kriminelle Aktivitäten, wie Geldwäsche, Betrügereien, Schutzgelderpressung und Schlepperei sowie zur Rekrutierung neuer Mitglieder nutzt?
6. Sehen Sie und das Ressort auch das Risiko des Eindringens der Organisierten Kriminalität in die legale Wirtschaft? Wenn ja, was wird auf europäischer und nationaler Ebene dagegen unternommen?
7. Welche kriminellen Aktivitäten, die im Zusammenhang der Corona Krise stehen, sind Ihrem Ressort in Österreich bis dato bekannt geworden?
8. Welche besonderen Delikte bzw. Deliktsformen, die im Zusammenhang mit der Corona Krise stehen, sind dem Ressort bis dato bekannt und in Österreich angezeigt worden (Aufschlüsselung der Delikte auf Bundesländer)?
9. Wie viele Betrugsfälle im Rahmen des österreichischen Corona Hilfsprogramms sind ihnen bis dato bekannt und angezeigt geworden (Aufschlüsselung der Delikte auf die Bundesländer)?
10. Sehen Sie und das Ressort eine Zunahme von Cyberdelikten in Europa und in Österreich? Welche Cyberdelikte sind im Zuge der Corona-Krise bekannt geworden?
11. Wie viele Fälle von Gewalt und Hass im Internet (Web. 2.0) sind Ihnen und dem Ressort bekannt geworden (Hasskriminalität) und wurden bis dato zur Anzeige gebracht (Aufschlüsselung der Delikte auf Bundesländer)?
12. Wie viele davon entsprachen dem Tatbestand der Verhetzung im österreichischen Strafgesetzbuch (Aufschlüsselung der Delikte auf Bundesländer)?
13. Welche Erkenntnisse haben Sie und das Ressort über eine Zunahme von Desinformationen aus dem In- und Ausland, insbesondere durch extremistische Gruppierungen, im Zusammenhang mit dieser Pandemie?
14. Wer ist im Ressort zuständig für die Bekämpfung von Falschnachrichten (Fake News) und Desinformation (Bekanntgabe der Organisationseinheit)?
15. Welche Entwicklungen sehen Sie und das Ressort bei Terrororganisationen in Europa und in Österreich als Folge der Corona Pandemie? Nutzen diese die Krise, um sich zu reorganisieren und stärker zu werden?
16. Ist aus ihrer Sicht und die des Ressorts die Attraktivität und das Risiko für „Bioterrorismus" gestiegen?