2014/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.05.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Ing. Reinhold Einwallner,
Genossinnen und Genossen

an den Bundeskanzler

betreffend „Wenn der Kanzler auf Reisen geht" - Vorfälle im Kleinwalsertal

 

Der erste Bundesländerbesuch des Bundeskanzlers nach Lockerung der Coronavirus-Beschränkungen galt dem Kleinwalsertal. Um sich ein Bild der schwierigen Situation der Gemeinde Mittelberg zu machen, welche von den bundesweiten Grenzschließungen im Besonderen betroffen war, reiste die Delegation mit dem Bundeskanzler und Landeshauptmann von Vorarlberg vom Grenzübergang Walserhaus nach Hirschegg.

Da die Grenzen noch geschlossen sind, brauchte der Bundeskanzler eine Transitgenehmigung des bayrischen Innenministeriums, um überhaupt anreisen zu können.

Für Wirbel sorgte im Vorfeld die Bitte der Gemeinde Mittelberg auf ihrer Facebookseite Wegen der CoVid-19-Maßnahmen ist eine öffentliche Veranstaltung nicht möglich und es gibt leider keine Gelegenheit für einen persönlichen Kontakt der Talbevölkerung. Die Fahrt von der Walserschanz zum Walserhaus wird gegen 20.00 Uhr stattfinden. Die Verantwortlichen freuen sich über eine Beflaggung der Häuserfassaden und auch Bekundungen entlang der Walserstraße“.

Nach dem öffentlichen Aufschrei wurde das Posting auf der Facebook Seite der Gemeinde Mittelberg geändert, die Passage der Bekundungen und Häuserbeflaggung gelöscht und die Idee der „Beflaggung“ als Zeichen der Wertschätzung von Seiten der Gemeinde Mittelberg für die Bemühungen des Bundeskanzlers und des Landeshauptmanns um die Lockerungen der Grenzschließung seitens der Gemeindeleitung argumentiert.

Wie auf Bildern und einem Video der „Vorarlberger Nachrichten" zu sehen war, folgte die Bevölkerung dem Aufruf des dortigen Bürgermeisters: einige Häuser tatsächlich beflaggt, Personengruppen an der Straße und vor dem Walserhaus - ohne Einhaltung der Corona­Abstandsregeln und der Maskenpflicht - einige trugen die Masken als „Halsband“.

Auch Bundeskanzler Kurz und Landeshauptmann Wallner verzichteten auf Maske oder andere Schutzeinrichtungen wie Plexiglasschilder und hielten selbst die vorgeschriebenen Mindestabstände nicht ein.

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler folgende


ANFRAGE

1.      Wie und auf welcher Route erfolgte die Anreise der Delegation aus Wien ins kleine Walsertal?

2.       Auf welcher Grundlage konnte eine Einreise über die laut Verordnung des Innenministers vollständig geschlossenen Grenzübergänge des Kleinwalsertals erfolgen?

3.       Erfolgte bei Ihnen und Ihren Begleitpersonen die vorgeschriebene Vorlage eines negativen COVID-19-Tests, der nicht älter als vier Tage sein durfte? Von wem wurde dieser Test bei den Personen Ihrer Delegation wann vorgenommen und durch wen?

4.       Warum haben Sie sich nicht selbst in 14-tägige Heimquarantäne begeben, wie es die Vorschriften über die Einreise nach Österreich für bestimmte Fälle vorsehen?

5.       Wann wurde bei den bayrischen Behörden um Durchreisegenehmigung angesucht?

6.       An welchem Grenzübergang erfolgte die Ausreise aus Österreich?

7.       Haben Sie in Bayern einen - wenn auch nur sehr kurzen - Zwischenhalt eingelegt?

8.       Wie viele Personen reisten mit Ihnen wieder nach Österreich gemeinsam ein und um welche handelte es sich?

9.       Wann und wo reisten Sie aus dem Kleinwalsertal wieder ab? Erfolgte dies ebenfalls über deutsches Staatsgebiet und wo reisten Sie schlussendlich wieder nach Österreich ein?

10.   Kam es bei dieser allfälligen zweiten Einreise zu den vorgeschriebenen Kontrollen bzw. haben Sie sich zumindest bei der wiederholten Einreise in die vorgeschriebene Heimquarantäne begeben?

11.   Wie hoch waren die Reisekosten für den Bundeskanzler?

12.   Wie hoch waren die Reisekosten für die gesamte Delegation?

13.   Wurden Sie von ressortfremden Personen begleitet und wenn ja, von welchen?

14.   Kam es zu Übernachtungskosten und wenn ja, wo wurde übernachtet?

15.   Wie viele Personen haben übernachtet und wie war dies trotz geschlossener Beherbergungsbetriebe möglich?

16.   Was war der Ort der Nächtigung und wie hoch waren die einzelnen Nächtigungskosten?

17.   Wie hoch waren die Gesamtkosten des Besuchs in Vorarlberg?

18.   Wurde Ihr Besuch den örtlich zuständigen Behörden angezeigt? Wenn ja, welcher Behörde zu welchem Zeitpunkt?

19.   Welche Vorkehrungen wurden Ihrerseits zur Wahrung des Mindestabstands und zur Einhaltung anderer geltender Vorschriften in Hinblick auf COVID-19 getroffen?

20.   Welche Auflagen wurden Ihnen von den Vorarlberger Behörden für den Besuch gemacht?

21.   Wurde Ihr Besuch als Kundgebung nach dem Versammlungsgesetz angezeigt?


22.   Welche Maßnahmen haben Sie oder der (im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung bzw. auf Grund des COVID-Maßnahmengesetzes zuständige) Vorarlberger Landeshauptmann zur Wahrung der geltenden rechtlichen Vorschriften getroffen?

23.   Waren Exekutivbedienstete vor Ort anwesend?

24.   Haben Sie diese darauf hingewiesen, dass bei fortgesetzten Verstößen gegen Rechtsvorschriften die Versammlung aufzulösen wäre?

25.   Warum haben Sie die Menschenansammlung nicht unverzüglich verlassen?

26.   Warum haben Sie selbst keinen Mund-Nasen-Schutz getragen?

27.   Ist es Ihres Wissens nach zu einem Einschreiten der Exekutivbediensteten zur Durchsetzung der COVID-19-Maßnahmen (insbesondere Abstandsregeln) gekommen?

28.   Haben Exekutivbedienstete - wie unlängst in Vorarlberg - Warnschüsse abgegeben oder zumindest durch Durchsagen auf die möglichen Folgen fortgesetzter Rechtsverletzungen hingewiesen?