2049/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.05.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend Einsicht in sensible Daten der Statistik Austria


 

Laut Bericht des "Standard" vom 16. Mai 2020 habe sich seit 24. März 2020 die Informationspolitik der Statistik Austria geändert. Alle Pressemitteilungen würden laut Bericht seither am Vortag ihrer Veröffentlichung dem Generalsekretär im Bundeskanzleramts, Bernd Brünner, vorgelegt. Dieser Vorgang sei "nicht nur neu in der 20-jährigen Geschichte der Bundesanstalt als eigenständige Institution", er sei auch "unüblich". Der "Standard" zitiert zudem aus einem Verhaltenskodex für nationale statistische Ämter der EU, dem sich auch Österreich verpflichtet hat. Darin heißt es, statistische Stellen hätten "alle Nutzerinnen und Nutzer gleich zu behandeln" und ihnen "gleichzeitigen und gleichberechtigten Zugang zu statistischen Daten" zu geben. Jeglicher bevorzugter Vorabzugang an Externe müsse beschränkt, stichhaltig begründet und kontrolliert werden und werde öffentlich bekannt gegeben. https://www.derstandard.at/story/2000117526721/der-kanzler-und-die-einsicht-in-sensible-daten

Der Verdacht, es könnte sich bei dieser Vorgangsweise um "Message Control" handeln, steht daher nicht unbegründet im Raum. Insbesondere das Timing dieser Änderung der Informationspolitik ist auffällig: Am 16. März erlangte das Covid-19-Maßnahmengesetz, mit dem die Ausbreitung von SARS-CoV-2 in Österreich eingedämmt werden sollte, Rechtskraft. Im Auftrag des BMBWF wurde von der Statistik Austria in Kooperation mit dem Roten Kreuz und der Medizinischen Universität Wien zwischen 22. und 25. April 2020 eine Validierungsstudie von SARS-CoV-2-Antikörpertests durchgeführt.

Die Statistik Austria ist das zentrale statistische Amt der Republik Österreich. Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Objektivität müssen zu jedem Zeitpunkt vollständig gewährleistet sein - insbesondere aber in Zeiten einer Pandemie, in der alle politischen Entscheidungen auf einer soliden wissenschaftlichen Basis fußen sollten. Die Vorwürfe der bevorzugten Behandlung des Bundeskanzleramts in die Einsicht sensibler Daten einerseits und "Message Control" andererseits wiegen derzeit daher besonders schwer.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


Anfrage:



1.    Mit welcher Begründung erhielt das Bundeskanzleramt ab 24. März 2020 vorab Pressemitteilungen der Statistik Austria?

a.    Welche konkreten Stellen im Bundeskanzleramt erhielten diese Vorabmitteilungen?

2.    Auf wessen Initiative bzw. Wunsch hin erhielt das Bundeskanzleramt ab 24. März 2020 vorab Pressemitteilungen der Statistik Austria?

3.    Welchen Inhalt hatten die jeweiligen Pressemitteilungen?

4.    Zu welchem Zweck erhält das Bundeskanzleramt vorab Pressemitteilungen der Statistik Austria?

5.    Erhielt bzw. erhält das Bundeskanzleramt neben Pressemitteilungen vorab auch Zugang zu bzw. Einsicht in wissenschaftliche Daten der Statistik Austria?

a.    Wenn ja, um welche Daten handelt es sich?

b.    Im Zuge welcher Erhebungen wurden diese Daten gesammelt?

c.    Zu welchem Zweck erhielt das Bundeskanzleramt vorab Zugang zu bzw. Einsicht in diese Daten?

d.    Wie wurden diese Daten von Ihrem Haus weiterverwendet?

6.    Erfolgte auch eine Vorabinformation (Pressemitteilungen, wissenschaftliche Daten) an die jeweiligen fachlich zuständigen Ministerien?

a.    Wenn ja, inwiefern und durch wen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Zum Stand der Anfragebeantwortung: Zu wie vielen Pressemitteilungen (bzw. wissenschaftlichen Daten) der Statistik Austria erhielt das Bundeskanzleramt vorab Zugang? Wie vielen Prozent aller Pressemitteilungen der Statistik Austria (seit 24. März 2020) entspricht dies?

8.    Ist es in Planung, die Praxis, dem Bundeskanzleramt Pressemitteilungen (bzw. wissenschaftliche Daten) der Statistik Austria vorab vorlegen zu lassen, künftig beizubehalten?

a.    Mit welcher Begründung?

b.    Zu welchem Zweck?

c.    Auf wessen Initiative wird diese Praxis beibehalten?

d.    Welche Stellen im Bundeskanzleramt werden auch künftig Vorabinformationen (Pressemitteilungen, wissenschaftliche Daten) erhalten?

9.    Inwiefern ist diese Praxis nach Einschätzung des Bundeskanzleramts mit dem Verhaltenskodex der EU für nationale statistische Ämter vereinbar, laut dem statistische Stellen "alle Nutzerinnen und Nutzer gleich zu behandeln" hätten  und ihnen "gleichzeitigen und gleichberechtigten Zugang zu statistischen Daten" zu geben hätten?

10. Inwiefern ist diese Praxis nach Einschätzung des Bundeskanzleramts mit dem in diesem Verhaltenskodex formulierten Grundsatz, jeglichen bevorzugten Vorabzugang an Externe zu beschränken, stichhaltig zu begründen, zu kontrollieren und öffentlich bekanntzugeben, vereinbar?

a.    Wurde der bevorzugte Vorabzugang des Bundeskanzleramts beschränkt?

                                  i.    Wenn ja, in welcher Form, ab wann und von wem?

                                ii.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wurde der bevorzugte Vorabzugang des Bundeskanzleramts kontrolliert?

                                  i.    Wenn ja, in welcher Form, ab wann und von wem?

                                ii.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Wurde der bevorzugte Vorabzugang des Bundeskanzleramts öffentlich bekannt gegeben?

                                  i.    Wenn ja, in welcher Form, von wem und wann? Bitte um Übermittlung der Bekanntgabe im Wortlaut.

                                ii.    Wenn nein, warum nicht?

11. Erhielt das Bundeskanzleramt Vorabinformation zur Validierungsstudie von SARS-CoV-2-Antikörpertests, die von der Statistik Austria zwischen 22. und 25. April 2020 durchgeführt wurde?

a.    Wenn ja, wann?

b.    In welcher Form?

c.    Mit welcher Begründung?

d.    Zu welchem Zweck?

e.    Welche Stellen des Bundeskanzleramts erhielten diese Vorabinformation?

12. Erhielt das Bundeskanzleramt vorab Einsicht in die Daten bzw. Ergebnisse der Validierungsstudie von SARS-CoV-2-Antikörpertests, die von der Statistik Austria zwischen 22. und 25. April 2020 durchgeführt wurde?

a.    Wenn ja, wann?

b.    In welcher Form?

c.    Mit welcher Begründung?

d.    Zu welchem Zweck?

e.    Welche Stellen des Bundeskanzleramts erhielten diese Vorabinformation?

13. Erfolgte auch eine Vorabinformation (Pressemitteilungen, wissenschaftliche Daten) an das BMBWF bzw. das BMSGPK, bzw. wurden Informationen vom Bundeskanzleramt an diese beiden Ministerien vorab weitergegeben?

a.    In welcher Form?

b.    Um welche Informationen handelte es sich?

c.    Mit welcher Begründung?

d.    Zu welchem Zweck?

e.    Welche Stellen in den jeweiligen Ministerien erhielten diese Vorabinformation?

14. Wurde seitens des Bundeskanzleramts Einfluss auf die erhobenen Daten im Zuge der Validierungsstudie von SARS-CoV-2-Antikörpertests, deren Veröffentlichung oder den Inhalt der Pressemitteilung bzw. Presseunterlagen genommen?

a.    Wenn ja, worauf konkret?

b.    In welcher Form?

c.    Mit welcher Begründung?

d.    Zu welchem Zweck?

15. Erhielt bzw. erhält das Bundeskanzleramt Vorabinformation der Statistik Austria zu Pressemitteilungen bzw. Daten bzw. Studienergebnissen mit Covid-19-Bezug?

a.    Wenn ja, zu welchen Pressemitteilungen/Daten/Studienergebnissen?

b.    In welcher Form?

c.    Mit welcher Begründung?

d.    Zu welchem Zweck?

e.    Welche Stellen des Bundeskanzleramts erhielten diese Vorabinformation?

16. Wurde seitens des Bundeskanzleramts Einfluss auf diese Pressemitteilungen bzw. Daten bzw. Studienergebnisse mit Covid-19-Bezug genommen?

a.    Wenn ja, worauf konkret?

b.    In welcher Form?

c.    Mit welcher Begründung?

d.    Zu welchem Zweck?