2276/J XXVII. GP

Eingelangt am 10.06.2020
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Anfrage

 

des Abgeordneten Lausch

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Kosten einer angemessenen Gerichtsmedizin

 

Die Gerichtsmedizin übernimmt in unserem Rechtssystem besonders in Fällen von Gewaltdelikten, insbesondere bei tödlichem Ausgang, die Rolle einer unabhängigen medizinisch fachlichen Instanz, die Zusammenhänge zwischen medizinischen Sachverhalten und rechtlichen Fragestellungen herstellt und somit eine wesentliche Säule unseres Rechtsstaates darstellt. Gerichtsmedizin ist vor allem aber auch eine vielfältige wissenschaftliche Disziplin, deren Forschungen für viele gesellschaftliche und andere medizinische Bereiche von maßgeblicher Bedeutung sind.

 

Auch die angekündigte Schaffung einer Möglichkeit, Institute statt Einzelgutachter zu beauftragen, scheint die Qualität der Gerichtsmedizin zu beeinträchtigen, die Unabhängigkeit des Gutachtens scheint nicht im selben Ausmaß gewährleistet.

 

Im Wesentlichen muss sich die Bundesregierung entscheiden, ob die Gerichtsmedizin eine wichtige Rolle bei der angemessenen Aufklärung von Gewaltverbrechen und Verkehrsunfällen spielen soll, oder ob sie als reiner Budgetposten betrachtet wird.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundes-ministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

 

1.    Wie viele von der Staatsanwaltschaft oder einem Gericht angeordnete Obduktionen wurden in den Jahren 2015 – 2019 im Sprengel OLG Wien durchgeführt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Universitätseinheiten für Gerichtliche Medizin bzw. nach Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Gerichtsmedizin, die keine Angehörige des wissenschaftlichen Personals einer solchen Einrichtung sind)

2.    Wie viele von der Staatsanwaltschaft oder einem Gericht angeordnete Obduktionen wurden in den Jahren 2015 – 2019 bundesweit durchgeführt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Universitätseinheiten für Gerichtliche Medizin bzw. nach Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Gerichtsmedizin, die keine Angehörige des wissenschaftlichen Personals einer solchen Einrichtung sind).

3.    Wurden von Staatsanwaltschaften oder Gerichten angeordnete Obduktionen im Zusammenhang mit Verdachtsfällen der Coronavirus-Krankheit-2019 durchgeführt?

a.    Wenn ja, wie viele?

4.    Sind dem Bundesministerium für Justiz Zahlen bekannt, wie viele Personen in Österreich „an“ und wie viele „mit“ der Coronavirus-Krankheit verstorben sind?

a. Wenn ja, in welchem Zeitraum sind diese Personen an bzw. mit der Coronavirus-Krankheit verstorben? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monaten und Bundesländer)

5.    Wie hoch belaufen sich sind in den Jahren 2015 - 2019 die jährlichen Kosten für die von Staatsanwaltschaften oder Gerichten angeordneten Obduktionen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Universitätseinheiten für Gerichtliche Medizin bzw. nach Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Gerichtsmedizin, die keine Angehörige des wissenschaftlichen Personals einer solchen Einrichtung)

6.    Werden Obduktionen an Gemeindespitäler ausgelagert?

a.    Wenn ja, warum?

b.    Wenn ja, was sind die jährlichen Kosten? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren)

7.    Trifft es zu, dass in Wien „Faulleichen“, für die keine Obduktionsanordnung durch ein Gericht bzw. die Staatsanwaltschaft vorliegt, nicht mehr obduziert und mit der Todesursache „unbekannt“ zur Beerdigung freigegeben werden?

a.    Wenn ja, warum?

8.    Trifft es zu, dass in Wien ein Großteil aller Todesfälle im Zusammenhang mit

Drogenmissbrauch, für die keine Obduktionsanordnung durch die Staatsanwaltschaft vorliegt, nicht mehr obduziert und somit auch nicht mehr eingehend auf die missbrauchten Substanzen untersucht werden?

a.    Wenn ja, warum?

9.    Ist es aus Sicht des BMJ wünschenswert, dass in Wien gerichtlich bzw. von der Staatsanwaltschaft angeordnete Obduktionen von „Faulleichen“ in öffentlichen Krankenhäusern oder in deren nahem Umfeld durchgeführt werden?

10. Wo sonst in Wien, wenn nicht im Rahmen einer universitären Einbettung als Institut der Medizinischen Universität Wien ist die Unabhängigkeit der Sachverständigen für Gerichtsmedizin und damit ein wesentlicher Faktor unseres Rechtsstaats gewährleistet?

11. In welcher Form sind die Institute für Gerichtsmedizin in der EU institutionell verankert?

a.    Gibt es dazu eine Position der EU?