2306/J XXVII. GP

Eingelangt am 17.06.2020
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Christian Ragger

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Verfahrensverzögerungen in Pflegschafts- und Familienrechtsangelegenheiten

 

 

Im Bericht der Volksanwaltschaft 2019 ist im Teilheft „Kontrolle der öffentlichen Verwaltung“ auf Seite 160 und 161 folgendes zu lesen:

 

 

Ein großer Teil der Beschwerden betraf die lange Dauer in den verschiedensten Verfahren. Nach Auffassung der VA sind Verfahrensverzögerungen besonders in Pflegschafts- und Familienrechtsangelegenheiten für die Betroffenen sehr belastend. Das BMVRDJ verwies hier zumeist auf die Komplexität der Sachverhalte und auf die hohe Auslastung der Gerichte. Im Folgenden werden exemplarisch einige Fälle dargestellt:

 

Die Eltern zweier minderjähriger Kinder, die bei einer Pflegefamilie untergebracht waren, beantragten im November 2018 beim BG Traun die Rückübertragung der Obsorge. Die Pflegeeltern sprachen sich im Jänner 2019 dagegen aus. Das BG Traun beauftragte im März 2019 eine Sachverständige mit der Erstellung eines familienpsychologischen Gutachtens. Dieses langte allerdings erst nach rund sechs Monaten, Anfang Oktober 2019, bei Gericht ein. Ein Verhandlungstermin wurde für den nächsten Monat anberaumt. Damit lag rund ein Jahr nach Einlangen des Antrags der Eltern auf Rückübertragung der Obsorge noch immer kein Beschluss des Gerichtes darüber vor. (VA-BD-J/0925-B/1/2019)

 

Ein Niederösterreicher, Vater einer minderjährigen Tochter, beklagte die lange Dauer eines beim BG Floridsdorf anhängigen Obsorge- und Kontaktrechtsverfahrens. Über seinen im Juli 2018 eingebrachten Antrag auf Feststellung des Aufenthalts seiner Tochter und Übertragung der Obsorge (auch) an ihn sei ein Jahr später noch immer nicht entschieden worden. Das BMVRDJ legte dar, dass das BG Floridsdorf den Pflegschaftsakt an die MA 11 als zuständige Kinder- und Jugendhilfebehörde der Stadt Wien zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt habe. Deren Äußerung sei aber erst rund elf Monate später eingelangt. Das BG Floridsdorf habe bei der Aktenübersendung übersehen, sich den Akt intern vorzumerken und habe daher auch nicht bei der MA 11 urgiert. Erst das Einschreiten der VA bewirkte eine Beschleunigung des Verfahrens. (VA-BD-J/0688-B/1/2019)

 

Herr N.N. kritisierte, dass er nach beinahe einem Jahr seit Einlangen seiner

Beschwerden beim BVwG noch keine Entscheidungen darüber erhalten habe.

Der Präsident des BVwG teilte mit, dass anhängige Verfahren in chronologischer Reihenfolge nach dem Zeitpunkt des Einlangens behandelt würden. Die Bearbeitung der Verfahren von Herrn N.N. sei für das erste Halbjahr 2020 in Aussicht genommen. (VA-BD-J/0687-B/1/2019)

 

Ein Rechtsanwalt beschwerte sich darüber, dass das BMVRDJ einem Rechtshilfeersuchen des HG Wien auf Zustellung einer Klage seiner Mandantschaft an die zweitbeklagte Partei in Hongkong nicht nachkomme. In der Stellungnahme des BMVRDJ wurde zugestanden, dass das Rechtshilfeersuchen vier Monate unbearbeitet geblieben ist. Die Untätigkeit wurde darauf zurückgeführt, dass es aufgrund des in den letzten Jahren ansteigenden Arbeitsanfalls zu längeren Bearbeitungszeiten der einlangenden Zustellungs- bzw. Rechtshilfeersuchen kommt. Dies reicht als Rechtfertigung für die dem BMVRDJ zuzurechnende Verzögerung in der Zustellung nicht aus. Die Überlastung der Fachabteilung begründet ein Organisationsverschulden, weil sie nicht in die Lage versetzt wird, die vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu bewältigen. (VA-BD-J/0660-B/1/2019)“

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die

Bundesministerin für Justiz folgende

 

ANFRAGE

 

1.    Liegt im Fall VA-BD-J/0925-B/1/2019 ein Beschluss bereits vor?

2.    Wenn nein, warum nicht?

3.    Gibt es im Fall VA-BD-J/0688-B/1/2019 schon eine Entscheidung?

4.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Gibt es im Fall VA-BD-J/0687-B/1/2019 schon eine Entscheidung?

6.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Ist das Rechtshilfeersuchen im Fall VA-BD-J/0660-B/1/2019 schon bearbeitet worden?

8.    Wenn nein, warum nicht?

9.    Wie erklären Sie sich diese Verfahrensverzögerungen?

10. Welche Maßnahmen müssten gesetzt werden, um Verfahren zu beschleunigen?

11. Welche Maßnahmen werden von Ihnen gesetzt, um Verfahren zu beschleunigen?

12. Welche Lösungsansätze verfolgen Sie, um die Überlastung der Gerichte zu reduzieren?

13. An welchen Ressourcen mangelt es, um Verfahren rascher durchführen zu können?