2317/J XXVII. GP

Eingelangt am 17.06.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege u. Konsumentenschutz

betreffend Fragen zu regionalen Unterschieden bei Kniegelenksoperationen

ÖSG - Österreichischer Strukturplan Gesundheit

Der "Österreichische Strukturplan Gesundheit" (ÖSG) bildet die bundesweite Grundlage für die integrative Gesundheitsplanung - abgestimmte Planung zwischen den Versorgungsbereichen - in Österreich. Wichtige Versorgungsbereiche sind dabei der niedergelassene Bereich und der stationäre Bereich. Neben Versorgungsstrukturstandards beinhaltet der ÖSG auch zahlreiche Daten über die aktuelle Versorgungsstruktur und Leistungsstruktur (Medizinisches Personal, KH-Betten, KH-Aufenthalte,...), sowie über den künftigen stationären Leistungsbedarf (KH-Aufenthalte). Diese Daten sind in der Planungs- und Versorgungsmatrix sehr detailliert dargestellt und lassen Vergleiche nach Diagnose-/Leistungsgruppen auf regionaler Ebene (32 Versorgungsregionen) zu. Konkret wird nach knapp Diagnose-/Leistungsgruppen unterschieden, den sogenannten MH-Gruppen (MHG). Beispielsweise erfährt man in der ÖSG-Versorgungsmatrix des "ÖSG 2017", dass in der Versorgungsregion Mostviertel (VR 35) 2014 insgesamt 708 Kniegelenksoperationen durchgeführt wurden. Vergleicht man mit dem "ÖSG 2012", erkennt man jedoch, dass damals für das Jahr 2015 im Mostviertel lediglich 553 Kniegelenksoperationen erwartet wurden. Diese deutlichen Abweichungen zwischen den tatsächlichen Operationen und dem Bedarf werfen natürlich Fragen auf. Treibt ein Überangebot an OP-Kapazitäten die Nachfrage nach oben ("Angebotsinduzierte Nachfrage") oder verursachen andere Faktoren die erhöhte Nachfrage (ein kalorienreicher Lebensstil, oder körperlich anstrengende Jobs, oder eine schlechte Versorgung in anderen Versorgungsbereichen,...).

Starke regionale Unterschiede bei Kniegelenksoperationen

Relativ interessant ist die Leistungsgruppe "M14.f Totalendoprothetik des Kniegelenks". Diese Leistung wurde 2014 in Österreich 19.787 mal durchgeführt, wobei man enorme Unterschiede bei der regionalen Häufigkeit erkennen kann – gemessen mit der Kennzahl "KH-Aufenthalte je 100.000 Einwohner". Während in der Versorgungsregion „VR82 Vorarlberg-Süd" 155 Kniegelenksoperationen pro 100.000EW durchgeführt wurden, erfolgten diese Eingriffe in der "VR44 Pyhrn-Eisenwurzen" 307 mal pro 100.000EW (siehe Tabelle unten). Die Standardisierung nach Alter und Geschlecht reduziert die Differenz zumindest etwas. Insgesamt kann man Kniegelenksoperationen gehäuft in OÖ (+Mostviertel) und Tirol beobachten.

Steigende Todesfallraten bei Kniegelenkseingriffen

Besorgniserregend ist, dass die Todesfallraten bei Kniegelenkseingriffen lt. A-IQI-Berichten seit 2015 offenbar stark gestiegen sind. So hat es bei den A-IQI-Kennzahlen 37.10, 37.20 u. 38.20 im Jahr 2015 14 Tote gegeben. 2018 waren es bereits 33 Tote, obwohl die höhere Eingriffszahl eine höhere Behandlungsqualität und weniger Tote zur Folge haben müsste. Konkret stieg die Todesfallrate bei A-IQI-Kennzahl 37.20 "Knie-Endoprothesen-Erstimplantationen andere, Anteil Todesfälle" von 0,0% (2015) auf 0,3% (2018). Bei A-IQI-Kennzahl 38.10 "Knie-Endoprothesen-Revisionen insgesamt, Anteil Todesfälle" ist die Todesfallquote sogar von 0,2% auf 1,1% gestiegen.


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KH-Aufenthalte und Todesfälle bei Kniegelenksoperationen

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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie haben sich die quellbezogenen, stationären KH-Aufenthalte für "M14.f Endoprothetik des Kniegelenks" (ÖSG-Definition) zwischen 2015 und 2019 entwickelt? (Darstellung je Jahr und Versorgungsregion)

a.    Wie haben sich dabei die quellbezogenen, stationären KH-Aufenthalte je 100.000 EW (standardisiert nach Alter und Geschlecht) entwickelt? (Darstellung je Jahr und Versorgungsregion)

b.    Wie viele Aufenthalte davon endeten mit dem Ereignis "Tod"? (Darstellung je Jahr und Versorgungsregion)

c.    In wie vielen Fällen kam es zu einer Wiederaufnahme? (Darstellung je Jahr und Versorgungsregion)

d.    Wie haben sich die korrespondierenden LKF-Punkte zwischen 2015 und 2019 entwickelt? (Darstellung je Jahr und Versorgungsregion)

2.    Wie begründen Sie die hohe Kniegelenksoperationsrate in OÖ und Mostviertel?

3.    Wie begründen Sie die hohe Kniegelenksoperationsrate in Tirol?

4.    In wie vielen Sitzungen hat das Ministerium mit den einzelnen Bundesländern bzw. Spitälern die regionalen Unterschiede bei Kniegelenksoperationen besprochen? (Darstellung je Jahr und Bundesland)

a.    Bitte um Offenlegung der Protokolle?

b.    Welche Maßnahmen wurden aus den Sitzungen abgeleitet? (Darstellung je Jahr und Bundesland)

5.    Aus den A-IQI-Berichten 2018 und 2019 geht hervor, dass Übergewicht und Multimorbidität die Wahrscheinlichkeit einer Kniegelenksoperationen erhöhen. Welche Maßnahmen wurden daraus abgeleitet?

6.    Wie erklärt sich der Anstieg der Todesfallrate bei "Knie-Endoprothesen-Erstimplantationen andere, Anteil Todesfälle " (A-IQI-IDNr: 37.20) seit 2015 (siehe A-IQI-Berichte)?

7.    Wie erklärt sich der Anstieg der Todesfallrate bei "Knie-Endoprothesen-Revisionen insgesamt, Anteil Todesfälle" (A-IQI-IDNr: 38.10) seit 2015 (siehe A-IQI-Berichte)?