2456/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.06.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung
betreffend Ziel der Vision Landesverteidigung 2020

Seit einigen Wochen liegt ein Papier mit dem Titel "Vision Landesverteidigung 2020" vor. Dieses Papier wurde dem Parlament nicht vorgelegt und auch sonst nicht öffent­lich vorgestellt. Als Vision lehnt es sich an den Sicherheitspolitischen Jahresauftakt an, ohne allerdings seine Ziele oder Tragweite explizit klar zu machen. Das Papier wurde vom Generalsekretär höchstpersönlich erlassen und wirkt wie eine Neuaus­richtung der Österreichischen Sicherheitsstrategie. Die fehlende Einbindung des Par­laments, die fehlenden Details sowie unklare Formulierungen stellen unserer Ansicht nach durchaus ein gewisses Problem dar.

Die Österreichische Sicherheitsstrategie wurde nämlich im Zuge eines parlamentari­schen Prozess im Jahr 2013 durch eine Mehrheit im Parlament beschlossen. Sie
dient dazu, eine wehrpolitische Orientierung zu geben, enthält Visionen und Maß­nahmen, wie Österreich - vor allem durch das Bundesheer- geschützt werden kann. Dass sich hier nicht alle Parlamentsparteien durchwegs einig sind, liegt wohl in der Natur der Sache. Dennoch legt die Möglichkeit einer Beurteilung und der Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen die Basis für einen demokratischen Prozess.

Im Fall des angesprochenen Papiers fehlt allerdings genau das. Im Schatten der Corona Krise wird das Parlament umgangen. Die "Vision Landesverteidigung 2020" ist nur BMLV- intern bekannt, wurde bereits verfügt und umfasst insgesamt 12 Sei-ten. Es soll als strategische Grundlage der zukünftigen wehrpolitischen Orientierung dienen. Was rein oberflächlich betrachtet nicht unbrauchbar klingt, kann nach ge­nauerem Hinschauen aber schon fast als gefährlich bezeichnet werden.

Die Beschreibungen sind extrem vage, die Neuinterpretation der Landesverteidigung ist ersichtlich, allerdings ohne auch nur ansatzweise ins Detail zu gehen. Das Papier beschreibt die verfassungs- und einfachrechtlichen Grundlagen des ÖBH, und inter­pretiert sie dann. Eine solche Interpretation sollte in einer Demokratie dem Parlament zukommen. Dazu kommt, dass die Interpretationen nicht normativ formuliert sind, sondern vage Interpretationsmöglichkeiten darstellen. Wenn eine Vision als Policy- Vorlage dient, muss sie zumindest klar darlegen, wohin sie gehen will. Eine Vision und Interpretation darf für den Betrachter nicht frei interpretierbar sein, sondern klar und eindeutig formuliert sein. Das ist hier nicht der Fall.

Dieses Papier stellt allgemein bekannte Szenarien in groben Zügen dar und ordnet ihnen Wahrscheinlichkeiten zu, ohne diese datenbasiert zu erläutern. Als Beispiel: der Cybersicherheit - die durch den Angriff aufs BMEIA sowie sämtliche datenschutz­rechtlich relevanten Vorfälle ein sehr aktuelles Thema darstellt- sind in dem Papier ganze 5 Zeilen gwidmet. Auch die Auswirkungen der möglichen Szenarien werden nicht abgewägt. Andere - wie beispielsweise hybride Bedrohungen - werden gar nicht erwähnt. Dieses Papier dient unserer Ansicht nach keinesfalls als Handlungsgrund­lage.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wer ist der Autor der Vision Landesverteidigung 2020?

a. Wie viele Personen waren am Prozess der Erstellung beteiligt und welche Personen waren das?

2.    Von wem kam der Auftrag zur Erstellung der Vision Landesverteidigung 2020 und wann wurde dieser erteilt?

a. Aus welchem Grund wurde die Erstellung des Papiers angeordnet?

3.    Ist die Vision Landesverteidigung 2020 als Strategiepaper für das Bundesheer anzusehen?

a.    Wenn ja, welche konkreten Veränderungen ergeben sich daraus?

b.    Wenn nein, welches Ziel wird mit diesem Papier verfolgt?

4.    In welchem Verhältnis steht die Vision Landesverteidigung 2020 zur Österreichi­schen Sicherheitsstrategie aus dem Jahr 2013?

5.    In welchem Verhältnis steht die Vision Landesverteidigung 2020 zu Unser Heer 2030?

6.    Ist das Ziel der Vision Landesverteidigung 2020 eine Neuausarbeitung einer lang­fristigen Strategie für das österreichische Bundesheer?

a.    Wenn ja, welche konkreten Veränderungen ergeben sich daraus?

b.    Wenn nein, welches Ziel wird mit diesem Papier verfolgt?

7.    Eine Vision für das Bundesheer muss sich an den politischen Vorgaben des Par­laments orientieren. Warum wurde die Vision Landesverteidigung 2020 dem Par­lament nicht zur Diskussion vorgelegt?

8.    Wurde der Ministerrat über die Erstellung dieser Vision Landesverteidigung 2020 informiert?

a.    Wenn ja, was ist der Auftrag des Ministerrats an das BMLV im Zusam­menhang mit der Erstellung der Vision Landesverteidigung 2020?

9.    Wann plant das BMLV, diese Vision mit dem Parlament zu teilen?

10. Welche Implikationen hat die Vision Landesverteidigung 2020 auf das Landesver­teidigungsbudget 2020? Wurden Prioritäten aufgrund dieses Strategiepapiers er­stellt?