268/J XXVII. GP
Eingelangt am 06.12.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Arbeit‚ Soziales‚ Gesundheit und Konsumentenschutz
betreffend Überschreitet die Arbeiterkammer Salzburg mit parteipolitischen Inseraten die Grenzen des Arbeiterkammer-Gesetzes?
Hintergrund: Fehlerhafte SPÖ-FPÖ-Frühpensionsbeschlüsse, die von einer breiten Front an Pensionsexperten abgelehnt werden
Theorie: Wie ergibt sich die Höhe der Pension? Die Pensionshöhe hängt vereinfacht erklärt von zwei Faktoren ab:
1. Summe der Beiträge: Wie viel wurde an Pensionsbeiträgen bezahlt
2. Antrittszeitpunkt bzw. Pensionszeit: Wie lange verbringt der Versicherte im Schnitt in der Pension (= Lebenserwartung - Alter beim Pensionsantritt)
Der „Antrittszeitpunkt“ wird im Pensionssystem durch Ab- und Zuschläge berücksichtigt. Je weiter der Antritt vor dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter liegt, desto höher sind die Abschläge. Wer vor 01.01.2020 mit 45 Beitragsjahren statt im Alter von 62 mit 64 in Pension geht, bekommt bisher eine höhere Pension, da 64-jährige Pensionisten statistisch gesehen ihre Pension um zwei Jahre kürzer beziehen als 62-jährige Pensionisten.
Die Abschläge bei vorzeitigem Pensionsantritt (Faktor 2) wurden nun in der NR-Sitzung vom 19.9.2019 mit spontanen Abänderungsanträgen (ohne Begutachtung) von einer SPÖ-FPÖ-Mehrheit weitgehend abgeschafft. Obwohl sämtliche Pensionsexperten die Abschläge befürworten und die Frühpensionsbeschlüsse kritisieren - IHS, WIFO, Agenda Austria, OECD, EU-Kommission. Am deutlichsten fiel die Kritik aber vom neuen Vorsitzenden der Alterssicherungskommission, Walter Pöltner (SPÖ-nahe), aus: "Der Beschluss des Nationalrats ist unverantwortlich und arbeitnehmerfeindlich. Um Menschen von der Pension abzuhalten, konnte man bisher gut argumentieren: Arbeite drei Jahre länger, dann bekommst du 30 Prozent mehr Pension! Gibt es künftig keine Abschläge mehr, fällt dieser Anreiz weg." Auf die Frage: "Sie waren ja selbst einmal bei der SPÖ. Warum haben Ihre Ex-Genossen das beschlossen?" antwortete Pöltner: "Weil sie glauben, dass das Wählerstimmen bringt – ein Populismus, der viel Geld kostet." (https://www.derstandard.at/story/2000110800687/neuer-chef-der-pensionskommission-kritisiert-politik-scharf)
AK-Präsident Peter Eder (FSG/SPÖ) nutzt nun die AK Salzburg, um Parteien (ÖVP, FPÖ, NEOS) via Inserateschaltungen auf Kosten der Zwangsmitglieder zu denunzieren
Aber nicht nur, dass sämtliche Experten die SPÖ-FPÖ-Frühpensionsbeschlüsse massiv kritisieren, offenbar sind der rotblauen Allianz bei ihren Spontan-Beschlüssen Fehler passiert. Diese müssen aus Sicht des Präsidenten der AK Salzburg, Peter Eder, nun schleunigst behoben werden. Dass die Beschlüsse sehr umstritten sind und sämtliche Pro-Frühpensionsparteien bei der Nationalratswahl am 29.09. von der Wählerschaft abgestraft wurden, stört Peter Eder aber scheinbar wenig. Seiner Ansicht nach würden „Neoliberale die Reparatur blockieren“. Gemeint sind dabei explizit ÖVP, FPÖ und NEOS. Davon abgesehen, dass man vermuten würde, dass sich ein AK-Präsident aufgrund der Zwangsmitgliedschaft neutral und sachlich verhält, ist diese denunzierende Inserateschaltung aus mehreren Gründen extrem ungewöhnlich:
· Die Arbeiterkammern beziehen sich bei ihrer Kritik normalerweise auf Gesetzesvorhaben in Form von Stellungnahmen im Zuge von Begutachtungsverfahren von Gesetzesentwürfen (§ 4 Abs. 2. Ziff. 1)
· Die Arbeiterkammern informieren mit Inseraten normalerweise objektiv über Angelegenheiten, die im Interesse der Arbeitnehmer sind (§ Abs. 2. Ziff. 8)
· Es ist dabei aufgrund der Zwangsmitgliedschaft unüblich, dass die Arbeiterkammern offen gegen Parteien vorgehen
· Die Arbeiterkammer Salzburg geht sogar offen gegen Parteien (wie NEOS) vor, die von vornherein gemäß Expertenaussagen gegen die abschlagsfreie Frühpensionen waren
Weshalb sich nun der Präsident der AK Salzburg, Peter Eder/FSG/SPÖ, berufen fühlt, über die AK Salzburg einen parteipolitisch motivierten, faktenbefreiten Inserate-Feldzug gegen ÖVP, FPÖ und NEOS zu führen, ist nicht nachvollziehbar. Nachvollziehbar ist lediglich, dass Peter Eder als SPÖ-Mitglied verärgert ist, dass seine Gewerkschaftskollegen (Muchitsch und Wimmer) bei den Frühpensionsbeschlüssen Fehler unterlaufen sind. Dabei handelt es sich aber um eine Privatmeinung des Peter Eder.
Usance: Neutrale Stellung der Kammern aufgrund der Zwangsmitgliedschaft
Nach bisherigem Informationsstand der gezeichneten Abgeordneten versuchen die Arbeiterkammern (exkl. AK Salzburg) neutral darüber zu informieren, was nach den Frühpensionsbeschlüssen vom 19.9.2019 am besten zu tun ist. Das heißt, sie empfehlen den angehenden Pensionisten, erst mit 1.1.2020 in Pension zu gehen. Das entspricht aus unserer Sicht § 4 Abs. 2. Ziff. 8. "über alle die Interessen der Arbeitnehmer betreffenden Angelegenheiten zu informieren"
Die AK Salzburg und ihr Präsident tanzen mit ihren denunzierenden Inseraten allerdings völlig aus der Reihe.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Vor dem Hintergrund, dass sämtliche Arbeitnehmer AK-Mitglieder sein müssen, unabhängig davon, ob so sie Mitglied sein wollen oder nicht ("Zwangsmitgliedschaft"): Duldet das BMASGK als Aufsicht der Arbeiterkammern falsche oder offen parteipolitische oder denunzierende Aktivitäten der Arbeiterkammern? (z.B. in Form von Inseraten)
a. Wenn ja, wieso?
b. Wenn nein, welche Schritte setzen Sie, wenn Arbeiterkammern offen parteipolitisch agieren?
c. Wenn nein, welche Schritte setzen Sie, um offen parteipolitische Aktivitäten der Arbeiterkammern von vornherein zu verhindern?
2.
Wie ist das BMASGK als Aufsicht der Arbeiterkammern
in der Vergangenheit vorgegangen, wenn Arbeiterkammern falsche oder offen
parteipolitische oder denunzierende Aktivitäten gesetzt haben?
(z.B. in Form von Inseraten)
3. Das Arbeiterkammer-Gesetz (AKG) schränkt den "Wirkungsbereich" der Arbeiterkammern ein (§ 4 AKG). Wie überprüft das BMASGK als Aufsicht der Arbeiterkammern die Einhaltung des AKG?
4. Ist dem BMASGK als Aufsicht der Arbeiterkammern das Inserat der Arbeiterkammer Salzburg von 28.11.2019 bekannt (siehe Begründung)?
5. Wie bewertet das BMASGK als Aufsicht der Arbeiterkammern das Inserat der AK Salzburg?
6. Wurde mit den Verantwortlichen der AK-Salzburg diesbezüglich ein klärendes Gespräch geführt?
a. Wenn ja, was ist das Ergebnis daraus?
b. Wenn nein, weshalb nicht?
7. § 4 Abs. 2 Ziff. 8 AKG sieht vor, dass die Arbeiterkammern über Arbeitnehmer-betreffende Angelegenheiten informieren können. Deckt das AKG damit falsche oder offen parteipolitische oder denunzierende Inserate der Arbeiterkammern im Allgemeinen und der Arbeiterkammer Salzburg im Speziellen ab?
a. Wenn ja, welche gesetzlichen Möglichkeiten haben AK-Zwangsmitglieder, die mit dieser Form der Inserateschaltung unzufrieden sind, um bei der betreffenden AK Konsequenzen zu erwirken?
b. Wenn nein, was unternimmt das BMASGK als Aufsicht der Arbeiterkammern dagegen?
c. Wenn nein, welche gesetzlichen Möglichkeiten haben AK-Zwangsmitglieder, die mit dieser Form der Inserateschaltung unzufrieden sind, um bei der betreffenden AK Konsequenzen zu erwirken?
8. Das AKG fordert bezüglich der Aktivitäten (§ 4 Abs. 2 Ziff. 8) und bezüglich der Gebarung (§ 62) der Arbeiterkammern die Zweckmäßigkeit.
a.
Inwiefern sind diese gesetzlichen Vorgaben beim
Inserat der AK Salzburg erfüllt?
i. Wenn diese gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt sind, wie schreitet das BMASGK als Aufsicht konkret ein?
9. Wie hoch waren seit 2012 in der AK Salzburg die Ausgaben, die gem. Medienkooperations- und -förderungstransparenz-Gesetz (MedKF-TG) meldepflichtig sind? (Darstellung je Jahr)
a. Wie oft hat die AK Salzburg seit 2012 gegen die Bekanntgabepflichten des MedKF-TG verstoßen? (Darstellung je Jahr)
i. Wie hoch war die Summe der dadurch entstandenen Verwaltungsstrafen gem. § 5 MedKF-TG? (Darstellung je Jahr)
10. Liegen dem BMASGK als Aufsicht der Arbeiterkammern vergleichbare falsche oder parteipolitisch motivierte oder denunzierende Aktivitäten von anderen Arbeiterkammern bezüglich der Frühpensionsbeschlüsse vor?
a. Wenn ja, von welchen Arbeiterkammern?
b. Wenn ja, welche Schritte hat das BMASGK unternommen?
11. Die AK Salzburg veröffentlicht auf ihrer Homepage weder ihren Rechnungsabschluss in der Vollversion noch den Rechnungsabschluss in der sogenannten "Hauptgliederung" - im Gegensatz zu den anderen Arbeiterkammern. Wie bewegt das BMASGK als Aufsicht die Arbeiterkammer Salzburg dazu, ihren Rechnungsabschluss regelmäßig zu veröffentlichen?
12. Die AK Salzburg gibt auf ihrer Homepage in der Rubrik "Gehälter und Funktionsgebühren" die entsprechenden Bezüge als Nettobeträge anstatt als Bruttobeträge an. Wie bewegt das BMASGK als Aufsicht die Arbeiterkammer Salzburg dazu, die (üppigen) "Gehälter und Funktionsgebühren" künftig auch als Bruttobeträge anzugeben?