303/J XXVII. GP

Eingelangt am 11.12.2019
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Arbeit‚ Soziales‚ Gesundheit und Konsumentenschutz

betreffend diskriminierungsfreie Blutspende

 

In Folge einer Novelle des Blutsicherheitsgesetzes wurde am 3.12.2019 die Blutspenderverordnung geändert. § 2 Abs 3 legt nunmehr fest, dass "die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung von Spendern (...) auf Grundlage eines standardisierten Algorithmus" durch einen Arzt oder anderes qualifiziertes medizinisches Personal durchgeführt werden muss. Der standardisierte Ananmesebogen und der dazugehörige Algorithmus wurden dabei von der Blutkommission erarbeitet, die Empfehlungen dieser können sich laufend ändern.

Im Zuge der Erstellung des standardisierten Anamnesebogens wurden auch die Fragen hinsichtlich sexuellen Risikoverhaltens überarbeitet. Die Fragen und die Einschätzung der Antworten aufgrund des Algorithmus (BMASGK: "Standardisierte Algorithmen und Fragen eines standardisierten Anamnesebogens - Empfehlungen für mobile Blutspendeeinrichtungen", S. 8 und S. 38) lauten nun wie folgt: 

 

Abbildung 1 Grafik 1 (Anamnesebogen)

Grafik 1 (Anamnesebogen)

 

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Nach wie vor werden also MSM von einer Blutspende ausgeschlossen bzw. rückgestellt. Diese Diskriminierung ist untragbar. Dessen war sich im Übrigen auch schon der ehemalige Gesundheitsminister Alois Stöger bewusst, der für eine Umformulierung der Fragestellungen im Fragebogen plädierte und vorschlug, die Blutspenderverordnung zu ändern (siehe Anfragebeantwortung 5879/AB, XXIV. GP): 

"Um den Anliegen homosexueller Männer nach Nicht-Diskriminierung Rechnung zu tragen, habe ich einen Begutachtungsentwurf zur Änderung der Blutspenderverordnung in Auftrag gegeben. In diesem Entwurf ist vorgesehen, dass die Blutspenderverordnung um einen §3a erweitert werden soll, der wie folgt lautet:  §3a. Bei der Befragung des Spenders zu seinem Gesundheitszustand und dessen Dokumentation sowie der diesbezüglichen Aufklärung und Information dürfen keine diskriminierenden Formulierungen verwendet werden." 

Umgesetzt wurde eine solche Bestimmung nie. Die damalige SPÖ-Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser hat in weiteren Anfragebeantwortungen angegeben, die Blutkommission zu beauftragen, sich mit der Thematik des Ausschlusses/der Rückstellung von MSM zu beschäftigen. Ex-FPÖ Sozialministerin Beate Hartinger-Klein hat in einer Anfragebeantwortung vom 12.6.2018 (652/AB, XXVI.GP) bzgl. der Arbeit der Blutkommission zum Thema folgendes ausgeführt:

"Die Blutkommission hat sich in ihrer letzten Sitzung im September 2017 mit dem Thema "Ausschließungsgründe bei sexuellem Risikoverhalten" sowie mit der Auslegung und Umsetzung der Befragung zur gesundheitlichen Eignung der Spenderinnen und Spender für Blut und Blutbestandteile gemäß BSG und BSV auseinandergesetzt und eine Arbeitsgruppe mit der Behandlung dieser Thematik und der Erstellung eines Positionspapiers beauftragt. Die Diskussionen zu diesem Thema sind noch nicht abgeschlossen." 

Auf eine Folgefrage (1099/J, XXVI.GP sowie 952/AB, XXVI.GP), bzgl. des Papiers und ob denn mit einer Veröffentlichung dessen zu rechnen sei, antwortete man von Seiten des BMASGK wie folgt: 

"Ein bereits existierendes Positionspapier des Österreichischen Roten Kreuzes wird von diesem derzeit aktualisiert und überarbeitet. Das übearbeitete Papier wird von der Kommission anlässlich der nächsten Sitzung zur Beratung vorgelegt werden. Das weitere Vorgehen in dieser Sache ist vom Votum der Kommission abhängig". Bzgl. einer Veröffentlichung schrieb man: "Gemäß §3 der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über die Errichtung einer Blutkommission, BGBl. II Nr. 42/2017, (...) obliegt mir die Letztentscheidung über allfällige Veröffentlichungen.

Entsprechende Arbeiten, die in der Blutkommission dazu stattgefunden haben, dürften augenscheinlich keine Berücksichtigung in den aktuellen Empfehlungen bzgl. eines standardisierten Fragebogens und des Algorithmus gefunden haben. Fraglich ist nach wie vor der Inhalt des Papiers und warum es nicht veröffentlicht wurde. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wie viele Sitzungen der Blutkommission fanden seit 2017 statt und wann?

2.    Wurde bei diesen Sitzungen das Thema "Ausschließungsgründe bei sexuellem Risikoverhalten", sowie die Auslegung und Umsetzung der Befragung zur gesundheitlichen Eignung der Spender_innen von Blut und Blutbestandteilen gem. BSG und BSV, von der Blutkommission behandelt?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, inwiefern?

c.    Zu welchen Ergebnissen gelangte die Blutkommission?

3.    Wurde das Positionspapier des Roten Kreuzes wie in 952/AB, XXVI.GP ausgeführt, bereits vollständig aktualisiert und überarbeitet?

a.    Wenn nein, wann ist damit zu rechnen?

b.    Wie ist die Kommission in dieser Sache weiter vorgegangen?

4.    Ist das Positionspapier öffentlich einsehbar?

a.    Wenn ja, wo, wie und ab wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Als zuständige Ministerin obliegt Ihnen gem. §3 BKVO die Letztentscheidung über allfällige Veröffentlichungen der Arbeiten der Blutkommission. Aus welchem Grund veröffentlichen Sie das entsprechende Positionspapier nicht? 

6.    Sind die Ergebnisse dieses Positionspapieres und der Beratungen der Blutkommission betreffend "Ausschließungsgründe bei sexuellem Risikoverhalten" in die Publikation des BMASGK: "Standardisierte Algorithmen und Fragen eines standardisierten Anamnesebogens - Empfehlungen für mobile Blutspendeeinrichtungen" eingeflossen?

a.    Wenn ja, inwiefern?

7.    Welche Empfehlungen gab die Blutkommission hinsichtlich diskriminierungsfreier Formulierungen im standardisierten Fragebogen?

8.    Ist die Frage 37 (inkl. nachgeordneter Fragen) des standardisierten Anamnesebogens aus Ihrer Sicht diskriminierungsfrei?

a.    Bitte begründen Sie diese Ansicht. 

9.    Welche Maßnahmen ergreift das BMASGK um die diskriminierungsfreie Blutspende zu ermöglichen? 

10. Ist es aus Sicht des BMASGK sinnvoll, die BSV zu erweitern, sodass sie eine Bestimmung enthält, die explizit darauf abzielt, diskriminierende Formulierungen/Fragestellungen gegenüber MSM im Fragebogen auszuschließen? 

a.    Ist eine entsprechende Änderung geplant?

b.    Wenn nein, warum nicht?