3400/J XXVII. GP

Eingelangt am 16.09.2020
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Anfrage

 

des Abgeordneten Hannes Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Inneres

betreffend „Qatar Papers“ dokumentieren ausländische Finanzierung des Radikalislam

 

Zwei französische Investigativjournalisten veröffentlichten in „Qatar Papers“ auf Basis von tausenden vertraulichen Dokumenten der NGO „Qatar Cherity“  – welche Ihnen bereits 2016 von einem anonymen Whistleblower zugespielt wurden – wie groß der Einfluss und die Unterwanderung von radikalislamistischen Absichten aus dem Ausland nach Europa ist. „Der brisante Inhalt: das Missionierungs- und Finanzierungsprogramm der absolutistischen Erbmonarchie, die den Islam als Staatsreligion verankert hat und die Scharia laut Verfassung als Hauptquelle der Gesetzgebung ansieht. Das Ziel ist die Stärkung des politischen Islams in ganz Europa“, ist im Artikel der Kleinen Zeitung zu den Enthüllungen zu lesen. Darin wird zum ersten Mal Datenmaterial veröffentlicht, das zeigt, wie Moscheen, islamische Organisationen und Bildungsinstitutionen mit Millionenbeträgen unterstützt werden. Dazu heißt es: „Finanziert werden dabei Einrichtungen aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft. Die deutschsprachige Fassung im Wiener Seifert Verlag enthält Kapitel mit Datenmaterial über Deutschland und Österreich.“ In diesem Zusammenhang erscheint auch folgende Passage im Artikel besonders besorgniserregend: „Die Muslimbruderschaft, so heißt es im Buch, ‚gilt heute nicht nur als große und einflussreichste islamistische Bewegung weltweit, sondern auch als Matrix aller islamistischen Terrororganisationen‘. Dies betreffe gleichermaßen Hamas, IS, Taliban, Jamaat-e-Islami, Boko Haram oder Al-Kaida, die alle mit der Muslimbruderschaft ideologisch, finanziell oder personell eng verbunden seien. Die Autoren, obwohl Nahost-Experten, geben in der Einleitung zu, das Ausmaß der Finanzierung von islamistischen Strukturen durch Katar in Europa lange unterschätzt zu haben. ‚Immerhin handelt es sich um 138 Moscheen und islamische Zentren in Europa, die vom superreichen Zwergstaat Katar finanziell unterstützt werden.‘ Die NGO investierte 2014 den Daten nach rund 72 Millionen Euro in 113 Moscheen und islamische Einrichtungen in 14 Ländern Europas.“

 

Es wird in der Berichterstattung auch auf die Spuren nach Österreich eingegangen. Demnach soll in den Daten auch ein mit 4. Juni 2014 datiertes Empfehlungsschreiben aufgetaucht sein: „[…], das der Ex-IGGÖ-Präsident Fouad Sinj an den katarischen Botschafter Ali Khalfan al-Mansouri in Wien gerichtet hat und in dem er Doha die Islamische Vereinigung in Österreich empfiehlt. Die Autoren vermuten, dass es sich dabei um eine erste Kontaktaufnahme mit Qatar Charity handeln könnte, um eine Finanzierung zu erreichen. Es gibt weitere brisante Briefe nach gleichem Muster, die auch in anderen Ländern gefunden wurden.“ Außerdem finden sich in den „Qatar Papers“ auch Hinweise auf das Islamische Kulturzentrum in Graz und auf den Vorsitzenden Mahdi Mekic. Weiters wird angeführt, dass dieses Zentrum immer wieder im Verdacht gestanden habe, Geld aus dem arabischen Raum erhalten zu haben. Bis heute würde dies jedoch bestritten.

 

Der letzte Absatz des Artikels ist nicht weniger bedenklich: „Die Journalisten halten fest, dass es dabei nicht um illegale Finanzierungen gehe, sondern eine gefährliche Entwicklung für Europa dokumentiere, wenn damit die Muslimbruderschaft gestärkt werde. Vor allem die Unterwanderung französischer Gemeinden durch die charitative Organisation, die die Journalisten detailreich dokumentieren, klingen erschreckend.“ Die Unterwanderung französischer Gemeinden, dürfte wohl im Kontext mit den Passagen hinsichtlich des Österreich-Bezuges, auch auf österreichische Gemeinden zutreffen.

(Quelle: https://www.kleinezeitung.at/politik/politikaufmacher/5858377/Spur-nach-Doha_Die-geheimen-Sponsoren-des-radikalen-Islam-in-Europa)

 

Bereits 2016 warnten Ermittler des Landeskriminalamtes vor zunehmendem Einfluss von Muslimbrüdern und Salafisten. „Die Lage ist bedrohlich: Der Islamismus findet immer mehr Zulauf. Er nimmt bei uns bereits gefährliche Formen an. Von den 16 Moscheen in Graz müssen wir acht als radikal einstufen“, hieß es damals in einem Artikel der Kleinen Zeitung. Die Dramatik dieser Warnungen gewinnt durch die aktuellen Enthüllungen zusätzliche Brisanz.

(Quelle: https://www.kleinezeitung.at/steiermark/gericht/4989684/Polizeiexperte_Islamismus-nimmt-bei-uns-gefaehrliche-Formen-an)

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 

Anfrage

 

1.    Waren Ihnen bzw. den Ermittlungsbehörden die Inhalte im Zusammenhang mit den „Qatar Papers“ vor Veröffentlichung bereits bekannt?

2.    Wenn ja, seit wann waren diese bekannt?

3.    Wenn ja, wen bzw. welchen Ermittlungsbehörden waren diese bekannt?

4.    Wenn ja, woher waren diese bekannt?

5.    Wenn ja, welche Schritte wurden durch diese eingeleitet?

6.    Wenn nein, ab wann waren Ihnen bzw. den Ermittlungsbehörden die Inhalte im Zusammenhang mit den „Qatar Papers“ bekannt?

7.    Gab oder gibt es im Zusammenhang mit den „Qatar Papers“ bereits Ermittlungen?

8.    Wenn ja, seit wann gibt es Ermittlungen im Zusammenhang mit den „Qatar Papers“?

9.    Wenn ja, welche Straftatbestände waren im Zusammengang mit den „Qatar Papers“ Gegenstand von Ermittlungen?

10. Wenn ja, gegen welche Personen, Organisationen oder Vereine wurde im Zusammenhang mit den „Qatar Papers“ ermittelt?

11. Wenn ja, welche Ergebnisse gab es hinsichtlich von Ermittlungen im Zusammenhang mit den „Qatar Papers“?

12. Waren Geldflüsse von der NGO „Qatar Cherity“ nach Österreich bereits Gegenstand von Ermittlungen?

13. Wenn ja, in welchem Zusammenhang waren derartige Geldflüsse bereits Gegenstand von Ermittlungen?

14. Wenn ja, welche Straftatbestände waren im Zusammenhang mit derartigen Geldflüssen Gegenstand von Ermittlungen?

15. Wenn ja, gegen welche Personen, Organisationen oder Vereine wurde im Zusammenhang mit derartigen Geldflüssen ermittelt?

16. Wenn ja, welche Ergebnisse gab es hinsichtlich von Ermittlungen im Zusammenhang mit derartigen Geldflüssen?

17. War die NGO „Qatar Cherity“ generell schon einmal Gegenstand von Ermittlungen in Österreich?

18. Wenn ja, in welchem Zusammenhang war diese NGO bereits Gegenstand von Ermittlungen?

19. Wenn ja, welche Straftatbestände waren im Zusammenhang mit dieser NGO Gegenstand von Ermittlungen?

20. Wenn ja, gegen welche Personen, Organisationen oder Vereine wurde im Zusammenhang mit dieser NGO ermittelt?

21. Wenn ja, welche Ergebnisse gab es hinsichtlich von Ermittlungen im Zusammenhang mit dieser NGO?

22. Gab oder gibt es generell Ermittlungen im Zusammenhang mit Geldflüssen ausländischer Organisationen an Personen, Organisationen oder Vereine mit islamischem Hintergrund in Österreich?

23. Wenn ja, in welchem Zusammenhang waren derartige Geldflüsse bereits Gegenstand von Ermittlungen?

24. Wenn ja, welche Straftatbestände waren im Zusammenhang mit derartigen Geldflüssen Gegenstand von Ermittlungen?

25. Wenn ja, gegen welche Personen, Organisationen oder Vereine wurde im Zusammenhang mit derartigen Geldflüssen ermittelt?

26. Wenn ja, welche Ergebnisse gab es hinsichtlich von Ermittlungen im Zusammenhang mit derartigen Geldflüssen?

27. Wie viele Moscheen gibt es in Österreich, gegliedert nach Bundesländern und Bezirke?

28. Wie viele dieser Moscheen werden, gegliedert nach Bundesländern und Bezirke, als „radikal“ eingestuft?

29. Wie viele dieser Moscheen, gegliedert nach Bundesländern und Bezirke, beziehen nach Kenntnisstand der Ermittlungsbehörden finanzielle Unterstützungen aus dem Ausland?

30. Wie viele dieser Moscheen stehen, gegliedert nach Bundesländern und Bezirke, unter Beobachtung des Verfassungsschutzes?

31. Wie viele Vereine mit islamischem Hintergrund sind in Österreich, gegliedert nach Bundesländern und Bezirke, gemeldet?

32. Wie viele dieser Vereine werden, gegliedert nach Bundesländern und Bezirke, als „radikal“ eingestuft?

33. Wie viele dieser Vereine, gegliedert nach Bundesländern und Bezirke, beziehen nach Kenntnisstand der Ermittlungsbehörden finanzielle Unterstützungen aus dem Ausland?

34. Wie viele dieser Vereine stehen, gegliedert nach Bundesländern und Bezirke, unter Beobachtung des Verfassungsschutzes?

35. Welche Erkenntnisse gibt es speziell hinsichtlich der Finanzierung von Moscheen bzw. Organisationen und Vereinen mit islamischem Hintergrund sowie muslimischen Kulturorganisationen in Graz?

36. Werden bzw. wurden in diesem Zusammenhang Ermittlungen geführt?

37. Wenn ja, welche Straftatbestände waren in diesem Zusammengang Gegenstand von Ermittlungen?

38. Wenn ja, gegen welche Personen, Organisationen oder Vereine wurde in diesem Zusammenhang ermittelt?

39. Wie viele Ermittlungen wurden jeweils in den Jahren 2014 bis 2019 sowie im ersten Halbjahr 2020 – gegliedert nach Bundesländern und Tatbestand (bitte um Nennung von Absatz, Ziffer und Fall) – gemäß § 278d StGB Terrorismusfinanzierung geführt?

40. Wie viele Anzeigen wurden jeweils in den Jahren 2014 bis 2019 sowie im ersten Halbjahr 2020 – gegliedert nach Bundesländern und Tatbestand (bitte um Nennung von Absatz, Ziffer und Fall) – gemäß § 278d StGB Terrorismusfinanzierung erstattet?