3435/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.09.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend Ablöse des OMV Präsidenten wegen Borealis Deal

 

Im März dieses Jahres tätigte die zu knapp einem Drittel in Staatseigentum befindliche ÖMV den größten Industrie-Deal in der Geschichte Österreichs. Um 4,1 Milliarden Euro kaufte die OMV 39% des Chemiekonzerns Borealis vom Abu Dhabi Staatsfonds, und stockte damit ihre Anteile von 25% auf 75% auf. Seit dem Ankauf fiel der Aktienwert der OMV von etwa 50 Euro auf etwa 30 Euro, mit einem Zwischentief unmittelbar nach Abschluss des Ankaufs von rund 18 Euro.

Ein Teil des Kursverlustes ist möglicherweise mit den Wirren um den Ölpreise in der ersten Hälfte des Jahres zu erklären. Allerdings wurde der Borealis Kauf als Diversifizierung der OMV weg vom reinen Erdölkonzern gepriesen und hätte den Wert der OMV in Zeiten der rasanten Kursschwankungen am Erdölmarkt stabilisieren sollen. Es ist in diesem Zusammenhang auch von Interesse, dass es zwischen "Signing" und "Closing" des Geschäfts keinerlei – in solchen Geschäften marktübliche – Preisanpassung gegeben hat, obwohl am Ölmarkt markante Schwankungen zu verzeichnen waren.

Das Geschäft wurde sogar von Bundeskanzler Kurz in der ZiB vom 17. Juli positiv erwähnt. Nun aber mehren sich die Gerüchte, dass der Borealis Kauf den OMV Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Berndt den Job kosten soll.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Am 17.7. sagte Bundeskanzler Kurz in der ZiB, der Kauf von 39% der Anteile des Borealis Konzerns durch die zu knapp einem Drittel in Staatseigentum stehenden OMV sei nichts, was im Bundeskanzleramt entschieden wird. Der Kauf gilt als der größte Deal in Österreichs Industriegeschichte, und fand in Zeiten von massiven Turbulenzen am Aktien- wie auch am Ölmarkt statt. Wann hat der Bundeskanzler von diesem Geschäft erfahren?

a.    Von wem wurde er informiert?

2.    Wie viele Gespräche gab es zum Thema OMV-Borealis?

a.    Mit wem fanden diese Gespräche statt?

b.    Bitte um eine Liste der Aktenvermerke, Sitzungsprotokolle und Kalendereintragungen zum Thema OMV-Borealis.

3.    Ist Bundeskanzler Kurz über eine bevorstehende Ablöse von Wolfgang Berndt als Aufsichtsratsvorsitzenden informiert?

a.    Wenn ja, durch wem wurde der Bundeskanzler wann informiert?

4.    Welche Kontrollmechanismen hat der Bundeskanzler in seiner Funktion als Koordinator der Bundesregierung getroffen, um Probleme bei den Gebarungen von Betrieben, die Steuergelder verwalten, zu kontrollieren?

5.    In einer Anfragebeantwortung stellte Finanzminister Blümel fest, dass das BMF keine Anfragen nach Geschäften der OMV beantwortet. Gibt es Situationen, bei denen dem Finanzministerium als Hüter der Interessen der Republik bei staatsnahen Betrieben, also Betrieben, die im (Teil)Eigentum der Republik stehen oder die mit Steuergeld gefördert werden, eine Kontrollfunktion zukommt?

a.    Wenn ja, welche?

6.    Wann wurde der Ministerrat über das Borealis Geschäft informiert?

7.    Hatte Bundeskanzler Kurz Gespräche mit Thomas Schmid, Rainer Seele oder Wolfgang Berndt zum Thema Borealis?

8.    Mit wem gab es Diskussionen, Gespräche oder Informationsaustausch?

9.    Wurde der Ministerrat nach dem Kaufgeschäft über den Fortschritt des Geschäfts informiert? Wurde der Aktienkursverfall der OMV diskutiert?