356/J XXVII. GP
Eingelangt am 16.12.2019
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Verfassung‚ Reformen‚ Deregulierung und Justiz
betreffend Nichtbezahlung der Pflichtverteidiger durch das Ministerium in der Causa Buwog
Laut Live-Ticker der Tageszeitung "Der Standard" vom 126. Verhandlungstag des Buwog Prozesses (Quelle: https://www.derstandard.at/jetzt/livebericht/2000111787381/pflichtverteidiger-haben-noch-kein-geld-gesehen?responsive=false) erhielten die fünf Pflichtverteidiger in der Causa noch kein Honorar von der Republik. Die Anwälte legten laut Standard Ende März 2019 ihre Honorarnoten für das Jahr 2018, beglichen wurden diese allerdings noch nicht.
Die Bezahlung läuft über den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK), der Anträge auf Vorschüsse beim Justizministerium stellt, das selbige zur Anweisung bringt. Man sei bestrebt, dem Antrag des ÖRAK nachzukommen, schrieb das Ministerium in einer Stellungnahme an den Standard. Man plane die Auszahlung von 1,5 Millionen Euro Vorschuss noch heuer. Die Verfahrenshelfer machten in dem Großverfahren für 2018 in Summe drei Millionen Euro Honorar geltend.
Der geschilderte Sachverhalt scheint unter rechtsstaatlicher Perspektive problematisch. Personen denen Verfahrenshilfe gewährt wurde, haben wie alle das Recht auf eine gehörige Rechtsvertretung, auch in umfangreichen Prozessen wie im Fall von Buwog.
Einschlägig ist § 16 Abs. 4 RAO. Diese Bestimmung wurde 1990 aufgrund des damaligen Noricum-Prozesses eingeführt.
"In Verfahren, in denen der nach den §§ 45 oder 45a bestellte Rechtsanwalt innerhalb eines Jahres mehr als zehn Verhandlungstage oder insgesamt mehr als 50 Verhandlungsstunden tätig wird, hat er unter den Voraussetzungen des Abs. 3 für alle jährlich darüber hinausgehenden Leistungen an die Rechtanwaltskammer Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Auf Antrag des Rechtsanwalts ist bei Verfahren, in denen das Gericht unter Heranziehung von § 285 Abs. 2 StPO eine Verlängerung der Frist zur Ausführung des Rechtsmittels beschließt, die Tätigkeit zur Erstellung der Rechtsmittelschrift in Ansehung jeder vollen Woche, um die die Rechtsmittelfrist verlängert wurde, der Teilnahme an zehn Verhandlungsstunden gleichzuhalten. Der Antrag auf Vergütung ist vom Rechtsanwalt bei sonstigem Ausschluss bis spätestens zum 31. März des auf das abgelaufene Kalenderjahr, in dem der Rechtsanwalt seine Leistungen erbracht hat, folgenden Jahres bei der Rechtsanwaltskammer einzubringen. Auf diese Vergütung ist dem Rechtsanwalt auf sein Verlangen nach Maßgabe von Vorschußzahlungen nach § 47 Abs. 5 letzter Satz von der Rechtsanwaltskammer ein angemessener Vorschuß zu gewähren. Über die Höhe der Vergütung sowie über die Gewährung des Vorschusses und über dessen Höhe entscheidet der Ausschuß. Im Rahmen der Festsetzung der angemessenen Vergütung sind die vom Rechtsanwalt in seinem Antrag verzeichneten Leistungen entsprechend der zeitlichen Abfolge ihrer Erbringung zu berücksichtigen und zu beurteilen. Ist die Vergütung, die der Rechtsanwalt erhält, geringer als der ihm gewährte Vorschuß, so hat der Rechtsanwalt den betreffenden Betrag dem Ausschuß der Rechtsanwaltskammer zurückzuerstatten."
Grundsätzlich erhalten die Rechtsanwälte für ihre Tätigkeit als Verteidiger, wenn sie einem Angeklagten wegen Mittellosigkeit gemäß § 61 StPO beigegeben werden, keinerlei direkte Entlohnung. Sie haben in diesem Fall nur Anspruch auf Ersatz der Barauslagen. Außerdem müssen sie, wenn der Fall abgeschlossen ist, ihr Honorar der Rechtsanwaltskammer bekanntgeben, welche alle Verfahrenshilfeleistungen addiert und auf Basis dieser Leistungssumme mit dem Justizministerium eine jährliche Pauschalvergütung aushandelt, welche zweckgewidmet in die Altersversorgung der Rechtsanwälte fließt (§ 47 Abs. 1 RAO).
§ 16 Abs. 4 RAO sieht unter den zitierten Voraussetzungen vor, einem gemäß § 61 Abs. 2 StPO beigegebenen Verteidiger eine angemessene Vergütung für den darüber hinausgehenden Aufwand zuerkannt werden kann. Auch kann in Anrechnung auf diese Vergütung ein Vorschuss zuerkannt werden.
Ansprechpartner für den Verteidiger ist immer nur dessen Rechtsanwaltskammer, die über die Höhe der Vergütung ebenso entscheidet wie über die allfällige Gewährung eines Vorschusses.
Daher bringt das Ministerium die Entschädigung nicht direkt an die Verteidiger zur Anweisung, sondern an die betreffende Kammer. Der Anspruch auf angemessene Vergütung des Verteidigers besteht nur gegenüber der Kammer.
§ 47 Abs. 5 RAO regelt die Refundierung der angemessenen Pauschalvergütung an die Kammern im Wege des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages. Der Justizminister kann darauf auch einen Vorschuss leisten (§ 47 Abs. 5 RAO).
Im Fall des BUWOG-Verfahrens scheint die Kammer die Gewährung von Vorschüssen bewilligt zu haben, welche diese aber nicht an die Kollegen ausbezahlt hat, weil seitens des Ministeriums noch keine Zahlung erfolgt ist.
Dieses Verhalten der Kammer ist zu hinterfragen.
Gemäß § 23 Abs. 5 RAO unterliegen die Rechtsanwaltskammern der Aufsicht durch den Justizminister. Die Anfrage richtet sich daher an den Justizminister auch in seiner Eigenschaft als Aufsichtsorgan.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wann genau hat die ÖRAK die Anträge auf Vorschüsse für dieses Verfahren beim Ministerium gestellt?
2. Wie lange dauert die Auszahlung der Vorschüsse an die ÖRAK üblicherweise? (Um Erläuterung wird ersucht.)
3. Wann wurden die Vorschüsse vom Ministerium überwiesen?
4. Weshalb dauerte die Überweisung derart lange? (Um Erläuterung wird ersucht.)
5. Worauf ist die Verzögerung zurückzuführen? (Um Erläuterung wird ersucht.)
6. Ist die Verzögerung auf Liquiditätsengpässe des Ministeriums zurückzuführen? (Um Erläuterung wird ersucht.)
7. Verfügt das Ministerium über Informationen, weshalb die Kammer die Vorschüsse noch nicht an die Verteidiger überwiesen hat? (Um Erläuterung wird ersucht.)
8. Gibt es ähnliche Fälle in den letzten 10 Jahren bei denen die Auszahlung so lange gedauert hat?
a. Wenn ja, welche Fälle waren wann davon betroffen?
b. Wenn ja, was waren jeweils die Gründe dafür?