361/J XXVII. GP
Eingelangt am 17.12.2019
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Anfrage
der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Arbeit‚ Soziales‚ Gesundheit und Konsumentenschutz
betreffend Bewertungs- und Bilanzierungsregeln in den Arbeiterkammern
RHO und UGB sehr unterschiedlich
Um die finanzielle Situation der Arbeiterkammern besser bewerten zu können, ist ein vollständiger und aktueller Überblick über Bewertungs- und Bilanzierungsregeln der Arbeiterkammern notwendig.
Für die Erstellung der Rechnungsabschlüsse der Arbeiterkammern gelten die Regelungen der Rahmen-Haushaltsordnung (RHO), die auf Basis des AKG erlassen wurde und zum Teil fundamental andere Ansatz- und Bewertungsregeln als das Unternehmensgesetzbuch (UGB) vorsieht. Dies führt dazu, dass ein möglichst getreues Bild der Vermögens- und Ertragslage mit den vorliegenden Rechnungsabschlüssen und sonstigen Informationen aus Ihren vorangegangen Anfragebeantwortungen nicht vermittelt werden kann.
Mangelnde Transparenz bei RHO
Eine Frage, die sich aufdrängt, ist, wie sehr es die Bewertungs- und Bilanzierungsregeln aus der RHO den Arbeiterkammern erlauben, die ohnehin schon hohen und stark steigenden Vermögenswerte auf der Aktiva-Seite künstlich klein zu halten. Auf der Passiva-Seite ermöglicht die RHO beispielsweise das Verschleiern der vollständigen, künftigen Last der AK-Zusatzpensionszusagen (266/AB XXVI. GP). Fragwürdig ist in diesem Zusammenhang auch die neuste Bilanz-Position der Arbeiterkammern, nämlich die Rückstellung für die "Digitalisierungs-Offensive". Denn bei den künftigen Aufwänden für Digitalisierungsmaßnahmen handelt es sich um keine rückstellbaren Aufwände gem. UGB (§ 198). Diese nicht UGB-konformen Rückstellungen für die „Digitalisierungs-Offensive“ helfen den Arbeiterkammern aber in jedem Fall, die hohen Rücklagen künstlich zu schmälern. Würden private Unternehmen so „flexibel“ bilanzieren dürfen wie die Arbeiterkammern, könnten Überschüsse problemlos geschmälert werden und Steuerzahlungen hinausgezögert werden.
Fehlende Transparenzkultur bei den Arbeiterkammern
Insgesamt ist auch beim Thema „Bewertungs- und Bilanzierungsregeln“ die Intransparenz störend, welche die Arbeiterkammern, trotz der Zwangsmitgliedschaft, vorleben. Deshalb ist bei den Arbeiterkammern endlich ein fundamentaler Kulturwandel notwendig. Hin zu einer Transparenzkultur.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Welche Bilanzierungs-/Bewertungsgrundsätze schreibt die Rahmen-Haushaltsordnung (RHO) den Arbeiterkammern für die einzelnen Positionen des Anlagevermögens und Umlaufvermögens vor?
2. Welche Bilanzierungs-/Bewertungsgrundsätze schreibt die Rahmen-Haushaltsordnung (RHO) den Arbeiterkammern hinsichtlich der Bildung der einzelnen Positionen der Rücklagen und Rückstellungen vor?
3. Die Arbeiterkammern haben mit der "Digitalisierungs-Offensive"-Rückstellung seit 2018 eine neue Position im Rechnungsabschluss. Diese Position aber hat keinen klassischen Rückstellungscharakter gem. UGB.
a. Inwiefern und anhand welcher Kriterien rechtfertigen Sie eine Bildung von Rückstellungen für die "Digitalisierungs-Offensive"?
i. Handelt es sich dabei wie in § 198 Abs 8 UGB aufgezählt um
1. Anwartschaften auf Abfertigungen
2. laufende Pensionen oder Anwartschaften auf Pensionen
3. sonstige ungewisse Verbindlichkeiten
4. oder drohende Verluste aus schwebenden Geschäften?
ii. Falls keine der Optionen zutreffend, worum handelt es sich dann?
b. Inwiefern weicht die "Digitalisierungs-Offensive"-Rückstellung von den Rückstellungsregelungen gem. UGB ab?
c. Wie verhält es sich bei der "Digitalisierungs-Offensive"-Rückstellung mit dem Passivierungsverbot?
d. Welches konkrete Ereignis im Jahr 2018 begründet die "Digitalisierungs-Offensive"-Rückstellung?
e. Die AKOÖ begründet die "Digitalisierungs-Offensive" u. a. mit den "soliden Finanzen", was suggeriert, dass man in Arbeiterkammern händeringend nach neuen Ausgabenposten sucht, um die enormen Einnahmen und Rücklagen zu rechtfertigen:
i. Wie begründen die Arbeiterkammern diese Aufgabenausweitung im Rahmen der Digitalsierungs-Offensive mit dem AKG?
ii. Wurde von den Arbeiterkammern stattdessen eine Senkung der AK-Umlage geprüft?
f. Nach welchen konkreten Regeln ist die "Digitalisierungs-Offensive"-Rückstellung zu bilden?
g. Wie konkret werden die Arbeiterkammern bei der "Digitalisierung-Offensive" aktiv und welche Institutionen (Anbieter) sind dabei involviert?
h. Mit welchen Anbietern von Digitalisierungsleistungen treten die Arbeiterkammern durch die „Digitalisierungs-Offensive“ in Konkurrenz?
i. Wie viel haben die Arbeiterkammern 2018 und 2019 für die „Digitalisierungs-Offensive“ rückgestellt? (je Arbeiterkammer und je Jahr)
4. Das BMASGK als Aufsicht hat die RHO laut § 63 zu genehmigen:
a. Wo konkret ist die aktuelle RHO veröffentlicht?
b. Wenn nirgends veröffentlicht, weshalb nicht und wo konkret schreibt das AKG vor, dass diese nicht veröffentlicht werden darf?
c. Wenn nirgends veröffentlicht, bitte um Veröffentlichung der RHO.
5. Bitte um detaillierte Aufstellung, in welchen Bestimmungen die Bewertungsgrundsätze der Haushaltsordnung von den Grundsätzen des UGB abweichen.
6. Laut § 66 (2) AKG sind dem BMASGK als Aufsichtsbehörde die beschlossenen Rechnungsabschlüsse vorzulegen - Inahlt laut § 63 (4) AKG: Voranschlagsvergleichsrechnung, Vermögensbilanz, Ertragsrechnung und Erläuterungen.
a. Wo konkret sind die Rechnungsabschlüsse der Arbeiterkammern veröffentlicht?
b. Wenn nirgends veröffentlicht, weshalb nicht und wo konkret schreibt das AKG vor, dass diese nicht veröffentlicht werden dürfen?
c. Wenn nirgends veröffentlicht, bitte um Veröffentlichung der Rechnungsabschlüsse der verschiedenen Arbeiterkammern von 2010-2018.