3656/J XXVII. GP

Eingelangt am 07.10.2020
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Petra Wimmer,
Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend: Wieso bringt die Steuerreform Familien nichts?

 

Sehr geehrter Herr Finanzminister!

Trotz zahlreicher Warnungen der SPÖ hat die ÖVP/FPÖ-Koalition das von der Steuerleistung abhängige und deswegen total ungerechte Modell des Familienbonus beschlossen. Für die ÖVP ist nicht jedes Kind gleich viel wert, sonst würden Eltern unabhängig vom Einkommen 1.500 € / Kind und Jahr als Familienbonus bekommen. Die SPÖ hat anlässlich der ersten Beschlussfassung der ÖVP/FPÖ-Regierung im Juni 2018 einen Antrag eingebracht, die Familienbeihilfe im Wege einer Erhöhung des Kinderabsetzbetrages pauschal für alle Kinder um diese 1.500 € zu erhöhen, dieser wurde aber von der ÖVP abgelehnt. Für die konservative ÖVP-Politik sind nur die Kinder von Eltern, die auch Steuern zahlen, förderungswürdig, und das rächt sich jetzt in der Krise und macht auch überhaupt keinen Sinn bei einer Steuerreform.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende

 

Anfrage:

 

1)    Mit der Anfragebeantwortung 1087/AB geben Sie an, dass das Ministerium nicht weiß in wie vielen Fällen der Familienbonus nur teilweise Anspruch genommen werden konnte, da die Lohnsteuer des Elterneinkommens nicht hoch genug ist um der Familienbonus zur Gänze zu konsumieren. Hat sich Ihre Datenlage inzwischen verbessert? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja – bitte um vollständige Beantwortung der Frage 4 der Anfrage 1096/J.

Die angekündigte Steuerreform ist ein weiterer Beweis für die Ungerechtigkeit des ÖVP-Familienbonus. Steuerpflichtige, die jetzt schon so wenig Lohnsteuer zahlen, als dass sie den Familienbonus in voller Höhe geltend machen könnten, haben von der Reduktion des Eingangssteuersatzes von 25% auf 20% gar nichts, denn die Senkung der Lohnsteuer auf der einen Seite (z.B.350 € plus), reduziert auch den Anspruch auf den Familienbonus (und dessen Gutschrift) andererseits (z.B. 350 € minus, somit in Summe keine Wirkung):

 

Bsp. AEAB, 2 Kinder (<18Lj)

Lohnsteuer (lfd)

Familienbonus

Jahresnetto**[1]

Jahr 2019:

-2.605 €

+2.605 €

23.943

Jahr 2020 inkls. Steuerreform:

- 2.255 €

+ 2.255 €

23.943

Summe

+350 €

- 350 €

+/- 0

Quelle: Brutto-Netto-Rechnung, www.bmf.gv.at

2)    Aus welchen Gründen wurde bei der Steuerreform auf die BezieherInnen von Einkommen im unteren Einkommensdrittel vergessen, da die Effekte der Steuersenkung durch den gegenteiligen Effekt beim Familienbonus aufgehoben werden?

3)    War die Einmalzahlung des Kinderbonus im September 2020 als Kompensation für genau diese Fälle gedacht, die von der Senkung des Steuertarifes nichts haben?

4)    Aus welchen Gründen bekommen mittlere und hohe Einkommen nicht nur den Effekt der Tarifsenkung sondern auch die für das untere Einkommensdrittel gedachte Kompensation der Kinderbonus-Einmalzahlung im September 2020?

5)    Wirkt die Senkung des Tarifes von 25% auf 20% auch im Jahr 2021 und Folgejahre?

6)    Wenn ja, warum gibt es dann die Kompensation der Einmalzahlung der Familienbeihilfe nur für den September 2020 und nicht auch für 2021 und die Folgejahre?

7)    Warum erhalten Kinder von Eltern mit niedrigen Einkommen nur eine Einmalzahlung von 360 €, Spitzenverdiener aber eine Steuersenkung im Dauerrecht für dieses und alle kommenden Jahre?

8)    Wie viele Fälle haben von der Senkung der Tarifsteuer im Dauerrecht nichts, sondern bekommen nur den einmaligen Kinderbonus im Jahr 2020 als „Effekt“ aus der Steuerreform?



[1]** Brutto/Netto-Rechner, www.bmf.gv.at, Anm.: für 2019 ohne Familienbonus 2.223 € (185 € monatliche Lohnsteuer)