3659/J XXVII. GP

Eingelangt am 07.10.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter,
Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend: wann kommt der Gutschein für die Beantragung des Fixkostenzuschusses?

 

Sehr geehrter Herr Finanzminister!

Mit der Verordnung „Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG)“ haben Sie die großen „6 W“s des Fixkostenzuschusses beantwortet: Wer, darf Was, Wann, Wo, Wie mit Wem beantragen. Eine inhaltliche Formulierungsvolte im Punkt 5* führt nun dazu, dass Unternehmen ihre variablen Kosten erhöhen müssen, um den Fixkostenzuschuss zu erhalten, denn sie verordnen:

 

5

Antragstellung und Antragsprüfung

5.1

Die Stellung eines Antrags auf Gewährung eines Fixkostenzuschusses erfolgt ausschließlich gegenüber der COFAG. Technische Schnittstelle für die Einbringung der Anträge an die COFAG auf Auszahlung (der einzelnen Tranchen) des Fixkostenzuschusses ist ausschließlich das Verfahren FinanzOnline. Für das Verfahren FinanzOnline erteilte Vollmachten erstrecken sich auf die Beantragung von Fixkostenzuschüssen.

5.2

Der Antrag auf Gewährung des Fixkostenzuschusses hat eine Darstellung der geschätzten bzw. tatsächlichen Umsatzausfälle und Fixkosten im jeweiligen Betrachtungszeitraum sowie die Erklärung des Unternehmens zu enthalten, dass die Umsatzausfälle durch die COVID-19-Krise verursacht und schadensmindernde Maßnahmen im Rahmen einer Gesamtstrategie gesetzt wurden. Die Höhe der Umsatzausfälle und der Fixkosten ist durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter zu bestätigen und einzubringen. Bilanzbuchhalter dürfen eine solche Bestätigung nur für Unternehmen erteilen, deren Bilanzen sie gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 (BiBuG 2014), BGBl. I Nr. 191/2013, erstellen dürften. Der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter muss die Unabhängigkeit gegenüber dem antragstellenden Unternehmen wahren und jede Befangenheit und Interessenskollision vermeiden.

5.3

Wird im Zuge der ersten Tranche (bis 18. August 2020) ein Zuschuss von insgesamt (also auch unter Berücksichtigung der zweiten und dritten Tranche) nicht mehr als EUR 12.000 beantragt, muss dieser Antrag nicht durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter erfolgen.

5.4

Wird im Zuge der ersten Tranche (bis 18. August 2020) ein Zuschuss in Höhe von insgesamt (also auch unter Berücksichtigung der zweiten und dritten Tranche) mehr als EUR 12.000, jedoch höchstens EUR 90.000, beantragt, kann sich die Bestätigung des Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Bilanzbuchhalters auf eine Bestätigung der Plausibilität des (geschätzten) Umsatzausfalls sowie der (geschätzten) Fixkosten beschränken.

UnternehmerInnen benötigen also für Anträge der zweiten Tranche verpflichtend eine Bestätigung eines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Bilanzbuchhalters. Das kostet, und nicht wenig auch noch – wer zahlt? Wieso können Unternehmen die Anträge eigentlich nicht selber stellen, zumal sie ja Kaufleute nach dem HGB waren und jetzt Unternehmer nach dem UGB sind?

 

 

 

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende

 

Anfrage:

  1. Auf Basis welcher gesetzliche Grundlage haben Sie in der Verordnung die verpflichtende Bestätigung eines Steuerberater, Wirtschaftsprüfers oder Bilanzbuchhalters für die Anträge gem. der Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH vorgesehen?
  2. Wenn der Antrag vom Berufsstand der Wirtschaftstreuhänder bestätigt wurde, wozu sehen Sie dann in Punkt 5.4 noch einmal eine finanzverwaltungsseitige Gegenkontrolle vor?
  3. Warum macht die Finanzverwaltung die Gegenkontrolle nicht generell selber und verzichtet der Verwaltungs- und Kosteneffizienz halber auf die Antragsvoraussetzung der Bestätigung durch einen Wirtschaftstreuhänder oder gewerblichen Bilanzbuchalter? Haben sie eine WFA für die Unternehmenskosten gemacht?
  4. Ist der Berufsstand der Wirtschaftstreuhänder oder die gewerblichen Bilanzbuchhalter an Sie herangetreten und hat bei Ihnen im Vorfeld der durch Sie zu erlassenden Verordnung um eine umsatzstützende Hilfsmaßnahme in der Covid-Krise in Form der verpflichtenden Antragsbestätigung durch Wirtschaftstreuhänder/Bilanzbuchhalter gebeten? Wenn ja, wann? Welche Umsatzeinbrüche verzeichnet dieser Berufsstand, die so eine Hilfsmaßnahme rechtfertigen?
  5. Ist die Wirtschaftskammer an Sie herangetreten und hat im Vorfeld der durch Sie zu erlassenden Verordnung darum gebeten, dass jedenfalls aus Haftungsgründen für Unternehmen vom Finanzministerium die verpflichtende Bestätigung durch Wirtschaftstreuhänder/Bilanzbuchhalter bei der Antragsstellung zum Fixkostenzuschuss vorzusehen ist, da die Regelung für Unternehmen zu kompliziert ist? Wenn ja, wann? Wenn ja, warum haben Sie sich keine einfachere Regelung überlegt?
  6. Welche weiteren Hilfsmaßnahmen für Wirtschaftstreuhänder und Bilanzbuchhalter sind geplant?

    Wann werden Sie nach dem Vorbild der Stadt Wien einen „Fixkostenzuschussantragsstellungsbestätigungsausfertigungsgutschein“ des Bundes in Höhe von zumindest 150 € für jeden Unternehmer vorsehen, der einen Fixkostenzuschuss beantragen will, aber eine Bestätigung von einem Wirtschaftstreuhänder/Bilanzbuchhalter braucht, damit der Unternehmer das nicht aus seinem Geld als variable Kosten zahlen muss, sondern die Vollkosten ersetzt bekommt?

    Wird es eine investitionsfördernde Umsatzsteuersenkung für diese beiden Branchen geben, die nach dem Preisgesetz nicht an die Kunden (Unternehmen) weitergegeben werden müssen? Wenn ja, wann?

    Warum kann die Finanzverwaltung oder die Cofag selbst die Unternehmen bei der Antragstellung nicht so unterstützen, dass arbeitsmäßig durch die komplizierten Regelungen der Bundesregierung gut ausgelastete Berufe nicht auch noch ein „Zusatzgschäftl“ als Antragsbestätigungshonorar verrechnen müssen?



* https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20011180