3693/J XXVII. GP

Eingelangt am 07.10.2020
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Anfrage

 

des Abgeordneten Hannes Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Inneres

betreffend ein Betrug an der Gesellschaft: Tätergruppierung aus Nigeria verursacht gewaltigen Sozialbetrug

 

 

„Seit 4 Uhr früh standen mehr als 70 Beamte der steirischen Polizei bei dieser groß angelegten Aktion (Operation SUDOKU) gegen die organisierte Kriminalität im Bereich Sozialleistungsbetrug im Einsatz. Bei diesem von der Fremden- und Grenzpolizei koordinierten Razzia nahmen die Beamten vier Tatverdächtige - drei Männer und eine Frau (40 bis 50 Jahre alt) - gleichzeitig an unterschiedlichen Örtlichkeiten in Graz fest“, ist der Kronen Zeitung am 6. Oktober 2020 zu entnehmen.

 

Demnach soll eine Tätergruppierung aus Nigeria, teilweise schon Österreicher, im großen Stil Sprachzertifikate mit Hilfe von gefälschten Reisepässen erworben haben und diese in weiterer Folge gewinnbringend an Asylwerber verkauft haben. So sollen diese Asylwerber – „teilweise kaum oder gar nicht unserer Sprache mächtig“ – neben Sozialleistungen teilweise sogar die österreichische Staatsbürgerschaft erschlichen haben.

 

Bei den Hausdurchsuchungen sollen zahlreiche Dokumente sichergestellt worden sein. „Der Kommandant der Polizeiinspektion Paulustor (Fremden- und Grenzpolizei), Thomas Huber, lobte bei der Pressekonferenz sein ‚grandioses Ermittlerteam‘, deren Arbeit nach über einem Jahr mit der Aktion einen würdigen Abschluss fand. Insgesamt konnte den sieben Verdächtigen, von denen vier festgenommen wurden, 61 betrügerisch erworbene Zertifikate nachgewiesen werden“ Der Schaden könne noch nicht beziffert werden, er bewege sich laut Chefinspektor Huber aber sicher im sechsstelligen Bereich.

(Quelle: https://www.krone.at/2245740)

 

Außerdem wurden im Rahmen der Pressekonferenz am 6. Oktober 2020 weitere Details bekanntgegeben: „Von österreichweit insgesamt 523 Prüfungen bei entsprechenden Instituten, die nigerianischer Staatsbürger in Österreich von 2017 bis Februar 2020 abgelegt haben, wurden 184 als gefälscht entlarvt. 61 davon konnten den vier in Graz festgenommenen Verdächtigen sowie drei den Behörden bekannten Komplizen zugeordnet werden. Richtig ins Rollen gebracht hatte den Fall eine Mitarbeiterin des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF), wo Prüfungen abgelegt werden. Ihr war aufgefallen, dass ein Prüfling zweimal mit verschiedenen Identitäten aufgetaucht war.“

(Quelle: https://www.kleinezeitung.at/steiermark/5877792/Riesiger-Sozialbetrug_Mit-falschen-nigerianischen-Paessen-zur)

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 

 

 

Anfrage

 

1.    Seit wann war, laut derzeitigem Ermittlungsstand, diese Tätergruppe aus Nigeria bereits tätig, um die bisher nachgewiesenen 61 betrügerisch erworbenen Zertifikate zu erlangen?

2.    Wie viele der restlichen mit nigerianischen Dokumenten betrügerisch erworbenen Zertifikate werden, laut derzeitigem Ermittlungsstand, noch der bekannten Tätergruppe zugerechnet?

3.    Sind die sieben bekannten Tatverdächtigen dieser Tätergruppe bereits vorbestraft?

4.    Wenn ja, wie viele dieser bekannten Tatverdächtigen sind bereits vorbestraft?

5.    Wenn ja, aufgrund welcher Tatbestände sind diese vorbestraft?

6.    Gibt es, laut derzeitigem Ermittlungsstand, neben den sieben bekannten Tatverdächtigen weitere Personen, die im Verdacht stehen, mit dieser Tätergruppierung zusammengearbeitet oder kooperiert bzw. sie in irgendeiner Form unterstützt zu haben?

7.    Wenn ja, wie viele Personen stehen in diesem Zusammenhang noch im Verdacht?

8.    Wenn ja, in welcher Form soll diese Zusammenarbeit, Kooperation oder Unterstützung stattgefunden haben?

9.    Wie viele Dokumente, Gegenstände und Dateien wurden bei den Hausdurchsuchungen insgesamt sichergestellt?

10. Welche Gegenstände wurden im Detail bei den Hausdurchsuchungen sichergestellt? (z.B. auch Bargeld, Drogen usw.)

11. Wer ist nun für die Auswertung dieser Daten zuständig und verantwortlich?

12. Gibt es, laut derzeitigem Ermittlungsstand, darüber Erkenntnisse wer die gefälschten Reisepässe ausgestellt und wer diese per Kurier nach Österreich verschickt hat?

13. Wenn ja, wer stellte die gefälschten Reisepässe aus?

14. Wenn ja, wer verschickte sie per Kurier nach Österreich?

15. Gibt es in diesem Zusammenhang auf Ermittlungsebene eine Zusammenarbeit oder einen Informationsaustausch mit Behörden oder Stellen in Nigeria?

16. Wenn ja, in welcher Form findet diese Zusammenarbeit oder dieser Informationsaustausch statt?

17. Wenn ja, mit welchen Behörden oder Stellen in Nigeria wird hier konkret auf Ermittlungsebene kooperiert?

18. Wenn nein, aus welchen Gründen ist dies nicht möglich oder erforderlich?

19. Wie viele „Kunden“ dieser Tätergruppe bzw. Abnehmer der gefälschten Zertifikate konnten bisher identifiziert werden?

20. Wie gliedern sich diese identifizierten „Kunden“ bzw. Abnehmer der gefälschten Zertifikate auf die Bundesländer auf?

21. Welche Staatsbürgerschaften haben diese identifizierten „Kunden“ bzw. Abnehmer der gefälschten Zertifikate tatsächlich?

22. Wie viele dieser identifizierten „Kunden“ bzw. Abnehmer der gefälschten Zertifikate haben, nach derzeitigem Ermittlungsstand, danach die österreichische Staatsbürgerschaft beantragt?

23. In welchen Bundesländern wurden diese Staatsbürgerschaften in welcher Anzahl beantragt?

24. Wie viele dieser identifizierten „Kunden“ bzw. Abnehmer der gefälschten Zertifikate haben, nach derzeitigem Ermittlungsstand, danach die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten?

25. In welchen Bundesländern wurden diese Staatsbürgerschaften in welcher Anzahl verliehen?

26. Welche Sozialleistungen sind nach derzeitigem Ermittlungsstand – gegliedert nach Sozialleistung, Höhe und Bundesländer – unrechtmäßig in Anspruch genommen worden?

27. Wurden die geschädigten auszahlenden Stellen dieser unrechtmäßig in Anspruch genommenen Sozialleistungen bereits darüber informiert?

28. Wenn ja, wann wurden diese in welchem Umfang darüber informiert?

29. Wurden die betroffenen und für möglicherweise geschädigte sozialleistungsauszahlende Stellen zuständigen Landesräte im Zuge der Ermittlungen informiert?

30. Wenn ja, wann wurden welche Landesräte in welchem Umfang darüber informiert?

31. Gab es seitens der Bundesländer bzw. den betroffenen Abteilungen der Bundesländer Unterstützung bei den Ermittlungen?

32. Wenn ja, welche Unterstützungen und Informationen haben die Bundesländer bzw. die betroffenen Abteilungen der Bundesländer bereitgestellt?

33. Wurden im Rahmen der Ermittlungen neben den 523 Prüfungen durch nigerianische Staatsbürger, von denen 184 als gefälscht entlarvt wurden, auch weitere Prüfungen anderer Staatbürger näher untersucht?

34. Wenn ja, wie viele derartige Prüfungen wurden insgesamt untersucht?

35. Wenn ja, wie gliedern sich diese insgesamt untersuchten Prüfungen auf die jeweiligen Staatsbürger auf?

36. Wenn ja, wie viele dieser insgesamt untersuchten Prüfungen konnten – gegliedert nach Staatsbürgerschaften – als gefälscht identifiziert werden?

37. Wenn ja, gegen wie viele Tatverdächtige bzw. in wie vielen Fällen wird derzeit – gegliedert nach Staatsbürgerschaften – aufgrund von betrügerisch erworbenen Zertifikaten ermittelt?

38. Wenn nein, warum wurden die Prüfungen durch nigerianische Staatsbürger so detailliert überprüft und die Prüfungen anderer Staatsbürger nicht?