3732/J XXVII. GP

Eingelangt am 08.10.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Whistleblowersystem der Justiz: Fälle vermeintlicher Polizeigewalt

 

Ende September 2019 ging im anonymen Hinweisgebersystem der WKStA ein mit 19. September 2020 datiertes Schreiben eines bzw. einer Whistlerblower_in ein.

In dem Dokument wird eine im Zuge eines Restaurantbesuchs zufällig mitgehörte Konversation zwischen offenbar Polizeiangehörigen im Transkript übermittelt, von der laut Whistleblower auch zum Teil Audioaufnahmen existieren.

Im Zuge des wahrgenommen Gesprächs am Nebentisch erzählte ein Polizeiangehöriger anekdotisch von zwei Fällen von mutmaßlich rechtswidriger Polizeigewalt in seinem unmittelbaren kollegialen Umfeld.

Im ersten ging es um den Fall einer geistig verwirrten Frau, der Monate zuvor ein Kind gerichtlich abgenommen wurde, die in einer Wiener PI eine Vermisstenanzeige in Bezug auf eben dieses Kind abgeben wollte. Nachdem der Polizist, dem der Fall offenbar bereits bekannt war, ihr erklärte, dass das Kind keineswegs vermisst sei, sondern behördlich abgenommen wurde, legte sich die verwirrte Frau aus Protest vor die PI und stellte sich bewusstlos. Eine zur Verstärkung herbeigerufene Kollegin, habe der Frau in Folge mit den Worten angesprochen: "Steh auf du blede Kua" und hat der am Boden liegenden Frau in Folge "eine aufgelegt". So das Transkript des Gesprächs. Der Vorfall wurde an sich nicht bestritten.

Im weiteren Gespräch, wurde von einem Fall einer "hochrangigen UNO-Diplomatin" gesprochen, die sich zur Abgabe eines zweckdienlichen Hinweises in einer Wiener Polizei PI einfand. Nachdem die Diplomatin eine Wahrnehmung in Bezug auf einen Polizeifall kundtat, erklärte der involvierte Polizist, die Diplomatin sei krank und solle lieber zum Arzt gehen. Die so angesprochene wandte sich vom Polizisten ab und wollte die PI verlassen, als der Polizist sie von hinten kommend anfiel und anlasslos eine verwaltungsstrafrechtliche Festnahme durchführte. So das Transkript des Gesprächs im Lokal.

In beiden Fällen seien Ermittlungen durch das RBE der LPOL Wien durchgeführt worden. In beiden Fällen hätten anwesende Polizeikollegen laut dem wahrgenommen Gespräch bewusste Falschaussagen getätigt, um Kolleg_innen zu schützen. Denn das gehöre sich unter Kollegen so, so das Fazit des Erzählenden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Kann der Eingang der anonymen Anzeige im Hinweisgebersystems der WKStA bestätigt werden?

a.    Wenn ja, wann ging die Anzeige ein?

2.    Wie und wann wurde der Akt bearbeitet (um Angabe der einzelnen Arbeitsschritte sowie Zeitpunkt der Bearbeitung wird ersucht)?

3.    Wurden bei dieser Anzeige jemals informelle Erkundigungen durchgeführt?

a.    Wenn ja, worin bestanden diese Erkundigungen?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

4.    Welche konkreten Ermittlungshandlungen wurden nach Eingang der Anzeige im Einzelnen getätigt?

5.    Wann wurden die Informationen aus den anonymen Anzeigen jeweils an das RBE weitergeleitet?

6.    Konnten die vom Whistleblower genannten Personen identifiziert werden?

a.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b.    Wenn nein, weshalb nicht? 

c.    Wie ist es möglich, dass diese trotz der vorhandenen Informationen unidentifiziert blieben?

7.    Wie, mit welchem Verfahrensschritt und welcher Begründung wurde die Anzeige erledigt?

8.    Wurden die Beschuldigten mit den Vorwürfen aus der Anzeige konfrontiert?

a.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

9.    Wurde mit dem Hinweisgeber über das BKMS Kontakt aufgenommen?

10. Wurde mit dem Hinweisgeber auf anderen Wegen Kontakt aufgenommen?

11. Wurden Ermittlungen aufgenommen?

a.    Wenn ja, laufen die Ermittlungen noch und wie ist ihr derzeitiger Stand?

b.    Wenn nein, warum nicht?

                                      i.Mit welcher Begründung verneinte die WkStA das vorliegen eines Anfangsverdachts?

12. Wurde der Hinweisgeber über den Stand der Ermittlungen in Kenntnis gesetzt? 

a.    Wenn nein, warum nicht?

13. Nach welchen konkreten strafrechtlichen Delikten wird derzeit in den Causae gegen wie viele Beschuldigte ermittelt?