3970/J XXVII. GP

Eingelangt am 02.11.2020
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Anfrage

 

des Abgeordneten David Stögmüller,

Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres 

betreffend Causa Marsalek und die Tätigkeiten von Herrn Klaus-Dieter Fritsche deutscher StS a. D. für das Innenministerium 

 

BEGRÜNDUNG 

Klaus-Dieter Fritsche war von 2014 bis 2018 deutscher Staatssekretär und  Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes in Deutschland. Ab dem März 2019 hat Herr Fritsche die schwarz-blaue Bundesregierung und insbesondere den damaligen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) beraten.[1] Er sollte nach dem BVT Skandal bei der „Weiterentwicklung des BVT“ helfen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe hat er ein Büro in den Räumlichkeiten des BVT zur Verfügung gestellt bekommen und hatte freien Zugang im gesamten Gebäude.[2] Dabei wurde auch der sogenannte „Fritsche-Bericht“ erstellt, der Verbesserungs- und Lösungsvorschläge für das BVT nach der Hausdurchsuchung im Februar 2018 und der Veröffentlichung des Konvolut des „Berner Clubs“[3] enthielt. 

Besonders brisant ist nun das Bekanntwerden der Tatsache, dass Fritsche zu dieser Zeit nicht nur für das österreichische Innenministerium gearbeitet hatte, sondern auch als Lobbyist für Wirecard.[4] Deren Manager Jan Marsalek werden sehr enge Verbindungen zu verschiedenen Geheimdiensten nachgesagt und es ist nun fraglich, ob Marsalek neben Verbindungen zum BVT und mutmaßlichen Verbindungen zur GRU (Russischer Geheimdienst) auch mit dem BND Kontakt hatte.

Es stellt sich im Zuge dieser Verbindung von Fritsche und Wirecard auch die Frage, in welchem Rahmen Klaus-Dieter Fritsche für die damalige schwarz-blaue Regierung tätig war, was seine genauen Aufgaben waren, zu welchen Daten und Unterlagen er Zugang hatte.  Ebenfalls stellt sich die Frage, mit welchen Personen er im BVT Kontakt hatte und ob vielleicht auch jener karenzierte BVT Mitarbeiter Herr Weiß dabei war, von dem Marsalek mutmaßlich seine Informationen bekommen hat und den er kurz vor seiner Flucht noch getroffen hat.

Die gesamte Causa Marsalek beschäftigt nicht nur Österreich, sondern auch in Deutschland wurde mit Anfang Oktober nun ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der folgende Themen aufarbeiten soll: „Beim Fall Wirecard geht es um die Vorwürfe des Betrugs, der Bilanzfälschung, der Manipulation des Börsenkurses und der Veruntreuung von Konzernvermögen. Doch auch die Verbindungen zu Geheimdiensten des Ex-Vorstandsmitglieds Jan Marsalek wecken das Interesse der Abgeordneten.“[5]

Im Zuge der Vorbereitung auf den Untersuchungsausschuss wurde nun durch den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages in einer Anfragenbeantwortung (siehe Screenshot) eine erneute Tätigkeit von Klaus Dieter Fritsche für das österreichische Innenministerium aufgedeckt.

 

 

 

Diese erneute Aufnahme einer Beratertätigkeit für das österreichische Innenministerium wirft mehrere Fragen auf.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende 

ANFRAGE 

1.    Wie viele Aufträge hat Herr Klaus-Dieter Fritsche für Beratungstätigkeiten im BM für Inneres für die Jahre 2017-2019 erhalten? 

 

2.    Was waren seine genauen Tätigkeitsfelder als Berater?

 

3.    Hat er andere Aufgaben – abgesehen von seiner Beratertätigkeit – erfüllt?  Geben Sie bitte auch Tätigkeiten an, die ohne Bezahlung erfolgten. 

 

4.    Wie lange dauerten die jeweiligen Tätigkeiten? Geben Sie bitte diesbezüglich ein Beginn- und Enddatum an.  

 

5.    Auf welcher Vertragsbasis erfolgten diese? 

 

6.    Wie hoch waren diesbezügliche Honorare? 

 

7.    Welche Inhalte / Aufgabenstellung hatten diese Beratungstätigkeiten?

 

8.    Hat Herr Fritsche im Zuge seiner Beratertätigkeit angegeben, für wen er zu dem Zeitpunkt noch arbeitete?

 

9.    Gab es im Frühjahr 2020 noch einmal Gespräche mit Herrn Fritsch über eine weitere Tätigkeit für das BMI? 

 

10. Was konkret wurde besprochen? 

 

11. Ist Herr Fritsche im Jahr 2020 für das BMI tätig gewesen bzw. ist er noch tätig? Bitte geben Sie auch eventuelle unentgeltliche Tätigkeiten an. 

a.    Wann hat seine Tätigkeit begonnen?

b.    Wie lange sollte diese andauern?

c.    Welche Aufgaben sollte seine Tätigkeit umfassen?

 

12. Hat bzw. hatte Herr Fritsche eine Freigabe für klassifizierte Unterlagen? 

a.    Wenn ja, für welche Klassifizierungsstufen gemäß dem InfOG?

 

13. Hatte Fritsche in den Jahren 2017 bis jetzt Zugang zum BVT? 

a.    Wenn ja, zu welchen Bereichen?

b.    Wenn ja, gab es Bereiche zu denen er keinen Zugang hatte und welche waren das?

 

14. Mit welchen Mitarbeitern des BVT hatte Herr Fritsche Kontakt?

 

15. Hat Herr Fritsche Kontakt mit Herrn Weiß (karenzierter Mitarbeiter im BVT)?

a.    Wenn ja, in welchem Ausmaß?

b.    Wenn ja, gab es gemeinsame Projekte?

 

16. War dem damaligen Innenminister Herbert Kickl bekannt, dass Herr Fritsche während seiner Tätigkeit im Innenministerium als Lobbyist für Wirecard gearbeitet hat?

a.    Wenn ja, seit wann?

b.    Wenn nein, muss derartiges nicht gemeldet werden?

 

17. Wurde Herr Fritsche von den österr. Behörden sicherheitsüberprüft?

a.    Von welcher Abteilung bzw. Behörde?

b.    Mit welchem Ausgang?

c.    Gab es Bedenken? Wenn ja, welche?

 

18. War Ihnen bzw. Ihrem Ministerium bekannt, dass Herr Fritsche während seiner Tätigkeit im Innenministerium als Lobbyist für Wirecard gearbeitet hat?

a.    Wenn ja, seit wann?

 

19. War dem damaligen Innenminister Herbert Kickl bzw. seinem Kabinett bekannt, dass Herr Fritsche auch enge Kontakte mit Wirecard Chef Marsalek hatte?

a.    Haben Sie diesbezügliche Unterlagen bzw. Kenntnisse?

b.    Wenn ja, seit wann?

 

20. War Ihnen bekannt, dass Herr Fritsche auch enge Kontakte mit Wirecard Chef Marsalek hatte?

a.    Wenn ja seit wann?

 

21. War dem damaligen Innenminister Herbert Kickl bzw. seinem Kabinett bekannt, dass Herr Weiß (karenzierter Mitarbeiter im BVT) enge Kontakte mit Wirecard Chef Marsalek hatte?

a.    Wenn ja seit wann?

 

22. War Ihnen bekannt, dass Herr Weiß bzw. Ihr Ministerium (karenzierter Mitarbeiter im BVT) enge Kontakte mit Wirecard Chef Marsalek hatte?

a.    Wenn ja seit wann?

 

23. Hat Wirecard jemals Schulungen für das Bundesministerium für Inneres durchgeführt?

 

24. Liegen Ihnen Termine und Schulungen von Herrn Fritsche vor, die gemeinsam mit Wirecard und BVT Mitarbeiter*innen durchgeführt wurden, bzw. an denen BVT Mitarbeiter*innen teilgenommen haben?

a.    Geben Sie bitte auch solche an, die in Deutschland durchgeführt wurden.

 

25.   Welche Schulungen und Veranstaltungen waren das? 

a.    Wann haben diese stattgefunden?

b.    Wer hat daran teilgenommen?

c.    Aus welchen Abteilungen waren diese Mitarbeiter*innen?

d.    War auch Weiß dabei?

 

26. Gab es sonstige Kooperationen, Schulungen, Treffen mit Mitarbeiter*innen des BMI (inkl. BVT) mit Mitarbeiter*innen von Wirecard (in den Jahren 2017 bis 2020)?

a.    Geben Sie bitte konkrete Inhalte dieser Kooperationen bzw. Schulungen usw. an.

b.    Welche Abteilungen?

 

Sollte eine detaillierte Beantwortung einzelner Fragen aus Geheimhaltungsgründen nicht möglich sein, so wird dennoch um eine Beantwortung mit möglichst hohem Informationsgehalt im Sinne des parlamentarischen Interpellationsrechts ersucht. Allenfalls ersuchen die Abgeordneten um eine Beantwortung in (teil-)klassifizierter Weise nach dem Bundesgesetz über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates (InfOG, vgl. insb. § 5 Abs 2).



[1] https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-03/oesterreich-klaus-dieter-fritsche-geheimdienst-herbert-kickl-fpoe?utm_referrer=https%3A%2F%2Fde.wikipedia.org%2F

[2] https://www.oe24.at/oesterreich/politik/fritsche-zeitgleich-bvt-und-wirecard-chefs-beraten/445531100

[3] https://netzpolitik.org/2019/europaeischer-geheimdienstclub-kritisiert-mitglied-in-oesterreich/

[4] https://www.oe24.at/oesterreich/politik/fritsche-zeitgleich-bvt-und-wirecard-chefs-beraten/445531100

[5] https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/neue-fragen-im-wirecard-skandal-hatte-der-bnd-wirklich-keine-informationen-ueber-marsalek/26144952.html