3987/J XXVII. GP
Eingelangt am 04.11.2020
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ANFRAGE
der Abgeordneten Sonja Hammerschmid
Genossinnen und Genossen
betreffend „Individuelle Kompetenzmessung PLUS“
Im Jahr 2018 wurde das „Pädagogik-Paket“ im Ministerrat beschlossen. Neben verschiedenen Maßnahmen war ein Teil davon die Veränderung bzw. Abschaffung der Testungen, die jahrelang aufgebaut wurden und die es ermöglicht haben, Rückschlüsse auf das österreichische Schulsystem ziehen zu können.
Die beiden Testkomponenten waren einerseits die Bildungsstandardüberprüfungen, die 2008/2009 eingeführt wurden, in deren Entwicklung über viele Jahre in Summe rund 50 Millionen Euro investiert wurden und die sich gut bewährt haben. Die Bildungsstandardüberprüfungen lieferten zentrale Aussagen für das Bildungssystem und die individuelle Schulentwicklung. Und andererseits die Informelle Kompetenzmessung, welche als ein freiwillig anwendbares Tool für Pädagoginnen und Pädagogen entwickelt wurde, um die Evaluierung des eigenen Unterrichts zu ermöglichen. Dabei sollte der Förderbedarf einzelner Schülerinnen und Schüler, als auch der gesamten Gruppe ermittelt werden, um gegebenenfalls die eigene Unterrichtsdidaktik zu verändern, bzw. zu verbessern.
Über allem stand dabei das Credo der Systemverantwortung. Das Schulsystem muss die besten Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen, um alle Schülerinnen und Schüler optimal zu unterstützen und zu fördern. Wichtig dabei: Solche Tests helfen verantwortungsvolle Entscheidungen für die Unterrichtsqualität zu treffen, aber sie sind keine Maßnahmen, um Schülerinnen und Schüler in Einbahnstraßen für ihre weitere Schullaufbahn einzuteilen oder zu benoten.
Die neue Test-Strategie nennt sich nun iKM PLUS und ist laut Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung eine Zusammenführung und Weiterentwicklung der Bildungsstandardüberprüfung und der Informellen Kompetenzmessung. Bundesweit wird einmal jährlich am Ende der 3. und 4. Schulstufe und zu Beginn der 7. und 8. Schulstufe ein 45-minütiger Test in Deutsch und Mathematik abgehalten, Englisch nur in der 7. und 8. Schulstufe.
Auf der Homepage des Bundesministeriums ist in der Broschüre zum Pädagogik Paket folgendes zu finden:
„Die iKM PLUS ist ein standardisiertes und objektives Instrument zur Diagnose zentraler Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern zu einem definierten Zeitpunkt. Ihre Ergebnisse werden nicht in die Benotung miteinfließen und auch nicht als Kriterium für die Aufnahme an einer höheren Schule verwendet.“[1]
Im Gegensatz dazu steht aber ein Medienbericht über die letzte Präsentation der Ergebnisse der Bildungsstandardüberprüfung im Februar 2020, wonach die Ergebnisse sehr wohl in die Benotung einfließen werden:
„Bildungsminister Faßmann will jedoch die Art der Messung auf neue Beine stellen – mit einer direkten Rückmeldung an die Lehrkräfte und damit Notenrelevanz. Künftig soll das Ganze dann statt informelle Kompetenzmessung (IKM) den Namen individuelle Kompetenzmessung (iKM plus) tragen und bereits in der dritten und siebenten Schulstufe verpflichtend durchgeführt werden.“[2]
Zum Zeitplan der Reform ist eine stufenweise Umsetzung bekannt:
Schuljahr 2018/19: Letzte Erhebung Englisch 8. Schulstufe
Schuljahr 2019/20: Informelle Kompetenzmessung für Förderdiagnostik und Unterrichtsentwicklung
Schuljahr 2020/21: Instrumente der iKM Plus werden pilotiert
Ab Schuljahr 2021/22: iKM Plus in 3. und 7. Schulstufe jährlich verpflichtend
Ab Schuljahr 2022/23: iKM Plus in 4. und 8. Schulstufe jährlich verpflichtend
Es gibt also in den Schuljahren 2019/20 und 2020/21 keine bundesweiten Überprüfungen, die man für einen Blick in das System verwenden könnte.
Hier verweist Bundesminister Faßmann in einer Anfragebeantwortung zu den Bildungsstandardüberprüfungen aus dem Jahr 2019 auf sogenannte „Brückenstudien“:
„In der Zeit bis zur Einführung ist die Durchführung von Brückenstudien vorgesehen, welche der Analyse und Herleitung einer Vergleichbarkeit der Rückmeldeskalen der BIST-Ü einerseits und der iKPM andererseits sowie einer Vergleichbarkeit der Erhebungsergebnisse selbst im Sinne einer Längsschnittstudie dienen sollen.“[3]
Hinsichtlich der Kosteneinschätzung ist in der Anfragebeantwortung nachzulesen:
„Seitens des BIFIE wurde basierend auf den BIFIE Dreijahresplänen 2018-2020 bzw. 2019-2021 eine Kostenschätzung zur Einführung der iKPM erstellt. Demnach ist mit jährlichen Mehraufwendungen zu rechnen, die aus der erhöhten Frequenz der Testungen sowie aus der Programmierung der technischen Anforderungen des neuen Instruments resultieren.“[4]
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage
1. Welche Maßnahmen wurden getroffen, um die unterschiedlichen Testlogiken (Bildungsstandardüberprüfungen – Informelle Kompetenzmessung – Individuelle Kompetenzmessung) hinsichtlich Längsschnittstudien vergleichbar zu machen?
2. In den Schuljahren 2019/20 und 2020/21 werden keine bundesweiten Überprüfungen durchgeführt. Wie wollen Sie garantieren, dass es eine langfristige Vergleichbarkeit von Daten geben kann?
3. Wie können Sie sicherstellen, dass die Wirkung von Maßnahmen, die Sie erst vor kurzem im Schulsystem eingeführt haben (z.B. Deutschförderklassen), repräsentativ und wissenschaftlich fundiert überprüft werden können?
4. Sie haben in der Anfragebeantwortung 3005/AB (XXVI. GP) Brückenstudien angeführt. Welche Studien sind hier konkret gemeint, wer hat diese entwickelt, wieviel kosten diese und wie werden sie durchgeführt?
5. Welche Kosten sind für die Entwicklung und beginnende Pilotierung der iKM Plus bereits angefallen?
6. In der Broschüre des Bundesministeriums zum Pädagogikpaket ist nachzulesen, dass die Testergebnisse nicht in die Benotung der Schülerinnen und Schüler miteinfließen. Medienberichte zu Aussagen des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung gehen in eine andere Richtung. Welche Information ist korrekt?
a. Wenn die Ergebnisse in die Benotung der Schülerinnen und Schüler einfließen, welche Gewichtung haben diese auf die Jahresnote?
7. Können Sie ausschließen, dass die Ergebnisse direkten Einfluss auf die Zulassung zu einem Schultyp haben, also keine Zugangsprüfungen für die AHS-Unterstufe darstellen?
8. Ist der bekannte Fahrplan mit Beginn ab Schuljahr 2021/22 in der 3. und 7. Schulstufe weiterhin aufrecht, oder kommt es bedingt durch die COVID-19 – Pandemie zu Verzögerungen?
9. Sie haben die neue Teststrategie zu Beginn mit dem Titel Individuelle Kompetenz- und Potentialmessung vorgestellt. Welche Gründe gab es für die zwischenzeitlich erfolgte Umbenennung in Individuelle Kompetenzmessung PLUS oder handelt es sich um unterschiedliche Tests? Wenn ja, bitte um Spezifizierung und Begründung.
[1] Das Pädagogik-Paket. Zeitgemäß. Transparent. Fair. Zweite, aktualisierte Auflage. Wien, 2020. https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/zrp/pp.html
[2] https://www.derstandard.at/story/2000114841594/bildungsstandards-english-gets-better
[3] Anfragebeantwortung 3005/AB (XXVI. GP): https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/AB/AB_03005/imfname_750686.pdf
[4] Anfragebeantwortung 3005/AB (XXVI. GP):https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/AB/AB_03005/imfname_750686.pdf