4019/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.11.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Lausch, Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

 

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend das IS-Terrornetzwerk in Österreichs Gefängnissen

 

Im Zentrum eines Berichts des Nachrichtenmagazins „profil" vom 5.September 2020 standen Ermittlungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) in österreichischen Gefängnissen. Das Magazin deckte auf, dass in Hafträumen Patronenhülsen gefunden wurden, aber auch IS-Flaggen in der Zelle und Chats mit Personen in Syrien gelebte Realität in Österreichs Gefängnissen sind. Eine diesbezügliche parlamentarische Anfrage1 der FPÖ blieb bislang unbeantwortet.

 

Inzwischen ist es zu einem Terrorangriff eines Anhängers des islamischen Staates im Herzen Wiens gekommen. Der Anschlag in der Innenstadt kostete vier unschuldigen Menschen das Leben. Im Vorfeld der Tat sind nach derzeitigem Kenntnisstand eine Vielzahl an Pannen passiert – so wurde unter anderem einem entscheidenden Hinweis nicht nachgegangen und Informationen nicht weitergeleitet. Eine Tat die zu verhindern gewesen wäre, dokumentiert schonungslos ein dramatischen Behördenversagen.

 

Die Tageszeitung „Der Standard“ berichtet: „Der Terrorist K.F., der am Montag in Wien vier Menschen ermordet hat, sympathisierte davor schon jahrelang mit radikalislamischer Ideologie. Bereits bekannt ist, dass er wegen einer versuchten Ausreise in damaliges IS-Gebiet in Syrien verurteilt worden ist. Aus den Akten zu diesem Prozess geht hervor, dass K.F. schon 2016, also im Alter von 16 Jahren, eine berüchtigte Moschee in der Hasnerstraße in Wien-Ottakring besucht hat.


In der Hasnerstraße betete auch der Konvertit Lorenz K., der im Jänner 2017 wegen "dringenden Tatverdachts" verhaftet wurde. Er soll einen zwölfjährigen Deutschen zu einem Terroranschlag auf einen Weihnachtsmarkt angestiftet haben. Die Ausführung scheiterte nur, weil die Zündung der Bombe nicht funktioniert hatte. Lorenz K. bastelte auch selbst an Sprengstoff, 2018 wurde er zu neun Jahren Haft verurteilt.

 

1.       https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_03319/index.shtml

Diesen Sommer sorgte Lorenz K. wieder für Schlagzeilen, weil er offenbar in der Justizanstalt Graz-Karlau Zugriff auf ein internetfähiges Smartphone erlangt hatte. Daraufhin soll er mit anderen IS-Unterstützern kommuniziert haben.“ 2

Ob zwischen dem Attentäter Kujtim F. und Lorenz K. eine Verbindung besteht, ist derzeit noch ungewiss. In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

1.    Hatte Lorenz K. mit dem islamistischen Attentäter Kujtim F. Kontakt?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn ja, seit wann?

2.    Kam es zu einem Informationsaustausch zwischen Lorenz K. und Kujtim F.?

a.    Wenn ja, mit welchem Inhalt?

b.    Wenn ja, wurde dieser unterbunden?

c.    Wenn ja, wie?

d.    Wenn nein, warum nicht?

3.    War Lorenz K. ein Teil des islamistischen Netzwerkes von Kujtim F.?

a.    Wenn ja, seit wann ist das bekannt?

b.    Wenn ja, welche Schritte wurden aufgrund dieses Kenntnisstandes gesetzt?

4.    Gab es Handykontakt zwischen Lorenz K. und dem Attentäter Kujtim F.?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, in welcher Form (z.B. Anruf, sms, WhatsApp oder anderer Messenger-Dienste)?

5.    Gab es Handykontakt zwischen Lorenz K. und dem Netzwerk des Attentäters Kujtim F.?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, in welcher Form (z.B. Anruf, sms, WhatsApp oder anderer Messenger-Dienste?

c.    Wenn ja, mit welchem Inhalt?

d.    Wenn ja, ging es um den Terroranschlag in Wien?

e.    Wenn ja, ging es auch um Terroranschläge in anderen Städten in Österreich oder in anderen EU-Mitgliedsstaaten?

6.    Wie viele diesem Netzwerk im engeren Sinne zuzurechnende Personen sitzen in Haft?

7.    In welchen Staaten sind diese inhaftiert?

8.    Wegen welcher Delikte wurden sie verurteilt?

9.    Wie viele diesem Netzwerk im weiteren Sinne zuzurechnende Personen sitzen in Haft?

10. In welchen Staaten sind diese inhaftiert?

11. Wegen welcher Delikte wurden sie verurteilt?

12. Wurde der Attentäter Kujtim F. von Lorenz K. zu Tat angestiftet?

13. Wurde der Attentäter Kujtim F. von Lorenz K. auf andere Art beeinflusst?

 

2.       https://www.derstandard.at/story/2000121434924/attentaeter-besuchte-selbe-moschee-wie-bombenbastler-lorenz-k

14. Hat Lorenz K. dem Attentäter den Zugang zu diesem Terrornetzwerk ermöglicht, erleichtert oder eröffnet?

15. Laut „profil“ ermittelt das BVT auch gegen einen zweiten Insassen in Graz-Karlau – gibt es in diesem Verfahren einen Bezug zum Attentäter Kujtim F.?

a.    Wenn ja, welchen?

16. Hatte dieser zweite Insasse Kontakt zu Kujtim F.?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn ja, seit wann?

c.    Wenn ja, seit wann ist das bekannt?

17. War bzw. ist dieser zweite Insasse ein Teil des Netzwerkes von Kujtim F.?

18. Gab es Handykontakte zwischen dem zweiten Insassen und Kujtim F.?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, in welcher Form (z.B. Anruf, sms, WhatsApp oder anderer Messenger-Dienste)?

c.    Wenn ja, mit welchem Inhalt?

d.    Wenn ja, ging es um den Terroranschlag in Wien?

e.    Wenn ja, ging es auch um Terroranschläge in anderen Städten in Österreich oder in anderen EU-Mitgliedsstaaten?

19. Gab es Handykontakte zwischen dem zweiten Insassen und dem Netzwerk des Attentäters Kujtim F.?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, in welcher Form (z.B. Anruf, sms, WhatsApp oder anderer Messenger-Dienste?

c.    Wenn ja, mit welchem Inhalt?

d.    Wenn ja, ging es um den Terroranschlag in Wien?

e.    Wenn ja, ging es auch um Terroranschläge in anderen Städten in Österreich oder in anderen EU-Mitgliedsstaaten?

20. Wann wurden Sie vom Bundesminister für Inneres, von seinem Kabinett oder von einem Beamten des Bundesministeriums für Inneres über die Ermittlungen des BVT zu IS-Aktivitäten in österreichischen Gefängnissen informiert?

21. Welche Handlungen haben Sie in Folge oder aufgrund dieser Information gesetzt?

22. Gingen Informationen des BVT mit Handlungsempfehlungen oÄ. einher?

23. Wann wurden Sie genau vom Bundesminister für Inneres, von seinem Kabinett oder von einem Beamten des Bundesministeriums für Inneres über den Terroranschlag informiert?

24. Welche Handlungen haben Sie in Folge oder aufgrund dieser Information gesetzt?

25. Gingen Informationen des BVT mit Handlungsempfehlungen oÄ. einher?

26. Wann wurden Sie genau vom Bundesminister für Inneres, von seinem Kabinett oder von einem Beamten des Bundesministeriums für Inneres über die Übermittlung des Schreibens des slowakischen Innenministers betreffend den versuchten Munitionskauf des Attentäters informiert?

27. Welche Handlungen haben Sie in Folge oder aufgrund dieser Information gesetzt?

28. Gingen Informationen des BVT mit Handlungsempfehlungen oÄ. einher?