413/J XXVII. GP
Eingelangt am 20.12.2019
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Anfrage
der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Bildung‚ Wissenschaft und Forschung
betreffend Ethik- und Religionenunterricht
In einer zunehmend fragmentierten Gesellschaft erreichen traditionelle Formen der Wertevermittlung nur mehr einen Teil der Kinder und Jugendlichen. Ein Unterrichtsfach „Ethik und Religionen“ als wichtiger Träger für eine pluralistische, offene und demokratische Gesellschaft, könnte hier einen ganz wesentlichen Beitrag leisten. Denn wo, wenn nicht in der Schule, könnte die wichtige Vermittlung von Werten aus einer Perspektive erfolgen, die von demokratischen Grundvorstellungen getragen und von einer skeptischen, kritisch hinterfragenden Position begleitet ist.
Wissen über die Weltreligionen stärkt junge Menschen in ihrer autonomen Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit. In diesem Sinne sollte auch das Unterrichts(pflicht)fach ausgestaltet werden. Auch wenn die eigene Religion Privatsache sein sollte, ist die Auseinandersetzung mit Religionen im schulischen Kontext notwendig um wechselseitiges Verständnis zu stärken. Politische und weltanschaulich-religiöse Unabhängigkeit sind dabei wichtige Anforderungen, die auch mit laufenden Evaluierungen zu gewährleisten sind.
Ein gemeinsamer Ethik- und Religionenunterricht kann in diesem Zusammenhang die Integration fördern und auch der Gefahr von extremistischen Strömungen entgegenwirken. Dabei soll es nicht um die Verdrängung von Religion gehen, sondern um eine gemeinsame Auseinandersetzung mit diesem wichtigen Thema. In einem möglichen Modell könnte konfessioneller Religionsunterricht dabei zusätzlich - und freiwillig - besucht werden und durch die öffentliche Hand verwaltet werden, um die Qualität dieses Unterrichts ebenfalls zu garantieren.
Um dieses Unterrichtsfach auf wissenschaftlicher Grundlage umsetzen zu können, bedarf es vorab fundierten Evaluierungen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wie viele Schüler_innen besuchten in Österreich den
Religionsunterricht (jeweils für die Jahre 2010-2019)?
Bitte um Aufschlüsselung nach:
a. Bundesland
b. Schulstufe (Volksschule, Unterstufe und Oberstufe)
c. Typus (katholisch, islamisch, buddhistisch, etc.)
2. Wieviele Schüler_innen besuchten keinen Religionsunterricht
(jeweils für die Jahre 2010-2019)?
Bitte um Aufschlüsselung nach:
a. Bundesland
b. Schulstufe (Volksschule, Unterstufe und Oberstufe)
c. Typus (katholisch, islamisch, buddhistisch, etc.)
3. Wie viele Schüler_innen haben sich vom Religionsunterricht
abgemeldet (jeweils für die Jahre 2010-2019)?
Bitte um Aufschlüsselung nach:
a. Bundesland
b. Schulstufe (Volksschule, Unterstufe und Oberstufe)
c. Typus (katholisch, islamisch, buddhistisch, etc.)
4. Wie viele Schüler_innen sind bzw. waren konfessionsfrei (jeweils
in den Jahren 2010-2019)?
Bitte um Aufschlüsselung nach:
a. Bundesland
b. Schulstufe (Volksschule, Unterstufe und Oberstufe)
5. Wie viele Schüler_innen besuchten einen Ethikunterricht (jeweils
für die Jahre 2010-2019)?
Bitte um Aufschlüsselung nach:
a. Bundesland
b. Schulstufe (Volksschule, Unterstufe und Oberstufe)
6. Wie viele Lehrer_innen unterrichteten Religion (jeweils für die Jahre 2010-2019)?
a. Wie viele davon haben eine theologische Ausbildung?
Bitte um Aufschlüsselung nach:
i. Bundesland
ii. Schulstufe (Volksschule, Unterstufe und Oberstufe)
iii. Typus (katholisch, islamisch, buddhistisch, etc.)
7. Wie hoch waren die Personalkosten für alle Religionslehrer_innen
(jeweils für die Jahre 2010-2019)?
Bitte um Aufschlüsselung nach:
a. Bundesland
b. Schulstufe (Volksschule, Unterstufe und Oberstufe)
c. Typus (katholisch, islamisch, buddhistisch, etc.)
8. Wie hoch waren die Sach- und Nebenkosten für den
Religionsunterricht (jeweils für die Jahre 2010-2019)?
Bitte um Aufschlüsselung nach:
a. Bundesland
b. Schulstufe (Volksschule, Unterstufe und Oberstufe)
c. Typus (katholisch, islamisch, buddhistisch, etc.)
9. Wie hoch waren die direkten Personalkosten, die ausschließlich
dem konfessionellen Religionsunterricht in konfessionellen Privatschulen
zuzurechnen waren (jeweils für die Jahre 2010-2019)?
Bitte um Aufschlüsselung nach:
a. Bundesland
b. Schulstufe (Volksschule, Unterstufe und Oberstufe)
c. Typus (katholisch, islamisch, buddhistisch, etc.)
10. Wieviele Ethiklehrer_innen gibt es (jeweils für die Jahre
2010-2019)?
Bitte um Aufschlüsselung nach:
a. Bundesland
b. Schulstufe (Volksschule, Unterstufe und Oberstufe)
11. Wie viele Ethiklehrer_innen unterrichten parallel auch als
Religionslehrer_innen (jeweils für die Jahre 2010-2019)?
Bitte um Aufschlüsselung nach:
a. Bundesland
b. Schulstufe (Volksschule, Unterstufe und Oberstufe)
c. Typus (katholisch, islamisch, buddhistisch, etc.)
12. Wie viele Stunden Religionsunterricht finden am Vormittag und wie viele
am Nachmittag statt?
Bitte um Aufschlüsselung nach:
a. Bundesland
b. Schulstufe (Volksschule, Unterstufe und Oberstufe)
c. Typus (katholisch, islamisch, buddhistisch, etc.)
13. Bestehen Unterschiede in der Behandlung von Randstunden beim Religionsunterricht bzw. beim Ethikunterricht und wenn ja, weshalb?
a. Bestehen Erlässe, die die Zuteilung von Religionsstunden an Randstunden regeln?
b. Bestehen Erlässe, die die Zuteilung von Ethikstunden an Randstunden regeln?
14. Wie viele Stunden Religionsunterricht fanden an Randstunden statt (anteilig in Bezug auf die Gesamtreligionsstunden, jeweils für die Jahre 2010-2019)?
a. Wie hoch ist die durchschnittliche Stunden-Mehrbelastung von SchülerInnen, die einen Religionsunterricht besuchen (aufgrund des Besuchs eines Religionsunterrichtes an einer Randstunde)?
15. Wie viele Stunden Ethikunterricht fanden an Randstunden statt (anteilig in Bezug auf die Gesamtethikstunden, jeweils für die Jahre 2010-2019)?
16. Bei wie vielen Klassen werden die Schülerinnen von verschiedenen Klassen in einen Religionsunterricht zusammengefasst (jeweils für die Jahre 2010-2019)?
17. In wie vielen Klassen (österreichweit, über alle Schulstufen) überwog der Anteil der vom Religionsunterricht Abgemeldeten über die Teilnehmenden (jeweils für die Jahre 2010-2019)?
18. In wie vielen Klassen (österreichweit, über alle Schulstufen) überwog der Anteil von Kindern mit christlichem Religionsbekenntnis (jeweils für die Jahre 2010-2019)?
a. In absoluter Zahl der Klassen?
b. In Prozent von allen Klassen?
19. Welche Maßnahmen wurden bei Lehrer_innen, die sowohl Religion als auch Ethik unterrichten, gesetzt, um zu verhindern, dass sie infolge der ihr von der jeweiligen Religionsgemeinschaft erteilten Lehrbefugnis während des Ethikunterrichtes in einen Gewissenskonflikt geraten?
20. Im Rahmen seiner Gebarungsüberprüfung „Schulversuche“ (Bund 2015/1) empfahl der Rechnungshof dem Ministerium im Vorbericht (TZ 35), im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung die Durchführung der Ethik–Schulversuche bis zum Vorliegen einer Entscheidung zu vereinfachen.
Das Ministerium setzte die Empfehlung des RH bislang nicht um. Laut Stellungnahme des Ministeriums würden mit der Etablierung eines standardisierten Antrags– und Berichtswesens und der Bereitstellung einer webbasierten Applikation ab dem Schuljahr 2018/19 die administrativen Abläufe für rollierende Schulversuche wesentlich vereinfacht werden. Die Ethik-Schulversuche würden bis zum Vorliegen einer Entscheidung durch den Gesetzgeber nach diesen administrativ vereinfachten Abläufen durchgeführt werden.
In seinem Follow-up-Überprüfung (Reihe BUND 2018/49) bemängelte der RH die Nichtumsetzung dieses Punktes erneut und empfahl, im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung die Durchführung der Ethik– Schulversuche bis zum Vorliegen einer Entscheidung zu vereinfachen.
Seitdem der Nationalrat der Regierung im 27. Mai 2019 das Vertrauen entzogen hat war offensichtlich, dass mit einer Entscheidung des Gesetzgebers zum Ethikunterricht in absehbarer Zeit nicht mehr zu rechnen sei.
Seitens des Ministeriums wurde jedoch mehrmals betont, an dem Beschluss der scheidenden Regierung festzuhalten und die entsprechende Einführung des Ethikunterrichtes vorzubereiten – obwohl die gesetzliche Grundlage dazu noch fehlte und nicht abzuschätzen war, wann sie zustande kommen wird.
Hat das Ministerium auch alternative Vorkehrungen für den Fall einer fehlenden gesetzlichen Verankerung des Ethikunterrichtes im SchOG getroffen?
a. Falls nicht: warum?
b. Hat das Ministerium Vorkehrungen getroffen, um die o.a. wiederholte Aufforderung des RH hinsichtlich der Verwaltungsvereinfachung bei der Einführung von Ethikschulversuche zu erfüllen?
c. Falls nicht: warum?