4159/J XXVII. GP

Eingelangt am 16.11.2020
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Anfrage

 

 

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

und weiterer Abgeordneter

an den Bundeskanzler

betreffend Ausschluss kritischer Medien von Pressekonferenzen der Bundesregierung nach Ministerratssitzungen

 

Um an den Pressekonferenzen nach den Sitzungen des Ministerrates der Bundesregierung teilnehmen zu können, müssen Journalisten sich im Vorhinein akkreditieren bzw. eine Dauerakkreditierung für diese beantragen. Im Sinne der in der österreichischen Bundesverfassung verankerten Grundrechte der Presse- und Informationsfreiheit, welchen die Mitglieder der Bundesregierung verpflichtet sind, sollte eine derartige Akkreditierung möglichst jedem Medium gewährt und nur nach Vorliegen schwerwiegender Gründe verwehrt werden. Dass dies jedoch nicht so gehandhabt wird, zeigt die Ablehnung des Antrages auf Ausstellung einer Dauerakkreditierungskarte eines Redakteurs des Onlinemediums „unzensuriert.at“ durch den Bundespressedienst im Bundeskanzleramt am 04. November 2020. „unzensuriert.at“ zitiert dazu auf seinem Webauftritt eine entsprechende Nachricht des Bundespressedienstes wie folgt:

 „Ihr Online-Antrag vom 3. November 2020 um Ausstellung einer Dauerakkreditierungskarte 2020 hat uns unmittelbar vor Einstellung dieses Angebots aufgrund der aktuellen Corona-Situation für das verbleibende Jahr 2020 erreicht.

„Eine Wiederaufnahme der Dauerakkreditierung ist zu einem späteren Zeitpunkt für 2021 beabsichtigt.“

„unzensuriert.at“ ist eines der erfolgreichsten und reichweitenstärksten Onlinemedien Österreichs, welches sich seit seiner Gründung freier und kritischer Berichterstattung verschrieben hat. Die Ablehnung einer Dauerakkreditierung für die Pressekonferenzen der Bundesregierung unter der obig zitierten, mehr als fadenscheinigen Begründung führt daher zu dem Schluss, dass gerade die inhaltliche Ausrichtung von „unzensuriert.at“ für dessen Ausschluss von Pressekonferenzen nach Ministerratssitzungen verantwortlich ist und die Bundesregierung offenbar kritische Berichterstattung über ihre Politik zu verhindern sucht, was sich insbesondere in deren Medienpolitik der letzten Monate immer stärker abzeichnet. In einer demokratischen Republik ist eine derartigen Vorgangsweise vollkommen inakzeptabel und hebelt Presse- sowie Informationsfreiheit, zwei Grundprinzipien unserer Bundesverfassung, aus.

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundeskanzler folgende

 

Anfrage

 

1.    Wann wurde die Entscheidung getroffen, die Ausstellung von Dauerakkreditierungskarten für 2020 einzustellen?

a.    Wer zeichnet dafür verantwortlich?

b.    Warum wurde diese Entscheidung ausgerechnet vor der ersten Ministerratssitzung nach Verkündigung des zweiten Lockdowns getroffen?

c.    Liegt der Ablehnung einer Dauerakkreditierung von „unzensuriert.at“ dessen kritische Haltung zur Politik der Bundesregierung zugrunde?

d.    Wie viele Anträge auf Dauerakkreditierung wurden mit der Begründung, dass diese „unmittelbar vor Einstellung dieses Angebots aufgrund der aktuellen Corona-Situation“ gestellt wurden, abgelehnt?

e.    Welche Medien betraf dies jeweils?

f.     Wie viele Dauerakkreditierungskarten wurden bis 03. November 2020 ausgestellt?

g.    Existiert coronabedingt eine Maximalzahl von Journalisten, welche bei Pressekonferenzen der Bundesregierung anwesend sein dürfen?

h.    Wenn ja, auf welcher Grundlage wird im Falle diese Zahl überschreitenden Interesses entschieden, welche dauerhaft akkreditierten Journalisten teilnehmen dürfen und welche nicht?

i.      Waren Sie bzw. Ihr Kabinett in die Entscheidung der Beendigung der Ausstellung von Dauerakkreditierungskarten involviert?

j.      Wenn ja, wurden diesbezüglich Weisungen erteilt?

k.    Wenn ja, wurden Relevanz aufgrund von Reichweite und Vermutungen hinsichtlich der inhaltlichen Ausrichtung der Berichterstattung dieser Entscheidung zugrunde gelegt?

l.      Wurde die Entscheidung, Dauerakkreditierungen für 2020 einzustellen, in Absprache mit medizinischen Experten getroffen?

m.  Wenn ja, mit welchen und welchen Ergebnissen?

 

2.    Wie beurteilen Sie als für den Bundespressedienst zuständiges Regierungsmitglied die Ablehnung einer Dauerakkreditierungskarte für „unzensuriert.at“?

a.    Inwiefern ist dies mit den Verfassungsprinzipien Presse- und Informationsfreiheit vereinbar?

b.    Erwarten Sie von an Pressekonferenzen nach Ministerratssitzungen teilnehmenden Journalisten Berichterstattung im Sinne der Kommunikations- und PR-Politik der Bundesregierung?