427/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.12.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Ewa Ernst-Dziedzic, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

 

betreffend Rückführung österreichischer Minderjähriger aus den Lagern im Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens

 

 

BEGRÜNDUNG 

 

Es gibt im Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens Lager, in denen Angehörige von IS-Kämpfern festgehalten werden. Darunter befinden sich auch einige Personen österreichischer Staatsbürgerschaft, davon mehrere Minderjährige.

Eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen besuchte das Lager Al-Hol und sprach von unmenschlichen Zuständen. Kinder sterben zu Hunderten einen vermeidbaren Tod wegen Unterernährung und Infektionen. IS-Anhängerinnen, welche die Ideologie des Terrorregimes in den Lagern weiter tragen, foltern und ermorden „Abtrünnige“.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas hat deshalb bereits im August dieses Jahres damit begonnen, deutsche Kinder aus syrischen Lagern nach Hause zu holen und setzt die Rückholaktion auch nach Beendigung der türkischen Offensive in Nordsyrien weiter fort. „Es handelt sich im Wesentlichen um Kleinkinder, und deren Unterbringung dort ist alles andere als optimal“, sagte Maas und betonte: „Sie können auch nicht für die Taten ihrer Eltern verantwortlich gemacht werden, und deshalb wollen wir dort helfen.“

Das österreichische Außenministerium konnte im Oktober 2019 zwei Kinder nach Österreich rückführen und ihren Großeltern übergeben. Damit wurde auch ihnen der Weg in ein „normales“ Leben geebnet. Nicht nur haben sie nun Zugang zu Bildung und einer funktionierenden Gesundheitsversorgung; sie bekommen, so wie die meisten österreichischen Kinder auch, die Chance, in einem friedlichen und liebevollen Umfeld aufzuwachsen.

Das Schicksal der weiteren österreichischen Kinder in den Lagern bleibt dagegen unklar. Klar ist nur: sie schweben in Lebensgefahr. Und wenn sie überleben, wird der psychische und emotionale Rucksack, den sie in ihr späteres Leben mitnehmen müssen, größer und schwerer, je länger sie in diesen Lagern ausharren müssen.

Abgesehen von den menschlichen Gründen, die für eine rasche Rückführung der österreichischen Kinder aus den Höllenlagern in Syrien sprechen, ist der österreichische Staat auch seiner Bundesverfassung nach verpflichtet, sich um einen entsprechenden Schutz seiner minderjährigen Staatsbürger zu kümmern. Es ist derzeit nicht bekannt, wie das Außenministerium gedenkt, in Bezug auf die Rückführung der verbliebenen österreichischen Kinder vorzugehen.

 

Daher stellen die hier unterfertigenden Abgeordneten folgende

 

ANFRAGE 

 

1)    Ist Ihnen bekannt, ob sich zur Zeit Österreicherinnen und/oder deren Kinder im Lager Al-Hol aufhalten, in dem die Syrischen Demokratischen Kräfte Angehörige von IS-Kämpfern festhalten?

a.    Wenn ja, von wie vielen Personen wissen Sie einigermaßen sicher Bescheid, dass sie sich dort aufhalten?

i)        In welchem Verwandtschaftsverhältnis stehen diese Personen zueinander und welchen Geschlechts und Alters (auch ungefähre Angaben) sind sie?

ii)      Seit wann befinden sich diese Personen in diesen Lagern?

iii)    Haben Sie Kontakt mit diesen Personen oder deren Angehörigen in Österreich?

1)    Wenn ja, über welche Stellen und wie oft?

2)    Wenn ja, wie ist der physische und psychische Zustand dieser Personen?

3)    Wenn ja, ist Ihnen bekannt, ob diese Personen eine Rückkehr nach Österreich wünschen?

4)    Wenn nein, warum nicht?

 

b.    Wenn ja, von wie vielen Personen vermuten Sie, dass sie sich dort aufhalten?

i)        In welchem Verwandtschaftsverhältnis stehen diese Personen zueinander und welchen Geschlechts und Alters (auch ungefähre Angaben) sind sie?

ii)      Seit wann befinden sich diese Personen in diesen Lagern?

iii)    Haben Sie Kontakt mit diesen Personen?

1)    Wenn ja, über welche Stellen und wie oft?

2)    Wenn ja, wie ist der physische und psychische Zustand dieser Personen?

3)    Wenn ja, ist Ihnen bekannt, ob diese Personen eine Rückkehr nach Österreich wünschen?

4)    Wenn nein, warum nicht?

 

2)    Ist Ihnen bekannt, ob sich zur Zeit Österreicherinnen und/oder deren Kinder im Lager Roj aufhalten, in dem die Syrischen Demokratischen Kräfte Angehörige von IS-Kämpfern festhalten?

a.    Wenn ja, von wie vielen Personen wissen Sie einigermaßen sicher Bescheid, dass sie sich dort aufhalten?

i)        In welchem Verwandtschaftsverhältnis stehen diese Personen zueinander und welchen Geschlechts und Alters (auch ungefähre Angaben) sind sie?

ii)      Seit wann befinden sich diese Personen in diesen Lagern?

iii)    Haben Sie Kontakt mit diesen Personen?

1)    Wenn ja, über welche Stellen und wie oft?

2)     Wenn ja, wie ist der physische und psychische Zustand dieser Personen?

3)     Wenn ja, ist Ihnen bekannt, ob diese Personen eine Rückkehr nach Österreich wünschen?

4)     Wenn nein, warum nicht?

 

a.    Wenn ja, von wie vielen Personen vermuten Sie, dass sie sich dort aufhalten?

i)        In welchem Verwandtschaftsverhältnis stehen diese Personen zueinander und welchen Geschlechts und Alters (auch ungefähre Angaben) sind sie?

ii)       Seit wann befinden sich diese Personen in diesen Lagern?

iii)     Haben Sie Kontakt mit diesen Personen?

1)     Wenn ja, über welche Stellen und wie oft?

2)     Wenn ja, wie ist der physische und psychische Zustand dieser Personen?

3)     Wenn ja, ist Ihnen bekannt, ob diese Personen eine Rückkehr nach Österreich wünschen?

4)     Wenn nein, warum nicht?

 

3)    Ist Ihnen bekannt, ob sich zur Zeit Österreicherinnen und/oder deren Kinder im Lager Ain Issa aufhalten, in dem die Syrischen Demokratischen Kräfte Angehörige von IS-Kämpfern festhalten?

a.    Wenn ja, von wie vielen Personen wissen Sie einigermaßen sicher Bescheid, dass sie sich dort aufhalten?

i)             In welchem Verwandtschaftsverhältnis stehen diese Personen zueinander und welchen Geschlechts und Alters (auch ungefähre Angaben) sind sie?

ii)            Seit wann befinden sich diese Personen in diesen Lagern?

iii)           Haben Sie Kontakt mit diesen Personen?

1)    Wenn ja, über welche Stellen und wie oft?

2)     Wenn ja, wie ist der physische und psychische Zustand dieser Personen?

3)     Wenn ja, ist Ihnen bekannt, ob diese Personen eine Rückkehr nach Österreich wünschen?

4)     Wenn nein, warum nicht?

 

b.    Wenn ja, von wie vielen Personen vermuten Sie, dass sie sich dort aufhalten?

i)        In welchem Verwandtschaftsverhältnis stehen diese Personen zueinander und welchen Geschlechts und Alters (auch ungefähre Angaben) sind sie?

ii)       Seit wann befinden sich diese Personen in diesen Lagern?

iii)     Haben Sie Kontakt mit diesen Personen?

1)     Wenn ja, über welche Stellen und wie oft?

2)     Wenn ja, wie ist der physische und psychische Zustand dieser Personen?

3)     Wenn ja, ist Ihnen bekannt, ob diese Personen eine Rückkehr nach Österreich wünschen?

4)     Wenn nein, warum nicht?

 

4)    Ist Ihnen bekannt ob und wie viele österreichische Staatsbürger als ehemalige IS-Kämpfer in einem der Gefängnisse der Syrischen Demokratischen Kräfte festgehalten werden?

i)             Wenn ja, um wie viele Personen handelt es sich, welchen Alters sind diese und aus welchen Bundesländern kommen sie?

ii)            Wenn nein, warum nicht?

 

5)    Gibt es unter den in Punkt 1), 2), 3) und 4) genannten Personen welche, die in Österreich, Syrien oder einem anderen Land einer Straftat bezichtigt werden?

 

a.    Wenn ja, um wie viele Personen handelt es sich und welche Straftat wird ihnen jeweils vorgeworfen?

b.    Wenn ja, gibt es Pläne, diese Personen in Österreich vor Gericht zu stellen?

i)             Wenn ja, wie sollen diese Personen physisch vor ein österreichisches Gericht gebracht werden?

ii)            Wenn ja, ist diesbezüglich eine Zusammenarbeit mit der Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens für die Sicherstellung von Beweisen für die Prozesse gegen IS-Angehörige geplant?

1.    Wenn nein, warum nicht?

iii)           Wenn nein, warum nicht?

1.    Sollten es Sicherheitsbedenken bei der Rückführung jener Personen sein, die einem etwaigen Prozess in Österreich im Wege stehen, würden Sie dann einen solchen in die Wege leiten, sobald diese Bedenken nicht mehr gegeben sind?

a.    Wenn nein, warum nicht?

 

6)    Der deutsche Außenminister Heiko Maas hat bereits im Sommer mit dem Hinweis auf die für Kinder gänzlich ungeeigneten Lebensbedingungen in den kurdisch-syrischen Gefangenenlagern und dem Argument, dass Kinder nicht für die Taten ihrer Eltern verantwortlich gemacht werden können, damit begonnen, Kinder von deutschen StaatsbürgerInnen nach Deutschland rückzuführen. Sofern aus rechtlichen Gründen nicht anders möglich, werden auch Elternteile, die einer Straftat bezichtigt werden, mit nach Deutschland rückgeführt und dort vor Gericht gestellt. Planen sie eine ähnliche Initiative auch für jene Kinder mit einem österreichischen Elternteil?

a.    Wenn ja, wie sieht der genaue Plan zur Rückholung dieser Personen aus (bitte um Auflistung der einzelnen Schritte)?

b.    Wenn ja, in welchem Zeitraum beabsichtigen Sie, diese Schritte umzusetzen?

c.    Wenn nein, warum nicht?

i)             Sofern es aus Sicht des Außenministeriums die Sicherheitssituation in Nordsyrien ist, die gegen eine wie oben skizzierte Rückholung spricht - haben Sie bei Ihren internen Überlegungen auch jene Option in Erwägung gezogen, derer sich zur Zeit Länder wie Großbritannien oder Deutschland bedienen, d.h. jene Personen, die sie aus Lagern rückführen wollen am Grenzübergang Semalka durch österreichische behördliche Organe in Empfang zu nehmen und über Erbil auszufliegen?

1)    Wenn ja, was spricht aus Ihrer Sicht dagegen, es den oben erwähnten Ländern gleich zu tun?

2)    Wenn nein, warum nicht?

 

7)    Falls Frage 6c. mit „nein“ beantwortet wurde, welche längerfristige Strategie und Pläne verfolgen Sie zur Rückholung der betroffenen österreichischen Kinder und wie verträgt sich ein Verbleib der Kinder in den Lagern mit dem Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern, insbesondere Artikel 1 und 2?

 

8)    Gab es Angebote von humanitären oder anderen Organisationen bzw. Gruppen, die österreichischen Minderjährigen und eventuell auch deren Mütter aus den Lagern an einen Übergabeort zu bringen?

a.    Wenn ja, warum wurde(n) diese(s) Angebot(e) nicht angenommen?

 

9)    Gibt es unter den in Punkt 1), 2), 3) und 4) genannten Personen welche, die in KEINEM Land einer Straftat bezichtigt werden?

a.    Wenn ja, um wie viele Personen handelt es sich (bitte sofern möglich um Angabe des Geschlechts und des Alters)?

 

10)  Beabsichtigt das Außenministerium, die unter Punkt 9a. genannten Personen nach Österreich zurückzuholen?

a.    Wenn ja, wie sieht der genaue Plan zur Rückholung dieser Personen aus (bitte um Auflistung der einzelnen Schritte)?

b.    Wenn ja, in welchem Zeitraum beabsichtigen Sie, diese Schritte umzusetzen?

c.    Wenn nein, warum nicht?

i)             Sofern es aus Sicht des Außenministeriums die Sicherheitssituation in Nordsyrien ist, die gegen eine wie oben skizzierte Rückholung spricht - haben Sie bei Ihren internen Überlegungen auch jene Option in Erwägung gezogen, derer sich zur Zeit Länder wie Großbritannien oder Deutschland bedienen d.h. jene Personen, die sie aus Lagern rückführen wollen am Grenzübergang Semalka durch österreichische behördliche Organe in Empfang zu nehmen und über Erbil auszufliegen?

3)    Wenn ja, was spricht aus Ihrer Sicht dagegen, es den oben erwähnten Ländern gleich zu tun?

4)    Wenn nein, warum nicht?

 

 

11)  Wie oft kam seit der Einführung des Konsulargesetzes im April 2019 in der Behandlung der unter Punkt 1), 2), 3) und 4) genannten Personen § 3 Abs. 4 Z. 5 KonsG zur Anwendung und auf welche Personen traf dies konkret zu?

 

12)  Durch die Angriffe der türkischen Armee auf die Syrischen Demokratischen Kräfte seit Oktober 2019 sind einige IS-Kämpfer aus Gefängnissen der Syrischen Demokratischen Kräfte entkommen sowie Frauen und Kinder von IS-Angehörigenlagers bei Ain Issa. Ist Ihnen bekannt, ob dabei auch österreichische Staatsangehörige entkommen konnten?

 

13)  Im Inneren des Lagers Al-Hol herrscht de facto weiter die Ordnung des IS. Welche Strategie verfolgen Sie, um eine weitere Radikalisierung der österreichischen Insassen zu verhindern und damit, für den Fall, dass diese eines Tages auf die eine oder andere Art und Weise zurückkehren, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden?

 

14)  Trägt die österreichische Bundesregierung zu den Kosten bei, die der kurdischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens durch die Bewachung und Versorgung der unter anderem auch österreichischen StaatsbürgerInnen entstehen?