4299/J XXVII. GP
Eingelangt am 20.11.2020
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Anfrage
der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesministerin für Justiz
betreffend Folgeanfrage: Finanzierung der Notariatskammer
Keine Zeit für Transparenz im Justizministerium…
Im Zuge meiner Anfrageserie zur Gebarung der Kammern haben sämtliche Ministerien (Aufsicht der Kammern) die Anfragen beantwortet. Bis auf Ihr Ministerium, das weder Zahlen zu den Rechnungsabschlüssen bekannt gab noch die Frage zu einem effizienteren Verwaltungsvollzug durch Transparenz beantwortete. Die ziemlich missglückte Formulierung der Beantwortung ("Die letzte Frage läuft auf eine unzulässige parlamentarische Kontrolle der internen Willensbildung eines Regierungsmitgliedes hinaus, weshalb sie in dieser Form nicht beantwortet werden kann") der letzten Frage, die den Vollzug des Ministeriums betroffen hat und somit zu beantworten ist, war für ein von den Grünen besetztes Ministerium extrem überraschend. Insgesamt entstand durch die Nichtbeantwortung meiner Anfrage der Eindruck, dass Sie weder die Aufsicht gegenüber Kammern wahrnehmen, noch das Transparenzpaket, das Sie mit Ihren Grünen Ministerkollegen im Frühjahr vorgestellt haben, ernst nehmen!
Begründung der Anfrage
Österreich ist ein Kammerstaat. Die weit überwiegende Mehrheit der Erwerbstätigen ist auf Grund ihres Berufs Mitglied einer Kammer, ohne je gefragt worden zu sein.
Wie vorherige Anfragen beispielsweise zur Finanzierung der Arbeiter- und Wirtschaftskammer gezeigt haben, hängt die Entwicklung der Einnahmen einer Kammer oft nicht mit ihren tatsächlichen Aufgaben zusammen, was eine finanzielle Überversorgung der jeweiligen Kammern bedeutet. Diese Überfinanzierung wird stets aufgrund von Zwangsabgaben hervorgerufen, gegen die sich die Zwangsmitglieder in den jeweiligen Kammern nicht zur Wehr setzen können, weil ein Austritt aus einer gesetzlichen beruflichen Vertretung nicht möglich ist. Deshalb ergibt sich auch bei der Notariatskammer ein berechtigtes Interesse, zu erfahren, über welche Beitrags- und sonstigen Einnahmen diese Kammer verfügt und wie sich diese in den vergangenen zehn Jahren entwickelt haben.
Bei einer freiwilligen Mitgliedschaft wäre von einem, durch den Marktprozess angemessenen Mitgliedsbeitrag auszugehen, der von beiden Seiten als angemessen akzeptiert wird. Durch die gesetzlich festgelegte Mitglieds- und Beitragspflicht kann davon allerdings keine Rede sein, so dass die Mitgliedsbeiträge und die Tätigkeiten der jeweiligen Kammern auf politischer Ebene geprüft werden müssen.
Darüber hinaus ist es relevant, über welche finanziellen Reserven die Kammern verfügen, und wie sich diese in den vergangen Jahren entwickelt haben. Die Höhe und die Entwicklung der Reserven kann Aufschluss über den tatsächlichen Finanzierungsbedarf der aktuellen Kammertätigkeiten geben. Ebenso geben Ausgaben für Personal in Summe und Gehaltshöhen Auskunft über die finanzielle Situation der Kammern, so dass diese ebenfalls von relevantem Interesse sind. Darüber hinaus ist es relevant zu erfahren, welche Ruhebezüge sie an ehemalige Mitarbeiter in den letzten zehn Jahren ausgezahlt hat. Der Vergleich der Ruhebezüge mit den durchschnittlichen Ruhebezügen in Österreich ermöglicht eine bessere Einschätzung der tatsächlichen finanziellen Lage der jeweiligen Kammern.
Mit dem Vollzug der Notariatsordnung ist gemäß Artikel IX. die Justizministerin beauftragt. § 153 NO regelt die Aufsicht durch den jeweiligen Bundesminister für Justiz. Ohne Überprüfung der Geschäftsgebarung und der jeweiligen Beschlüsse der Gremien kann die Justizministerin die Rechtmäßigkeit der Vollziehung gar nicht wirksam überprüfen, sodass diese Daten dem Ministerium vorliegen müssen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Welche Maßnahmen setzen Sie im Sinne der Kammerzwangsmitglieder und im Sinne der Transparenz, um die Aufsicht gegenüber den von Ihnen beaufsichtigten Kammern zu verbessern?
2. Wie entwickelten sich die Beitragseinnahmen der Notariatskammer gemäß § 125a Notariatsordnung? (Auflistung jährlich 2018 und 2019, einzeln für jede Landesnotariatskammer und die Österreichische Notariatskammer)
3. Wie hoch waren davon die Beiträge, die an die Österreichische Notariatskammer flossen? (Auflistung jährlich 2018 und 2019)
4. Gab es weitere Einnahmequellen neben den Mitgliedsbeitragszahlungen der Notariatskammer?
a. Wenn ja, woraus und wie hoch waren diese Einnahmen? (Auflistung jährlich 2018 und 2019 in Absolutbeträgen, für jede Landesnotariatskammer und die Österreichische Notariatskammer)
5. Wie hoch waren die Verwaltungsaufwände? (Auflistung jährlich 2018 und 2019 in Absolutbeträgen, als Anteil der Gesamtausgaben, insgesamt und für jede Landesnotariatskammer und die Österreichische Notariatskammer)
6. Wie entwickelten sich die Mitarbeiterstände in den Notariatskammern? (Auflistung jährlich 2018 und 2019, einzeln für jede Kammer in Vollzeitäquivalenten)
7. Wie hoch waren die Personalaufwände? (Auflistung jährlich 2018 und 2019 in Absolutbeträgen, als Anteil der Gesamtausgaben, insgesamt und für jede Landesnotariatskammer und die Österreichische Notariatskammer, ohne Ruhe- bzw. Versorgungsbezüge)
8. Wie haben sich die Aufwände für Ruhe- bzw. Versorgungsbezüge entwickelt? (Auflistung jährlich 2018 und 2019, einzeln für jede Landesnotariatskammer und die Österreichische Notariatskammer)
9. Wie hoch war der Anteil von Ruhe- bzw. Versorgungsbezügen an den Gesamtaufwänden? (Auflistung 2018 und 2019, insgesamt und für jede Landesnotariatskammer und die Österreichische Notariatskammer)
10. Wie hoch sind die Eigenkapitalbestände? (Auflistung jährlich 2018 und 2019, einzeln für jede Landesnotariatskammer und die Österreichische Notariatskammer)
11. Wie hoch waren die jährlichen Zuflüsse zum Eigenkapital? (Auflistung jährlich 2018 und 2019, einzeln für jede Landesnotariatskammer und die Österreichische Notariatskammer)
12. Welchen Hintergrund haben die Rücklagenbildungen in den Landesnotariatskammern und der Österreichische Notariatskammer?
13. Effizienterer Verwaltungsvollzug durch Transparenz. Aufwand für die Anfragebeantwortung:
a. Wie viele Personen insgesamt waren bei der Anfragebeantwortung involviert?
b. Wie viele Arbeitsstunden insgesamt fielen für die Anfragebeantwortung an? (Angabe in Halbstunden, z.B. 1,5h)
c. In welchem Ausmaß könnte eine strukturierte, laufende Datenoffenlegung (Transparenz) diesen Aufwand reduzieren? (Angabe in % und/oder Stunden)