4340/J XXVII. GP
Eingelangt am 26.11.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Mag. Gerald Hauser, Rosa Ecker, Peter Wurm
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Facharztausbildung für Kieferorthopädie in Österreich
Am 20.11.2020 wurde folgende Entschließung im Nationalrat einstimmig beschlossen:
Entschließung
betreffend Facharztausbildung für Kieferorthopädie in Österreich
Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zur Einführung einer staatlich geregelten universitären und klinischen Ausbildung für eine Spezialisierung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie zugeleitet wird. Die auf der zahnärztlichen Ausbildung aufbauende Spezialisierung zur Kieferorthopädie soll eine hohe Versorgungsqualität und einen hohen Versorgungsgrad im Bereich der Kieferorthopädie sicherstellen und somit die kieferorthopädische Versorgung in Österreich verbessern und sich an internationalen Standards orientieren.
Als Begründung ist auf den Bericht des Gesundheitsausschuss vom 6. November 2020 zu verweisen:
Bericht
des Gesundheitsausschusses
über den Antrag 784/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Facharztausbildung für Kieferorthopädie in Österreich
Die Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 9. Juli 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Eine entsprechende Einführung einer staatlich registrierten Ausbildung zum Facharzt für Kieferorthopädie ist seit vielen Jahren eine Forderung aus der Fachwelt des österreichischen Gesundheitswesens. Im Juni 2018, d.h. parallel zur Reform des österreichischen Sozialversicherungswesens und damit einem ersten Schritt einer Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitssystems wurde zwischen den österreichischen Medizinischen Universitäten, der Zahnärztekammer und dem Verband Österreichischer Kieferorthopäden (VÖK) unter Einbindung des zuständigen Gesundheitsministeriums eine Einigung über die Einführung einer staatlich registrierten Ausbildung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie erzielt.
Der Verband der Kieferorthopäden als Standesvertretung führt zur Notwendigkeit dieser Facharztausbildung aus:
Warum fordert der VÖK seit 1998 eine staatlich anerkannte und offiziell registrierte Ausbildung zum Fachzahnarzt/zur Fachzahnärztin für Kieferorthopädie in Österreich?
Historie und Begründung:
• Kieferorthopädie
in Österreich ‚anno dazumal‘
Abnehmbare
Zahnspangen, lange Behandlungszeiten (3-5 Jahre), eingeschränkte
therapeutische Möglichkeiten. Grundwissen wurde im Rahmen des damals 2-
bzw. 3-jährigen Zahnmedizin-Studiums (nach dem Medizin-Studium) vermittelt.
1957 Aufnahme kieferorthopädischer Leistungen in den zahnärztlichen
Kassenvertrag als Geldleistung: Zuschuss von Behandlungen mit abnehmbaren
Apparaturen.
• 70er
Jahre: Einzug der festsitzenden Techniken (Brackets) auch in Österreich
Komplexe Therapiemethode im Sinne des medizinischen Fortschrittes, rasante
Weiterentwicklung des Fachgebietes (Diagnostik, Therapie, Nutzen und Risiken).
Erforderliches Wissen (Theorie und Praxis) konnte nicht mehr im Rahmen des
Zahnmedizin-Studiums vermittelt werden. Daher kam es zum
• Ausbau
der klinischen Abteilungen für Kieferorthopädie an den drei
Universitätskliniken Graz, Innsbruck und Wien
entsprechend dem internationalen Standard dieses Spezialfaches (international
üblich: 3-jährige universitäre Vollzeitausbildung nach dem
Studium der Zahnheilkunde). Gleichzeitig erfolgten durch die Universitäten
intensive
• Bestrebungen
zur Einführung des Fachzahnarztes für Kieferorthopädie,
da diese Ausbildung bereits damals seit vielen Jahrzehnten nach dem international
üblichen 5-jährigen Studium der Zahnheilkunde europa- und weltweit
üblich war. Die Bestrebungen der Universitäten wurden jedoch von
Anfang an von der zuständigen Kammer (damals noch Ärztekammer)
behindert. Die Universitäten ermutigten daraufhin die
kieferorthopädisch tätigen Zahnärzten, sich für ihr
Spezialfach zu engagieren. Dies führte
• 1997
zur Gründung des Verbandes Österreichischer Kieferorthopäden
(VÖK)
als Interessenvertretung von mittlerweile ca. 360 vorwiegend oder
ausschließlich kieferorthopädisch tätigen Zahnärzten
(Öffentlichkeitsarbeit, Information der Patienten,
Qualitätssicherung)
• Im Sinne des Patientenschutzes kämpft der Verein von der ersten Stunde an intensiv für die Einführung des Fachzahnarztes für Kieferorthopädie in Österreich. Um zu belegen, dass es auch in Österreich gut ausgebildete Spezialisten auf internationalem Niveau gibt, beschließt der VÖK im Jahre 1998 gemeinsam mit den Kieferorthopädie-Professoren der drei österreichischen Universitäten die
• Einrichtung
einer freiwilligen kommissionellen Fachprüfung (Austrian Board of
Orthodontists)
Bis März 2018 haben 93 Kolleginnen und Kollegen diese freiwillige
Fachprüfung vor einer international hochrangig besetzten
Prüfungskommission erfolgreich abgelegt.
• Juli
2015: Inkrafttreten des ‚Gesamtvertrages Kieferorthopädie‘
Therapie von Fehlstellungen IOTN-Grad 4 und 5 bei Kindern und Jugendlichen wird
Sachleistung der Krankenkassen.
Damit einher ging die
Schaffung einer kassenvertraglich definierten Berufsgruppe von
Kieferorthopäden, die es de facto jedoch bis zum heutigen Tag offiziell in
Österreich nicht gibt!
Österreichische Lösung: Vertragspartner legten im Vertrag bestimmte,
allerdings höchst inhomogene Qualifikationskriterien fest. Es wurde der zweite
Schritt vor dem ersten gesetzt.
Im Sinne des Patientenschutzes ist daher nach Auffassung des Verbandes Österreichischer Kieferorthopäden insbesondere nach Einführung der ‚Kassenzahnspange‘ die Etablierung des Fachzahnarztes für Kieferorthopädie in Österreich dringender denn je erforderlich!
(Quelle: https://voek.info/)“
Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 6. November 2020 in Verhandlung genommen. In der Debatte ergriffen, im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Peter Wurm, die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Mag. Verena Nussbaum und Dr. Werner Saxinger, MSc sowie der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak das Wort.
Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Philip Kucher, Ralph Schallmeiner, Mag. Gerhard Kaniak und Mag. Gerald Loacker einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht.
Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag in der Fassung des soeben erwähnten gesamtändernden Abänderungsantrages einstimmig beschlossen.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende
ANFRAGE
1) Welche konkreten Vorbereitungshandlungen seit der Ausschusssitzung vom 6. November 2020 wurden im Gesundheitsministerium bereits gesetzt, um den beschlossenen Antrag zeitnah umzusetzen?
2) Welche Sektionen, Abteilungen und Fachexperten im BMSGPK sind mit der Umsetzung der Facharztausbildung für Kieferorthopädie befasst?
3) Welche Aktenzahlen und Protokolle bzw. weitere Dokumente sind im BMSGPK zum Projekt Facharztausbildung für Kieferorthopädie vorhanden?
4) Welche weiteren konkreten Schritte folgten bzw. folgen der Beschlussfassung im Nationalrat am 20. November 2020?
5) Bis wann werden Sie als zuständiger Gesundheitsminister dem Gesundheitsausschuss über die Umsetzung und einen entsprechenden Zeit- und Projektplan berichten?
6) Wann werden Sie dem Nationalrat eine entsprechende Regierungsvorlage zur Umsetzung der Facharztausbildung für Kieferorthopädie zuleiten?