4465/J XXVII. GP

Eingelangt am 10.12.2020
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

 

 

betreffend Willkür bei Vor-Ort-Kontrollen der AMA?

 

Zu den Aufgaben der Agrarmarkt Austria (AMA) gehört auch die Kontrolle im Falle der Vergabe öffentlicher Mittel von EU, Bund und Ländern. Gemäß Art. 24 der VO (EU) Nr. 809/2014 sind die Vor-Ort-Kontrollen so durchzuführen, dass zuverlässig geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfen und die Anforderungen und Normen für die anderweitigen Verpflichtungen (Cross Compliance) eingehalten werden.

 

Die Kontrollen der AMA betreffen ein breites Feld:

 

·         Direktzahlungen

·         ÖPUL - Agrarumweltprogramm

·         AZ - Ausgleichszulage; Zahlungen für aus naturbedingten oder anderen spezifischen Gründen benachteiligte Gebiete

·         Ländliche Entwicklung - sonstige Maßnahmen

·         Rinderkennzeichnung

·         Cross Compliance

·         Nachhaltigkeit Biokraftstoffe

·         Schulprogramme

·         Markt- und Meldemaßnahmen

 

Darüber hinaus übt die AMA auch in anderen Bereichen, beispielsweise hinsichtlich Agrarmarketingbeiträge und Gütesiegel, aus.

 

Vor-Ort-Kontrollen dürfen gemäß Art. 25 Verordnung (EU) Nr. 809/2014 nur dann angekündigt werden, wenn der Prüfungszweck dadurch nicht gefährdet wird. Die Ankündigungsfrist beträgt bei flächenbezogenen Maßnahmen maximal 14 Tage und bei den tierbezogenen Maßnahmen maximal 48 Stunden. Corona-bedingt wurden die Regeln in Österreich teilweise angepasst. Immer wieder beklagen Betriebe, dass sie zu oft kontrolliert werden und die Kontrollen im besonders schwierigen letzten Quartal stattfinden und die Auswahl der Betriebe, welche kontrolliert werden, nicht einheitlich erfolgt. Deswegen fühlen sich einige Betriebe ungerecht behandelt.

 

Die AMA veröffentlicht dazu auf der Homepage: „Für flächenbezogene Maßnahmen (z.B. ÖPUL, AZ) sind mindestens 5% aller Antragsteller, die einer Verpflichtung unterliegen, vor Ort zu kontrollieren (Art. 30). Für die "Anderweitigen Verpflichtungen" (Cross Compliance, Art. 68) sind mindestens 1% aller Antragsteller vor Ort zu kontrollieren. Für alle anderen Maßnahmen der ländlichen Entwicklung sind nach Art. 50 mindestens 5% aller öffentlichen Ausgaben vor Ort zu kontrollieren.
Die Prozentsätze gelten für Österreich; eine unterschiedliche Gewichtung in den Bundesländern/Bezirken ist möglich. Für andere Maßnahmen (z.B. Schulprogramme, Imkereiförderung, Nachhaltigkeit, usw.) sind die Betriebsauswahl und die Kontrollgrundsätze in den jeweiligen Verordnungen geregelt.[…] Die zu kontrollierenden Betriebe werden nach dem Zufallsprinzip und einer Risikoanalyse ausgewählt.“ [1]
Unklar ist, wie dieses Zufallsprinzip und die Risikoanalyse durchgeführt werden und wie diese Faktoren gewichtet sind.

 

Für viel Kritik bei den Landwirtinnen und Landwirten sorgt auch die ungewöhnlich lange Aufbewahrungsfrist der Unterlagen. Die Aufzeichnungen und Unterlagen im Rahmen des ÖPUL 2015 sind gemäß geltender ÖPUL 2015-Sonderrichtlinie mindestens zehn Jahre, gerechnet ab Ende des Förderungsjahres, jedoch mindestens bis 31.12.2026 sicher und überprüfbar aufzubewahren (gilt entsprechend auch für die Ausgleichszulage). Die Aufbewahrungsfrist für Cross Compliance hängt von der betroffenen Maßnahme ab und beträgt beispielsweise hinsichtlich ÖPUL zehn Jahre und betreffend Direktzahlungen vier Jahre.

 

Wiewohl Kontrolle zur Sicherstellung eines bundesweit hohen Produktionsstandards wichtig ist, dürfen Kontrollmaßnahmen nicht zu Willkür und einer überbordenden Bürokratie führen. Häufige Kontrollen, welche wiederholt die immer selben Landwirtinnen und Landwirte betreffen, gilt es daher kritisch zu hinterfragen.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus folgende

 

 

Anfrage

 

 

1.    Wie viele Betriebe wurden von der AMA in den letzten sechs Jahren kontrolliert? (Bitte nach Bundesland, Kontrollanlass und Quartal aufschlüsseln)

2.    Wie viele Betriebe wurden mehrfach kontrolliert?

3.    Warum wurden diese mehrfach kontrolliert?

4.    In welchen Zeitabständen werden die Betriebe durchschnittlich kontrolliert?

5.    In welchem Quartal werden wie viele Kontrollen durchgeführt? (Bitte nach Kontrollanlass gliedern)

6.    Wie funktioniert die Auswahl der zu kontrollierenden Betrieben „nach Zufallsprinzip“?

7.    Wie funktioniert die Auswahl der zu kontrollierenden Betrieben anhand der „Risikoanalyse“?

8.    Wie sind „Zufallsprinzip“ und „Risikoanalyse“ gewichtet?

9.    Wer nimmt diese Gewichtung vor?

10. Sind „Zufallsprinzip“, „Risikoanalyse“ und deren Gewichtung im Verantwortungsbereich einzelner Personen, oder gibt es diesbezüglich „Checks and Balances“?

11. Welche Person, Gremium oder Organisationseinheit trifft die diesbezügliche Entscheidung?

12. Welche Maßnahmen ergreifen Sie um in diesem Bereich Willkürentscheidungen auszuschließen?

13. Können Sie Willkürentscheidungen ausschließen?

14. Wie viele Beschwerden hinsichtlich der Auswahl der zu kontrollierenden Betriebe gibt es? (Bitte für die Jahre 2015-2020 angeben)

15. Welche Maßnahmen wurden aufgrund solcher Beschwerden ergriffen?

16. Auf welcher Grundlage erfolgt die Auswahl welche Betriebe wann kontrolliert werden?

17. Zu welchem Zeitpunkt erfolgt die Auswahl der in einem Quartal zu kontrollierenden Betriebe?

18. Wird die Auswahl vorab, beispielsweise jährlich, halbjährlich oder quartalsweise, vorgenommen, oder erfolgt diese ad-hoc?

19. Welche Person, Gremium oder Organisationseinheit trifft diese Entscheidung?

20. Welche Maßnahmen ergreifen Sie um in diesem Bereich Willkürentscheidungen auszuschließen?

21. Können Sie Willkürentscheidungen ausschließen?

22. Wie viele Beschwerden hinsichtlich des Quartals, in welchem die Kontrolle stattfindet, gibt es? (Bitte für die Jahre 2015-2020 angeben)

23. Wie viele Vor-Ort-Kontrollen wurden in den letzten sechs Jahren mit Termin und ohne Termin durchgeführt? (Bitte um eine Aufteilung nach Jahren, Kontrollanlass und Quartal)

24. Werden Terminwünsche von Betroffenen für Vor-Ort-Kontrollen berücksichtigt?

a.    Wenn ja, nach welchen Kriterien?

b.    Wenn ja, viele solche Terminwünsche gehen ein? (Bitte für die Jahre 2015 bis 2020 aufschlüsseln)

c.    Wie verteilen sich die „Wünsch“-Prüfungen quartalsweise?

d.    In welchem Umfang wird diesen Wünschen entsprochen?

e.    Welche Person, Gremium oder Organisationseinheit trifft diese Entscheidung?

f.     Können Sie Willkürentscheidungen ausschließen?

g.    Wenn nein, warum nicht?

25. Gibt es Quartale, in welchen Betroffene sich verstärkt melden, um eine Verschiebung zu erwirken?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, wie wird damit umgegangen?

c.    Wenn nein, anhand welcher Dokumentation geben Sie diese Auskunft?

26. Gibt es Zeitabschnitte, in welchen Kontrollen besonders problematisch wahrgenommen werden?

27. Evaluieren Sie die Sinnhaftigkeit von Flächenkontrollen bei schlechter Witterung (zB. im Winter bei geschlossener Schneedecke)?

a.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b.    Wenn nein, warum nicht?

28. Was entgegnen Sie Kritikern, die von einer Ungleichbehandlung bei der Terminisierung der Prüfungen sprechen?

29. Inwiefern wurde diesbezüglich Kritik an Sie bzw. Ihr Ressort herangetragen? (Bitte für die Jahre 2015 – 2020 aufschlüsseln)

30. Können Sie Diskriminierungen, insbesondere aufgrund von politischer Zugehörigkeit, ausschließen?

31. Gibt es Verfahren, in welchen eine Ungleichbehandlung oder Diskriminierung bei AMA-Prüfungen vorgebracht wurden? (Bitte für die Jahre 2015 – 2020 nach Bundesländer aufschlüsseln)

a.    Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?

b.    Wenn ja, welche Ungleichbehandlungen wurden behauptet?

c.    Wenn ja, welche Diskriminierungen wurden behauptet?

d.    Wenn ja, wie wurden die Verfahren erledigt?

32. Gibt es AMA-interne Verfahren, in welchen eine Ungleichbehandlung oder Diskriminierung bei AMA-Prüfungen vorgebracht wurden? (Bitte für die Jahre 2015 – 2020 nach Bundesländer aufschlüsseln)

a.    Wenn ja, welche Ungleichbehandlungen wurden behauptet?

b.    Wenn ja, welche Diskriminierungen wurden behauptet?

c.    Wenn ja, wie wurden die Verfahren erledigt?

33. Gibt es einen standardisierten Sanktionskatalog bei Verstößen?

a.    Wenn ja, wo ist dieser einsehbar?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Welchen Spielraum gibt es bei der Entscheidung über die Höhe der Sanktionen?

34. Welche Person, Gremium oder Organisationseinheit trifft diese Entscheidung?

35. Welche Maßnahmen ergreifen Sie um in diesem Bereich Willkürentscheidungen auszuschließen?

36. Können Sie Willkürentscheidungen ausschließen?

37. Wie viele Einsprüche gegen die Kontrollen gab es in den letzten sechs Jahren? (Bitte um eine Aufteilung nach Jahren, Kontrollanlass und Quartal)

a.    Wie oft wurde den Einsprüchen stattgeben?

38. Geht die AMA auch anonymen Anzeigen nach?

a.    Wenn ja, wie viele anonyme Anzeigen gab es in den letzten sechs Jahren? (Bitte um eine Aufteilung nach Jahren, Kontrollanlass und Quartal)

39. Sind Anzeigen dazu geeignet missbräuchlich verwendet zu werden?

a.    Wenn ja, was macht die AMA um missbräuchlichen Anzeigen vorzubeugen?

b.    Wenn ja, wie geht die AMA mit missbräuchlichen Anzeigen um?

40. Erfüllt oder übererfüllt die AMA die vorgegebene Kontrollquoten? (Bitte für die Jahre 2015 bis 2020 bereichsweise aufschlüsseln)



[1] Grundsätzliches zur Vorortkontrolle der AMA | AMA - AgrarMarkt Austria