4471/J XXVII. GP

Eingelangt am 10.12.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr.in Petra Oberrauner, Genossinnen und Genossen

 

an den Bundeskanzler

 

betreffend: Welchen Preis hat der Deal mit Microsoft

 

Am 20.10.2020 verkündeten Sie auf der Website des Bundeskanzleramtes eine „Microsoft-Investition in leistungsstarke Rechenzentrumsregion“[1] . In der Presseaussendung von Microsoft liest sich im gewohnten „tech-evangelist“-Sprech, dass das Unternehmen beinahe völlig uneigennützig zum Wohle Österreichs und seiner BewohnerInnen agiert – das ist eher unwahrscheinlich.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende

 

Anfrage:

  1. Wo soll dieses Rechenzentrum der Firma Microsoft stehen?
  2. Liegen die rechtlichen Genehmigungen, insbesondere des Landes und der Gemeinde, bereits vor? Wenn nein, wann werden sie vorliegen?
  3. Investiert die Firma Microsoft tatsächliche eine Mrd. Euro in Österreich, ohne Gegenleistung?
  4. Gibt es eine Vereinbarung des Bundes mit Microsoft bezüglich der Investition und der Investitionsprämie? Wenn ja, wie viel Investitionsprämie kann Microsoft für das Projekt in Anspruch nehmen?
  5. Gibt es weitere Vereinbarungen des Bundes bezüglich Übernahme von Garantien oder Haftungen, Förderungen, Subventionen oder anderer Zuwendungen an die Firma Microsoft für die Errichtung und den Betrieb dieses Rechenzentrums? Wenn ja, welchen Inhalts? Wie hoch ist der Betrag und welcher Zeitraum ist umfasst?
  6. Gibt es weitere Vereinbarungen eines Landes oder von Gemeinden bezüglich Übernahme von Garantien oder Haftungen, Förderungen, Subventionen oder anderer Zuwendungen an die Firma Microsoft für die Errichtung und den Betrieb dieses Rechenzentrums? Wenn ja, welchen Inhalts, wie hoch ist der Betrag und welcher Zeitraum ist umfasst?
  7. Gibt es weitere Vereinbarungen des Bundes bezüglich der steuerlichen Behandlung der Firma Microsoft oder des Rechenzentrums? Wenn ja, welchen Inhalts, wie hoch ist der Betrag und welcher Zeitraum ist umfasst? Mit wie viel Millionen Euro sponsern die österreichischen SteuerzahlerInnen dieses Microsoft-Projekt?
  8. Wird mit dem Bau des Rechenzentrums eine steuerliche Betriebsstätte begründet, auf Grund der die Gewinne auch in Österreich versteuert werden? Wenn ja, mit welchem Körperschaftsteuereinnahmen wird seitens Österreich in den kommenden zehn Jahren gerechnet? Wenn nein, warum nicht und warum verzichtet Österreich auf den Gewinnbesteuerungsanspruch? Mit welchem Umsatzsteueraufkommen wird gerechnet?
  9. Warum haben Sie gemeinsam mit der Wirtschaftsministerin eine Pressekonferenz mit Microsoft im Bundeskanzleramt gegeben? Wie viel hat diese Veranstaltung gekostet? Warum wurde die PK nicht in den Räumlichkeiten von Microsoft abgehalten?
  10. Sieht das zukünftige IT-Konzept der Bundesregierung auf Grund der Investition von Microsoft in den Standort (bzw. dieses Rechenzentrum) in Österreich für die Zukunft verstärkte Beschaffungsaktivitäten mit diesem Unternehmen vor?
  11. Welche Vereinbarung wurde mit Microsoft bezüglich des Software- und Hardwareeinsatzes getroffen? Welche Kosten fallen dafür in den kommenden zehn Jahren an?
  12. Werden andere Ministerien in Zukunft verstärkt Software, Hardware oder Dienste von Microsoft in Anspruch nehmen? Welche Kosten fallen dafür je Ministerium innerhalb der kommenden zehn Jahre an?
  13. Werden insbesondere datenschutzrechtlich kritische Daten der ÖsterreicherInnen in Zukunft auf diese Server des Unternehmens (Cloud) gespeichert werden? Welche Kosten fallen dafür an? Wurden gesonderte Vereinbarungen getroffen, das DSG und die DSGVO nicht einhalten zu müssen oder verstärkt einhalten zu müssen? Weichen diese Vereinbarungen von den üblichen AGB des Unternehmens für die Inanspruchnahme der Cloud und Softwaredienste ab, wenn ja, in welchen Punkten (bitte um die inhaltlichen Details der Vereinbarung)?
  14. Ist in der Vereinbarung enthalten, dass die kritische Infrastruktur des Bundes, der Länder und Gemeinden verstärkt in die Cloud von Microsoft gezogen werden soll (z.B. Landesverteidigung, Schulen, Universitäten, Finanzverwaltung, Sozialversicherung, ELAK, Gesundheitsdaten, innere Sicherheit, etc.)? Wenn ja, welche dieser Daten der öffentlichen Hand werden in Zukunft dort gespeichert?
  15. Gibt es eine Vereinbarung, dass die Daten in Österreich gespeichert bleiben müssen? Wenn ja, ist österreichisches Recht anwendbar?
  16. Wer ist Eigentümer der Daten?
  17. Ist es zutreffend, dass US-amerikanische Unternehmen auf Grund der nationalen Rechtslage in den USA verpflichtet sind, den US-amerikanischen Geheimdiensten Zugang zu den Daten ihrer nicht US-Kunden, die auf Grund des Service/Dienst-angebotes dieses US-Unternehmens bei diesen gespeichert sind, aus nachrichtendienstlichen Gründen zu gewähren (FISA), wie ist die rechtliche Grundlage hierfür? Auf welche Weise wird sichergestellt, dass die von ÖsterreicherInnen in dieser Microsoft-Cloud (Rechenzentrum Österreich) gespeicherten Daten, von US-Regierungsbehörden (welcher Art auch immer) nicht als Einzeldaten, teilweise oder zur Gänze abgegriffen werden können?
  18. Gibt es eine Vereinbarung zwischen der Bundesbeschaffungsagentur und Microsoft (oder eine Rahmenvereinbarung) über einen bestimmten Zeitraum ausschließliche Software-/Hardware der Firma Microsoft für die öffentliche Hand zu beschaffen? Wenn ja von wann ist diese Vereinbarung? Gab es eine Ausschreibung? Wer waren die weiteren Anbieter? Welche Gründe gaben den Ausschlag für Microsoft? Welchen Zeitraum betrifft die Vereinbarung, welche Software-/Hardwarekomponenten, welche Anzahl und zu welchem Preis?
  19. Ist ein Exklusivrecht für den Einsatz von Microsoft Software-/Hardware vorgesehen, wenn ja, welchen Inhalts (z.B. Ausschluss des Einsatzes von Open-Source-Software)?
  20. In welcher Form passt dieses Cloudprojekt in die europäische Datenstrategie?
  21. In welcher Form passt dieses Cloudprojekt in die österreichische Cloudstrategie?
  22. Wie viel kostet dieses Mircrosoft-Rechenzentrum den Österreichischen Steuerzahler im Lauf der nächsten zehn Jahre inklusive „Nebengeräusche“ (Hardware/Software-Vereinbarungen, Sondervereinbarungen zu öffentlichen Gebühren, Abgaben, Steuern, Sozialversicherungs- und Kommunalabgaben)? Bitte um detaillierte jährliche Auflistung je Posten.
  23. Microsoft kündigt in seiner Presseaussendung vom 20. Oktober 2020 zudem ein neues Center of Digital Excellence an. Ziel dieses Centers soll die Modernisierung der IT-Infrastruktur und der öffentlichen Regierungsdienste sowie die Förderung von Industrieinnovationen in Österreich sein. Sind von Seiten der Bundesregierung entsprechende Modernisierungen der öffentlichen Regierungsdienste geplant, wenn ja, welche? Welche dieser Modernisierungen sollen von Microsoft durchgeführt werden? Gab es eine Ausschreibung? Wer waren die weiteren Anbieter? Welche Gründe gaben den Ausschlag für Microsoft? Zu welchem Preis sollen die Modernisierungen durchgeführt werden?


[1] https://www.bundeskanzleramt.gv.at/bundeskanzleramt/nachrichten-der-bundesregierung/2020/bundeskanzler-kurz-digitalisierung-schafft-arbeitsplaetze-von-morgen.html