448/J XXVII. GP

Eingelangt am 08.01.2020
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Kai Jan Krainer,
Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend: Reise des FPÖ Finanzstaatssekretärs Fuchs     
zur Glücksspielmesse nach London

 

Sehr geehrter Herr Finanzminister!

Aus dem Ibiza-Video und der Causa Vorstandsbestellung bei den Casinos Austria steht laut Medienberichten und veröffentlichten Chatprotokollen der Verdacht im Raum, dass die Firma Novomatic unter anderem gegen eine Postenvergabe, Finanzvorstand Peter Sidlo bei den Casinos Austria, bessere gesetzliche Rahmenbedingungen, Lizenzen nach dem Glücksspielgesetz, in Aussicht gestellt wurden; neben Mitgliedern der beteiligten Unternehmen werden auch ehemalige Regierungsmitglieder als Beschuldigte in der Casino Causa geführt (für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung)[1]. Am 30. Jänner 2019 soll es eine Besprechung der Büros des damaligen Finanzministers Löger und des damaligen Staatssekretärs Fuchs im BMF gegeben haben, die mit dem Vertraulichkeitshinweis „Intern“ versehene Unterlage, enthält den Plan, dass das BMF die Gesamtkontrolle über den Glücksspielbereich anstrebte, insbesondere da die „Übernahme von LandesGSA (Landes-Glücksspielautomaten, Anm.) und Sportwetten in die Bundeskompetenz” vorgesehen war.[2] Ein weiterer Gesetzesplan sah offenbar die Erweiterung der Lotterien-Einzelkonzession in Bundeskonzessionen für Online-Glücksspiel vor.[3] Sowohl die Möglichkeit von Glücksspielautomaten im Verbotsbundesland Wien, als auch weitere Lizenzen für Online-Glücksspiel wären Novomatic-Wünsche gewesen.[4] Motiv des BMF für die Kompetenzverlagerung wäre die Vereinheitlichung der Spielerschutzstandards und die Vereinfachung der Glücksspielabgaben sowie die Steigerung des Abgabenaufkommens des Bundes gewesen.[5]

Der Deal, Peter Sidlo (FPÖ) zum Finanzvorstand der Casinos Austria zu machen, soll angeblich in London vereinbart worden sein, „demnach sei der damalige Staatssekretär Fuchs nach London gereist, “um dort den Deal ‘Sidlo gegen Glückspiellizenzen’ persönlich” mit Novomatic-Eigentümer Johann Graf “zu akkordieren”“[6]. Die Staatsanwaltschaft hält in einem Aktenvermerk fest „inzwischen konnten die bisher geführten Ermittlungen (...) die anonyme Anzeige in weiten Bereichen bestätigten: So konnte etwa ermittelt werden, dass Mag. DDr. Hubert Fuchs und Johann Graf - im Übrigen gleichzeitig mit dem nach der Verdachtslage in den Deal intensiv involvierten Mag. Harald Neumann - im Februar 2019 tatsächlich in London waren und es dort zu einem Treffen zwischen den Genannten, Mag. Harald Neumann und der Vorstandsvorsitzenden der Casag, Mag. Bettina Glatz-Kremsner, kam.”“[7]

Vom 5.-7.Februar 2019 fand die Glücksspielmesse „ICE Totally Gaming“ in London statt, lt. bekannt gewordenen Chatprotokollen sollen Bettina Glatz-Kremnser und Harald Neumann schon im Jänner ein Zusammentreffen von Johann Graf und Staatssekretär Hubert Fuchs koordiniert haben[8]. Angeblich hätte Staatssekretär Hubert Fuchs, Johann Graf und Harald Neumann in London die Bestellung Peter Sidlos vereinbart.[9] Der ehemalige Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs bestreitet das, er habe mit einer Gruppe den Stand der Novomatic besucht aber keinerlei Gespräche zu den in der anonymen Anzeige genannten Inhalten geführt, er habe auch keinen Druck auf AR-Vorsitzenden Walter Rothensteiner ausgeübt, noch ihn jemals getroffen, und als Staatssekretär wäre er dem damaligen Ressortminister Löger weisungsgebunden[10].

 

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende

 

Anfrage:

 

I. zur Besprechung 30.1.2019

  1. Hat das Ministerium Kenntnis von einer gemeinsamen Besprechung der Büros des damaligen Bundesministers Löger und des damaligen Staatssekretärs Fuchs am 30.1.2019, bei der es um das Thema Glücksspiel ging? Wenn ja, um welche Uhrzeit fand diese Besprechung statt und wer waren die TeilnehmerInnen? War der damalige Generalsekretär im BMF bei dieser Besprechung anwesend?
  2. Hat das Ministerium  interne Unterlagen für diese Besprechung vorbereitet? Wenn ja, welchen Inhalt hatten diese Unterlagen? Welche Abteilung war mit der Erstellung befasst? Bitte um kurze inhaltliche Darstellung der vorbereitenden Unterlagen und deren wesentlichste Aussagen, sowie Beilage der medial zitierten „internen“ Unterlage, mit welcher die Glücksspielkompetenzen verändert werden sollten.[11]
  3. Waren MitarbeiterInnen des Ministeriums an dieser Besprechung beteiligt? Wenn ja, wer und gab es einen anderen Grund, als die inhaltliche Beiziehung als FachexpertInnen?
  4. Wurde im Finanzministerium im Jahr 2018 und insbesondere 2019 an weiteren Gesetzesentwürfen zum Glücksspielgesetz gearbeitet, die bislang weder als Begutachtungsentwurf noch als Regierungsvorlage vorgelegt wurde?
  5. Wenn ja, welchen Inhalt hatten diese Gesetzesentwürfe bzw. die zugehörigen Arbeitspapiere?
  6. Wurden die Arbeitspapiere oder die Entwürfe auf Grund eines politischen Auftrages erstellt und wer hat diese Aufträge erteilt?
  7. Gab es Arbeitspapiere für Gesetzesvorhaben oder Entwürfe zu Gesetzestexten, die mit gegenständlicher Besprechung vom 30.1.2019 und Änderungen in der Kompetenzlage im Glücksspielbereich in Zusammenhang stehen? Wenn ja, welche, von wann stammen diese und wer hat die Aufträge erteilt? Bitte um kurze inhaltliche Darstellung der Arbeitspapiere/Entwürfe und deren wesentlichste Aussagen.
  8. Was waren die inhaltlichen Zielvorgaben dieser politischen Aufträge zur Novellierung des Glücksspielgesetzes?
  9. Nach den medial bekannt gewordenen Informationen hat der damalige Büroleiter und Generalsekretär im BMF Thomas Schmid am 31.1.2019, also einen Tag nach der gegenständlichen Besprechung, eine Unterlagen aus dem BMF abfotografiert und an Harald Neumann (Novomatic) mit der Anmerkung „Das sagen die Experten bei uns – Gesetz für Entflechtung notwendig“ geschickt, die Unterlage hätte den Titel „Lizenzen allgemein“ gehabt.[12] Handelt es sich hierbei um dieselbe Unterlage (sind die Unterlagen vom 30.1.2019 und 31.1.2019 ident) oder um zwei verschiedene Dokumente?

a)    Wurde das abfotografierte Dokument vom 31.1.2019 im Anschluss an die Besprechung vom 30.1.2019 erstellt?

b)    Wenn ja, wie war der inhaltliche Auftrag zur Erstellung und welchen Inhalt hatte die Unterlage vom 31.1.2019 „Lizenzen allgemein“?

 

II. Reise des damaligen Finanzstaatssekretärs nach London, die ICE-London fand vom
05.-07.Februar 2019[13] statt.

  1. Zu welchem Zeitpunkt war der damalige Staatssekretär Hubert Fuchs bei der ICE-London im Februar 2019 (von-bis)?
  2. Hat das Ministerium die Organisation der Reise übernommen?
  3. Ab welchem Zeitpunkt hat die Planung im Ministerium begonnen? Ab welchem Zeitpunkt wusste das Ministerium von der beabsichtigten Reise des damaligen Finanzstaatssekretärs zu dieser Messe?
  4. Wie viele Begleitpersonen aus dem Büro des Staatssekretärs oder MitarbeiterInnen des Ministeriums haben den damaligen Staatssekretär begleitet?
  5. Wie hoch waren die Gesamtkosten der Reise, die mit dem Finanzministerium verrechnet wurden? Bitte um Angabe der Gesamtsumme sowie Teilsummen für Einzelaufwendungen (Flug, Übernachtung, Verpflegung, Eintrittsgebühren, Gastgeschenke, etc.).
  6. Welche Verkehrsmittel wurden für die Reise bzw. vor Ort genutzt, wie hoch waren die Kosten je Verkehrsmittel?
  7. Wurden Kosten dieser Reise von Dritten übernommen? Wenn ja, von wem (welchem Unternehmen), wofür und in welcher Höhe?
  8. War die Österreichische Botschaft in die Reiseplanung bzw. Terminorganisation involviert, wenn ja, für welche Termine?
  9. Hatte das Ministerium, das Büro des damaligen Staatssekretärs oder Ministers bzw. der Generalsekretär bei der Organisation der Termine des damaligen Staatssekretärs Kontakt mit den Casinos Austria AG oder einem anderen Unternehmen? Wenn ja, mit welchem Unternehmen, welchem Vertreter dieses Unternehmens und um welche Terminvereinbarungen ging es dabei (bitte um Angabe von Zeitpunkt, Ort und Besprechungsteilnehmer)?
  10. Welche Termine wurden für diese Reise zur ICE 2019 nach London des damaligen Finanzstaatssekretärs geplant? Wann und wo haben diese Termine stattgefunden, wer waren die TeilnehmerInnen bei diesen Terminen?
  11. Was waren die Inhalte dieser Termine?

a)    Welche vorbereitenden Unterlagen hat das Finanzministerium erstellt?

b)    Wurden Unterlagen von Externen, z.b. Unternehmen, in die Vorbereitungen für den damaligen Staatssekretär integriert? Wenn ja, von welchen Unternehmen? Welchen Inhalt hatten diese Unterlagen?

Bitte um kurze inhaltliche Angabe zu den Terminen selbst, den vom Ministerium vorbereiteten Unterlagen bzw. den von Externen beigestellten Unterlagen.

  1. Was waren die Ergebnisse der jeweiligen Termine? Bitte um kurze inhaltliche Darstellung?
  2. Welche konkreten Verwaltungshandlungen ergaben sich im BMF als Ergebnis der Reise des damaligen Staatssekretärs Hubert Fuchs zur ICE London im Februar 2019?

a)    Welche nachbereitenden Unterlagen wurden erstellt? Bitte um kurze inhaltliche Angaben.

b)    Welche Termine wurden im Anschluss und im inhaltlichen Zusammenhang mit dieser Reise vereinbart? Mit wem und zu welchem Inhalt?

c)    Welche glücksspielrechtlichen Änderungen wurden im Anschluss an diese Reise im Ministerium diskutiert/beraten bzw. Arbeitspapiere erstellt? Wurden politische Aufträge erteilt, wenn ja, welche? Bitte um kurze inhaltliche Angaben.

d)    Welche Posten-/Stellenbesetzungen in staatsnahen Unternehmen, an denen der Bund eine Beteiligung hält, wurden im Nachgang der Reise des damaligen Finanzstaatssekretärs im Ministerium bearbeitet?

  1. Der ehemalige Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs erwähnte, dass er dem Bundesminister weisungsgebunden wäre. Welche Weisungen wurden dem damaligen Finanzstaatssekretär anlässlich seiner Reise zur ICE-London 2019 vom damaligen Bundesminister Hartwig Löger im Zusammenhang mit Glücksspielangelegenheiten erteilt?

a)    Welche Weisungen bestanden zum Zeitpunkt Februar 2019 im Zusammenhang mit Glücksspielangelegenheiten und an wen richteten sich diese?

b)    Welche Weisungen bestehen heute im Zusammenhang mit Glücksspielangelegenheiten und an wen richten sich diese?

  1. Die nächste ICE-Totally Gaming Messe wird wiederum im Februar 2020 in London stattfinden. Wird das Finanzministerium einen Vertreter zu dieser Messe entsenden?

a)    Wenn Ja, wen?

b)    Wie hoch sind die veranschlagten Kosten?

c)    Welche Termine sind vorgesehen? Wird es auch Termine mit Unternehmen aus der Glücksspielbranche geben, die in Österreich tätig sind, wenn ja, welche und welchen Inhalt werden diese Besprechungen haben?



[1] Profil, „Roulette-Syndrom“, 1.12.2019

[2] Profil, „Roulette-Syndrom“, 1.12.2019

[3] Profil, „Roulette-Syndrom“, 1.12.2019

[4] Profil, „Roulette-Syndrom“, 1.12.2019

[5] Profil, „Roulette-Syndrom“, 1.12.2019

[6] Profil, „Roulette-Syndrom“, 1.12.2019, Zitat aus der anonymen Anzeige

[7] Profil, „Roulette-Syndrom“, 1.12.2019

[8] Profil, „Roulette-Syndrom“, 1.12.2019

[9] Kurier, „Die blaue Glücksspiel-Connection“, 14.08.2019

[10] Freiheitlicher Parlamentsklub, OTS, „FPÖ-Fuchs: Vorwürfe gegen mich entbehren jeder Grundlage und sind absurd“, 20.08.2019

[11] s. oben, die im Profil-Artikel „Roulette-Syndrom“ vom 1.12.2019 zitierte „interne“ Utnerlage

[12] Die Presse, „Wie es zur Razzia bei Löger kam“, 14.11.2019, Der Standard „"Lieber Joschi": Die entlarvenden Chatprotokolle zum "FPÖ-Novomatic-Deal"“, 13.11.2019

[13] https://totallygaming.com/event/ice-london-2019