4487/J XXVII. GP

Eingelangt am 10.12.2020
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Mag. Stefan, Dr. Fürst

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt

betreffend Qualifikation der zensierenden „juristischen Laien“ gem. KoPl-G

 

Mit der Regierungsvorlage zum Kommunikationsplattformen-Gesetz (463 d.B.) zielt die türkis-grüne Regierungskoalition laut Kurzinformation zur RV auf die „Schaffung klarer Verantwortlichkeiten der Plattformbetreiber und Gewährleistung effizienter Beschwerdemechanismen zur Hintanhaltung rechtswidriger Inhalte auf Kommunikationsplattformen“ ab.[1] Diese angekündigte „klare Verantwortlichkeit“ wird jedoch nicht durch die Einführung einer Beschwerdestruktur auf Seiten der österreichischen Justiz erreicht. Stattdessen erfolgt die Betrauung der einzelnen Betreiber der jeweiligen Kommunikationsplattformen selbst, die zukünftig eine umfangreiche Pflicht zur Überprüfung und gegebenenfalls Löschung möglicher strafrechtsrelevanter Inhalte trifft. Demnach obliegt die Entscheidung über eine Löschung oder Sperrung von gemeldeten und angeblich strafrechtswidrigen Inhalten den Mitarbeitern, gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 lit a KoPl-G genügen juristische Laien, meist großer US-Konzerne.

Welcher konkrete Personenkreis auf Seiten der Kommunikationsplattform mit dieser heiklen Aufgabe, die im Ergebnis zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit führen kann, betraut sein werden bzw. welche Qualifikationen, diese aufweisen müssen, lässt die RV offen. § 4 Abs 2 Z 6 KoPl-G verpflichtet zwar den Diensteanbieter zur „Darstellung über Organisation, personelle und technische Ausstattung, fachliche Kompetenz des für die Bearbeitung von Meldungen sowie für die Überprüfungsverfahren zuständigen Personals sowie Ausbildung, Schulung und Betreuung der für die Bearbeitung von Meldungen und Überprüfungen zuständigen Personen“, trifft aber keine Aussagen darüber, wie die angesprochenen fachlichen Kompetenzen von zuständigen Mitarbeitern und die Ausbildung bzw. durchgeführten Schulungen derselbigen ausgestaltet sein müssen. Es ist daher anzunehmen, dass gänzlich unqualifizierte Mitarbeiter und Praktikanten des Diensteanbieters den Vorzug gegenüber gut ausgebildeten Juristen genießen werden.

Gerade im Zusammenhang mit möglichen strafrechtswidrigen Inhalten, die einerseits als „islamistischer Hass“ charakterisiert werden können und die andererseits in Fremdsprachen auf den Kommunikationsplattformen veröffentlicht werden, muss eine ausreichende Qualifikation des Bearbeitungspersonal sichergestellt sein.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt folgende

 

 

Anfrage

 

 

1.    Wer soll auf Seiten der Betreiber von Kommunikationsplattformen, das Überprüfungsverfahren von möglichen strafrechtsrelevanten Inhalten im Sinne der RV durchführen?

2.    Welche Qualifikationen müssen diese Personen aufweisen?

3.    Sind diese Personen nach dem Sinn der RV akademisch ausgebildete Juristen?

a.    Wenn nein, warum nicht?

4.    Sind diese Personen nach dem Sinn der RV lediglich juristisch geschulte Mitarbeiter?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, ist in diesem Fall sichergestellt, dass es zu keinen Eingriffen / Einschränkungen der Meinungsfreiheit durch den handelnden Mitarbeiter kommt?

5.    Sind diese Personen nach dem Sinn der RV juristisch ungeschulte Mitarbeiter?

a.    Wenn ja, warum?

c.    Wenn ja, ist in diesem Fall sichergestellt, dass es zu keinen Eingriffen / Einschränkungen der Meinungsfreiheit durch den handelnden Mitarbeiter kommt?

6.    Wie beurteilen Sie den Einsatz von lediglich juristisch geschulten Personen bzw. Personen ohne juristische Kenntnisse im Überprüfungsverfahren von möglichen strafrechtsrelevanten Inhalten auf Kommunikationsplattformen?

a.    Sind diese Personen geeignet, das Überprüfungsverfahren von möglichen strafrechtsrelevanten Inhalten im Sinne der RV durchzuführen?

i.              Wenn ja, warum?

7.    Inwiefern werden Äußerungen / Inhalte in Fremdsprachen auf Kommunikationsplattformen im Überprüfungsverfahren beurteilt?

a.    Werden Äußerungen / Inhalte in Fremdsprachen überhaupt im Überprüfungsverfahren beurteilt?

i.              Wenn nein, warum nicht?

b.    Inwiefern werden insbesondere mögliche strafrechtsrelevante Inhalte auf Arabisch und Türkisch bewertet?

8.    Wer soll auf Seiten der Betreiber von Kommunikationsplattformen, das Überprüfungsverfahren von möglichen strafrechtsrelevanten Inhalten in Fremdsprachen im Sinne der RV durchführen?

9.    Welche Qualifikationen müssen diese Personen aufweisen, um jene Äußerungen / Inhalte in einer Fremdsprache sinnerfassend zu lesen?

10. Welche Qualifikationen müssen diese Personen aufweisen, um jene Äußerungen / Inhalte in einer Fremdsprache auch in vollem Umfang (vor allem in Bezug auf den jeweiligen Kulturkreis) zu bewerten?

11. Inwiefern werden Äußerungen / Inhalte auf Kommunikationsplattformen, die der Kategorie „islamistischer Hass“ zuzuordnen sind, im Überprüfungsverfahren beurteilt?

a.    Werden Äußerungen / Inhalte, die der Kategorie „islamistischer Hass“ zuzuordnen sind, überhaupt im Überprüfungsverfahren beurteilt?

i.              Wenn nein, warum nicht?

12. Wer soll auf Seiten der Betreiber von Kommunikationsplattformen, das Überprüfungsverfahren von möglichen strafrechtsrelevanten Inhalten, die der Kategorie „islamistischer Hass“ zuzuordnen sind, im Sinne der RV durchführen?

13. Welche Qualifikationen müssen diese Personen aufweisen, um jene Äußerungen / Inhalte, die der Kategorie „islamistischer Hass“ zuzuordnen sind, auch in vollem Umfang zu bewerten?

 



[1] Kurzinformation zur RV, https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_00463/index.shtml, abgerufen am 07.12.2020