4496/J XXVII. GP
Eingelangt am 10.12.2020
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Stefan, Dr. Fürst
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Verfolgung von Hass im Netz mit islamistischem Bezug und in Fremdsprachen
Mit der Regierungsvorlage zum Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – HiNBG (481 d.B.) setzt die türkis-grüne Regierungskoalition zusammen mit dem Kommunikationsplattformen-Gesetz (463 d.B.) weitere Schritte um „Hass und Gewalt im digitalen Raum zu bekämpfen“.[1] Diese Schritten führen jedoch leicht zur Kriminalisierung von Meinungen, die in klarem Widerspruch zu den verfassungsmäßig garantieren Grund- und Freiheitsrechten steht.
So umfasst z.B. das Gesetzespaket unter anderem die neuerliche Ausweitung des Tatbestandes der Verhetzung in § 283 Abs 1 Z 2 StGB, die eine Verfolgung wegen Individualbeleidigungen gegen Angehörige geschützter Gruppen, die die Menschenwürde verletzten, vorsieht. Das schießt über das Ziel hinaus, da es ohnehin ausreichend strafrechtliche Tatbestände gibt, die sich zur Verfolgung von Beleidigungen oder Beschimpfungen von Einzelpersonen eignen. Bloßes Schimpfen im Internet, kann so bedingte, teilweise sogar unbedingte Haftstrafen nach sich ziehen.
Aber auch die Definition des Begriffs „Hass“ lässt sich nicht ohne weiteres und schon gar nicht exakt vornehmen. Hass ist kein definierter Begriff unserer Rechtsordnung, sondern ein Gefühl, das nicht für eine strafrechtliche Interpretation taugt. Die Erläuterung zur RV spricht im Zusammenhang mit Hass sogar von Beleidigungen, Bloßstellungen, Falschinformationen, Gewalt- und Morddrohungen, was exemplarisch die Dehnbarkeit des Begriffs zeigt.
Gerade im Zusammenhang mit Inhalten (Äußerungen) im Netz, die einen islamistischen Bezug (islamistischer Hass) aufweisen oder in Fremdsprachen veröffentlicht wurden, zeigen sich besondere Schwierigkeiten und Herausforderungen. Bei der Überprüfung des Vorliegens eines möglichen strafrechtswidrigen Inhaltes (Äußerung) muss eine ausreichende Qualifikation der zuständigen Person, die die Bewertungen vornimmt, sichergestellt sein.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage
1. Inwiefern werden Inhalte (Äußerungen) im Netz, die einen islamistischen Bezug (islamistischer Hass) aufweisen, einer Überprüfung und gegebenenfalls einer Verfolgung zugeführt?
2. Werden Inhalte (Äußerungen) im Netz, die einen islamistischen Bezug (islamistischer Hass) aufweisen, überhaupt einer Überprüfung zugeführt?
a. Wenn nein, warum nicht?
3. Wer führt die Überprüfung eines möglichen strafrechtsrelevanten Inhaltes (Äußerungen) im Netz, der einen islamistischen Bezug (islamistischer Hass) aufweist, durch?
a. Wann ist in diesem Zusammenhang von Hass im Sinne der RV zusprechen?
b. Wann ist diesem Zusammenhang einer der Tatbestände des § 283 StGB erfüllt (insbesondere der im § 283 Abs.1 Z2 StGB normierte)?
4. Welche Qualifikationen müssen Personen aufweisen, die eine Überprüfung von möglichen strafrechtsrelevanten Inhalten (Äußerungen) mit islamistischem Bezug (islamistischer Hass) im Netz durchführen?
a. Welche Ausbildung wird in diesem Zusammenhang vorausgesetzt?
b. Wie wird sichergestellt, dass die überprüfende Person Inhalte (Äußerungen) im Netz, die einen islamistischen Bezug (islamistischer Hass) aufweisen, erkennen und beurteilen können?
5. Inwiefern werden Inhalte (Äußerungen) im Netz, die in einer Fremdsprache veröffentlicht wurden, einer Überprüfung und gegebenenfalls einer Verfolgung zugeführt?
6. Werden Inhalte (Äußerungen) im Netz, die in einer Fremdsprache veröffentlicht wurden, überhaupt einer Überprüfung zugeführt?
a. Wenn nein, warum nicht?
7. Inwiefern werden Inhalte (Äußerungen) im Netz, die in der Fremdsprache Arabisch und Türkisch veröffentlicht wurden, einer Überprüfung und gegebenenfalls einer Verfolgung zugeführt?
a. Wann ist in diesem Zusammenhang von Hass im Sinne der RV zusprechen?
b. Wann ist diesem Zusammenhang ein Tatbestand des § 283 StGB erfüllt?
8. Wer führt die Überprüfung eines möglichen strafrechtsrelevanten Inhaltes (Äußerungen) im Netz, die in einer Fremdsprache veröffentlicht wurden, durch?
9. Welche Qualifikationen müssen Personen aufweisen, die eine Überprüfung von möglichen strafrechtsrelevanten Inhalten (Äußerungen), die in einer Fremdsprache im Netz veröffentlicht wurden, durchführen?
a. Welche Ausbildung wird in diesem Zusammenhang vorausgesetzt?
b. Wie wird sichergestellt, dass die überprüfende Person Inhalte (Äußerungen) im Netz, die in einer Fremdsprache veröffentlicht wurden, sinnerfassend liest?
c. Wie wird sichergestellt, dass die überprüfende Person Inhalte (Äußerungen) im Netz, die in einer Fremdsprache veröffentlicht wurden, auch in vollem Umfang und vor allem unter Berücksichtigung des jeweiligen Kulturkreises korrekt bewertet?
[1] Parlamentskorrespondenz Nr. 1300 vom 26.11.2020, https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2020/PK1300/index.shtml, abgerufen am 07.12.2020