4510/J XXVII. GP

Eingelangt am 11.12.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Landesverteidigung

betreffend Zukünftige Einsatzfähigkeit der Eurofighter

 

 

Nach dem altersbedingten Ausscheiden der Saab 105 steht Österreichs Luftraumüberwachung ab Beginn nächsten Jahres ausschließlich auf einem Bein: dem des Eurofighter Typhoon. Aufgrund des Vergleichs des früheren Verteidigungsministers Darabos mit Airbus fliegt unsere Luftwaffe nur die ältere Tranche 1 dieses Flugzeugtyps. Die Technik kann nur mit hohem Aufwand einsatzbereit gehalten werden, teilweise gibt es bereits Engpässe bei der Beschaffung von Ersatzteilen. Diese Tranche wird in Zukunft ohne Nachrüstung nicht mehr über die notwendige Einsatzbereitschaft verfügen. Daher stellt sich die Frage, welche Nach- und Aufrüstungen notwendig sind, um den Eurofighter weiterhin flugtauglich zu halten und um ihn zu einem volltauglichen Luftraumüberwachungsflugzeug zu machen.

Gegenwärtig ist der EF zwar für Nachtflug zugelassen, ist aber wegen des Verzichts auf teurere Elektronik nachts blind – kann also keine Identifizierung oder Abwehrmaßnahmen durchführen. Um ein 24-Stunden aktive Luftraumüberwachung durchführen zu können, bedarf es einer umfangreichenden technischen Nachrüstung.

Noch unmittelbarer stellt sich die Frage, welche Nachrüstungen vonnöten sind, um in den nächsten Jahren die volle Flugtauglichkeit für des Eurofighters zu sichern. Zum Beispiel solle ein Mode 5/S-Transponder nachzurüsten sein, der der zivilen Luftraumsicherung ermöglicht zu sehen, um welches Flugzeug es sich handelt. Dieses System wird in Europa nächstes Jahr Pflicht und kostet pro Flugzeug 400.000 bis 450.000 Euro. Laut Experten Georg Mader führt kein Weg an dieser Nachrüstung vorbei; ohne sie bliebe der EF ab nächstem Jahr am Boden.

Da viel in die Infrastruktur investiert wurde und die Zeit für eine Neubeschaffung nicht ausreicht, ist Nachrüstung und/oder Aufrüstung eine wahrscheinliche Option, und diese liegt dieser Anfrage zugrunde.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie lange kann der Eurofighter ohne Nachrüstung oder Upgrade weiterhin als flugsicher/flugtauglich erachtet werden?

a.    Nach diesem Zeitpunkt, welche Upgrades benötigt der Eurofighter um weiterhin flugsicher/flugtauglich zu bleiben?

2.    Ist ein Betrieb der Tranche 1 mit der jetzigen jährlichen Flugstundenproduktion bis zum geplanten Betriebsende (um 2035) in der Rolle als Luftraumüberwachungsflugzeug technisch möglich?

a.    Kann durch internationale Verträge die Ersatzteilversorgung über diese Laufzeit sichergestellt werden?

3.    Ist es zutreffend, dass ein Mode 5/S-Transponder nachzurüsten ist, um weiterhin den Erfordernissen der Luftraumsicherung zu entsprechen?

a.    Wenn ja, ab welchem Zeitpunkt ist so ein System zwingend notwendig? 

b.    Wenn ja, was kostet so ein System pro Flugzeug?

c.    Wenn nein, sind andere, ähnliche Systeme notwendig und verfügbar?

                                      i.Ab wann, welche und zu welchem Preis pro Fluggerät?

4.    Abgesehen von Transpondern, welche anderen Nachrüstungen benötigt der Eurofighter in den nächsten 15 Jahren, um flugtauglich zu bleiben?

a.    Was sind die geschätzten Gesamtkosten für die nötigen Nachrüstungen zur Garantie der Flugfähigkeit für die nächsten 15 Jahre?

5.    Dem Eurofighter fehlt die Nachtaufklärungskapazität. Diese Kapazität war ursprünglich geplant, wurde aber aufgrund des Darabos Vergleichs nicht implementiert. Dadurch ist eine aktive Luftraumüberwachung mit dem Eurofighter nur zu Tag möglich. Ist eine derartige Teilzeitluftraumüberwachung mit den Anforderungen der verfassungsmäßig vorgegebenen immerwährenden Neutralität vereinbar?

a.    Wenn nein, wird der Eurofighter mit Nachtaufklärungskapazitäten nachgerüstet?

b.    Wenn ja, wird es dennoch eine Nachrüstung auf Nachtkapazität geben?

c.    Welche Systeme stehen zur Auswahl?

d.    Welche Kosten entstehen bei einer Aufrüstung aller Eurofighter auf Nachtaufklärungskapazität?

6.    Der Eurofighter hat kein Warnsystem vor feindlichen Waffen. Diese Einrichtung ist zur Pilotensicherheit im Konfliktfall wichtig. Wenn der Eurofighter zumindest theoretisch auch zur Luftraumverteidigung im Konfliktfall (statt nur zur Überwachung) einsetzbar sein soll, wäre ein Warnsystem notwendig. Ist die Nachrüstung eines solchen Systems geplant?

a.    Wenn nein, werden österreichische Pilot_innen ohne diese Schutzvorrichtung in Kampfeinsätze geschickt?

                                      i.Wenn keine Kampfeinsätze vorgesehen sind, warum wird in Lenkwaffen für die Abfangjäger investiert?

b.    Wenn ja, wird es eine Nachrüstung geben?

c.    Welche Systeme stehen zur Auswahl?

d.    Welche Kosten entstehen bei einer Aufrüstung aller Eurofighter mit Warnsystemen?

7.    Dem Eurofighter stehen keine radargelenkten Lenkwaffen zur Verfügung. Wird es eine Beschaffung solcher im heutigen Luftkampf unabdingbarer Waffen geben?

a.    Wenn nein, was bedeutet dies für die Kampffähigkeit der Eurofighter im Bedrohungsszenario des 21. Jahrhunderts?

b.    Wenn ja, welche Systeme stehen zur Auswahl?

c.    Welche Kosten entstehen für die Bewaffnung aller Eurofighter mit diesem Waffensystem?

d.    Welche Einschränkungen der IRIS-T sind durch das Alter und den technologischen Stand der Tranche 1 bedingt?

8.    Gibt es weitere Upgrades, die der Eurofighter benötigt, um seine Rolle als Luftraumüberwachungsflugzeug bis zum Ende seines Dienstes etwa 2035 ausüben zu können?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, was sind die geschätzten Kosten?

9.    Gibt es weitere Upgrades die der Eurofighter benötigt, um eine Rolle als Luftraumverteidigungsflugzeug bis zum Ende Seines Dienstes etwa 2035 ausüben zu können?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, was sind die geschätzten Kosten?

10. Im Juli sagte Bundesministerin Tanner in Beantwortung einer Dringlichen Anfrage der FPÖ im Bundesrat, dass man um die Eurofighter für die kommenden zehn Jahre für die Luftraumüberwachung fit zu halten, zusätzlich zum laufenden Betrieb 165 bis 210 Millionen Euro investiert werde. Bitte um Auflistung der Systeme, die für dieses Geld angeschafft werden sollen.

11. In der selben Anfragebeantwortung (wie in Frage 10) nannte die Bundesministerin die folgenden wiederkehrenden Erhaltungskosten für die Abfangjäger: (a) Jährliche vertraglich festgeschriebene Wartungsvertragskosten von 23,4 Mio. Euro bis Vertragsende im Jahr 2022; (b) jährlicher Betriebsaufwand inklusive Logistik, Treibstoff und Munition von 80 bis 90 Mio. Euro im Jahresschnitt; (c) jede Flugstunde circa 60.000 Euro. Wie werden sich diese Kosten nach Aufrüstungen und Neubeschaffungen (vorangehende Fragen) verändern. Bitte um Auflistung der Mehrkosten in der Erhaltung und Wartung je nach neu beschafftem System. 

12. Die Pilotenausbildung erfolgt in fünf Stufen, beginnend auf dem Propellerflugzeug PC 7, dann auf der Saab 105, dann in Italien auf der M346, dann auf dem Eurofighter-Doppelsitzer in Deutschland und letztendlich auf dem österreichischen Eurofighter. Die ersatzlose Streichung der Saab 105 aus der Flotte verlangt nun nach weiterem Training im Ausland. Welche Mehrkosten entstehen dem ÖBH dadurch pro auszubildender/m Pilot_in?

a.    Ist es zutreffend, dass pro Jahr ein bis zwei Pilot_innen ausgebildet werden sollen?

                                      i.Wenn nein, wie viele?

b.    Wo wird das Training, das bislang auf der Saab 105 in Österreich durchgeführt wurde, in Zukunft absolviert?

c.    Welches Fluggerät wird eingesetzt?

13. Alle Abfangjäger des ÖBH sind Tranche 1 Fluggeräte aus einem frühen Baulos. Da diese älteren Modelle aus den meisten anderen Betreiberländern stetig aussortiert werden, verringert und verteuert sich die Verfügbarkeit von Ersatzteilen, und Österreich wird von einem Monopolhersteller – mit dem die Republik zudem noch in einem Rechtsstreit steht – zunehmend abhängig. Welche Vorkehrungen hat das BMLV gegen Versorgungsengpässen bei Ersatzteilen getroffen?

a.    Welche budgetären Vorkehrungen hat das BMLV gegen diese Verteuerungen getroffen?

b.    Welche Kostensteigerungen im Betrieb der Eurofighter erwartet sich das ÖBH durch die Verknappung und Verteuerung von Ersatzteilen in den verbleibenden 15 Jahren der Eurofighter Lebensdauer?

c.    Werden Kapazitätsupgrades – zum Beispiel der Elektroniksysteme, weiterhin für die Tranche 1 entwickelt, optimiert und angeboten?

                                      i.Wenn nein, was bedeutet das für die nützliche Lebensdauer (useful life) der Eurofighter des ÖBH?

                                    ii.Wenn ja, wie lange ist diese Möglichkeit noch zu erwarten, und wird das ÖBH sich schnellstmöglich diese Upgrades zulegen, um einer technischen Obsoleszenz des Fluggeräts vorzubeugen? 

1.    Welche Upgrades sind für diesen Fall geplant, und zu welchem Preis?

14. Ist eine billige Nachrüstung durch gebrauchte Systeme möglich (wie seinerzeit bei der Saab Draken, die mit gebrauchtem dänischem Equipment preisgünstig aufgewertet wurde)? 

15. In Anbetracht der obigen Antworten zu den verschiedenen Nachrüstungsoptionen, wie kosteneffizient ist die kontinuierliche Verwendung der Eurofighter im Vergleich zu alternativen Szenarien? Bitte reihen sie Alternativen nach deren Kosteneffizienz.

16. Im Falle eines Ersatzes der Eurofighter, welche Investitionen müsste die Republik abschreiben? Das Radar des Eurofighter ist ein Topsystem in Hinblick auf Reichweite und Auflösung. Das Fluggerät selbst inklusive Antrieb liegt unter der Hälfte der erwartbaren Lebensdauer. Die Luft-Luft-Rakete Iris-T ist zeitgemäß. Ein moderner Flugsimulator wurde in Zeltweg gebaut. Wenn die Eurofighter durch ein anderes Modell ersetzt werden, welche dieser Investitionen sind zu retten? Wie hoch wären die Abschreibungskosten für nicht weiterverwertbare oder nicht veräußerbare Systeme?