4513/J XXVII. GP

Eingelangt am 11.12.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Cornelia Ecker,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

 

betreffend Glyphosat-hältige Pestizide und das Umweltprogramm des Programms für die ländliche Entwicklung (Säule 2 der GAP) sowie unzureichende Datenlage zum Wirkstoff Glyphosat im Landwirtschaftsministerium

 

Die Fördermittel der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU sollen Veränderungen bei der landwirtschaftlichen Praxis anstoßen. Gerade das Umweltprogramm steht hier im Fokus. Über dieses könnte erreicht werden, dass insgesamt viel weniger chemisch-synthetische Pestizide ausgebracht werden und damit in Böden, Grundwasserkörpern und schlussendlich auf unseren Tellern landen. Die Gesundheit der Bevölkerung, die Biodiversität, also der Artenreichtum, und die Gesundheit der Böden, wovon die Zukunft der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion insgesamt abhängig sind können über den Mechanismus einer gesamtgesellschaftlich verantwortungsvollen Förderpolitik beeinflusst werden. Es ist eine der wichtigsten Initiativen für die nachfolgenden Generationen, dass sich die Europäische Union zu einer deutlichen Pestizide-Reduktion und Düngemittel-Reduktion verständigt. Medienberichten zufolge wehrt sich Österreich dagegen und hat bereits im Rat eine deutlich andere Position eingenommen, als alle anderen Mitgliedsstaaten. Sollte dies stimmen, ist dies höchst unverantwortlich gegenüber der österreichischen und europäischen Bevölkerung sowie den landwirtschaftlichen Betrieben, die von der Qualität der Äcker in Zukunft noch viel stärker abhängig sind, da gleichzeitig gegen die Folgen der zunehmenden Klimaerhitzung gekämpft werden muss.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus folgende

 

 

Anfrage:

 

1.    Welche Maßnahmen des Programms für die ländliche Entwicklung erlauben die Verwendung von glyphosathältigen Pestiziden?

2.    Welche Maßnahmen des Programms für die ländliche Entwicklung verbieten die Verwendung von glyphosat-hältigen Pestiziden?

3.    Stimmt es, dass bei den Begrünungsvarianten des ÖPULs die Verwendung von „abfrostenden Begrünungsmischungen“ bei der Herbst-Einsaat bereits von vorneherein als „mechanisch beseitigt“ gelten?

4.    Stimmt es, dass trotzdem, wenn grüne Unkräuter oder grünes Ausfallgetreide im Frühjahr innerhalb der Begrünungsvarianten gegeben sind, die mechanische Beseitigung der Gründecke als nicht notwendig erachtet wird und im Bedarfsfall ein Herbizideinsatz (bzw. Glyphosateinsatz) nach dem Begrünungszeitraum sogar zulässig ist und deshalb auch indiziert sei?

5.    Stimmt es folglich, dass bei den Begrünungsvarianten des ÖPUL die mechanische Beseitigung der Gründecke im Eigentlichen nur bei winterharten Gründecken anzuwenden sei, und dass in allen anderen Fällen, wenn die Begrünungspflanzen vollständig abgefrostet und niedergebrochen sind, diese mechanische Beseitigung nicht mehr durchzuführen ist, und dass in der Folge wieder mit Herbizid- bzw. Glyphosatanwendungen vor der Aussaat bzw. unmittelbar während oder nach der Aussaat gearbeitet werden darf?

6.     Sind solche Vorgangsweisen des vorbeugenden synthetischen Herbizid- bzw. Glyphosateinsatzes nicht ökologisch kontraproduktiv und im Widerspruch zur ökologischen Zielsetzung der Förderung von Acker-Begrünungen im Rahmen eines Agrarumweltprogramms?

7.    Welche Nachweismethoden und Kontrolle gibt es, ob die Gründecke wirklich „vollständig abgefrostet und niedergebrochen“ ist, und ab wann eine Herbizid- oder Glyphosatanwendungen einen „Bedarfsfall“ im Rahmen der ÖPUL-Begrünungen darstellt?

8.    Welche Schritte werden Sie unternehmen, damit der systematische Einsatz von Herbiziden bzw. von Glyphosat via den oben genannten "Hintertür-Regelungen“ und Um-Definitionen von „abfrostenden Gründecken“ oder „abfrostenden Begrünungsmischungen“ abgestellt wird?

9.    Wäre es nicht schon längst notwendig, ein grundsätzliches Glyphosatverbot im Rahmen des ÖPULs, wenn Umweltförderungen ausgezahlt werden sollen, auszusprechen, nachdem allgemein und offiziell durch die Internationale Krebsforschungsagentur der WHO (IARC) bekannt ist, dass Glyphosat wahrscheinlich krebserregend für den Menschen und sicher krebserregend bei Tieren ist?

10. Wird es ein solches Glyphosat- bzw. Herbizidverbot bei einem zukünftigen Agrarumweltprogramm geben?

11. In Anfragebeantwortung 2885/AB vom 16.9.2020 konnten Sie noch keine Angaben machen, wie viel Tonnen des Wirkstoffs Glyphosat in Österreich 2019 in Verkehr gebracht wurden: Warum dauert es so lange, bis die Datenlage der in Verkehr gebrachten Wirkstoffmengen von Glyphosat des Vorjahres im BMLRT bekannt ist?

12. Wie viel Tonnen des Wirkstoffs Glyphosat wurden in Österreich 2019 in Verkehr gebracht?

13. Werden Sie sich bemühen, dass nicht erst Ende 2021 bekannt ist, wie viel Tonnen des Wirkstoffs Glyphosat 2020 in Verkehr gebracht wurden?

14. Wie viel Tonnen chemisch-synthetischer Pestizide wurden, aufgegliedert auf die Jahre 2011 bis 2019, pro Hektar konventionelles Ackerland auf Österreichs Felder aufgebracht?

15. Im Mai legte die EU-Kommission ihre Strategien für eine nachhaltige Landwirtschaft und den Erhalt der Biodiversität vor. Sie will, dass Düngemittel in EU-Ländern bis 2030 um ein Fünftel reduziert werden. Zugleich soll die Menge der eingesetzten chemischen Pflanzenschutzmittel um die Hälfte sinken. Das soll die Abhängigkeit der LandwirtInnen von der Chemieindustrie mindern und Pollenträger wie Bienen schützen. Aus aktuellen Medienberichten geht hervor, dass Österreichs BMK in der EU Unterstützung für das Vorhaben signalisierte. In den kommenden Monaten will die EU dafür die Rechtsakte auf den Weg bringen. Ratsdokumente, in die die Umweltorganisation Global 2000 Einblick erhielt, belegen aber offensichtlich, dass Sie, Frau Bundesministerin, dazu gegen die Pestizidreduktion mobilisiert hätten: Warum stemmen Sie sich gegen eine europaweite Reduktion - kein anderer Mitgliedstaat sprach sich, wird berichtet, im Rat der Landwirtschaftsminister offen und dezidiert dagegen aus?