4519/J XXVII. GP

Eingelangt am 11.12.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend illegale Beschäftigung bei den Tiroler Festspielen in Erl

 

Am 10. November 2020 ist den Medien zu entnehmen, dass der ehemalige künstlerische Leiter der Festspiele Erl, Gustav Kuhn, als Geschäftsführer der Winterfestspiele 2017/2018 wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz 2019 zu einer Strafzahlung von 177.100,- Euro verurteilt wurde (Straferkenntnis der BH Kufstein vom 5.9.2019). Mehr als 80 ausländische MitarbeiterInnen seien demnach illegal beschäftigt gewesen.[1]

Im Straferkenntnis ist von einer Praxis zu lesen, die nicht mit den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in Einklang zu bringen ist. Dies sei von den zuständigen Behörden längere Zeit unerkannt geblieben.

Bei der Aufklärung der Vorwürfe ist auch der Bund gefordert: Bei der Tiroler Festspiele Erl Gemeinnützige Privatstiftung handelt es sich um eine „Private-Public-Partnerschaft“ zwischen der Republik Österreich, dem Land Tirol, der Strabag, dem Verein der Tiroler Festspiele Erl und der Haselsteiner Privatstiftung.

Laut aktuellem Kunst- und Kulturbericht des Bundeskanzleramts erhielten die Tiroler Festspiele Erl für das Jahr 2019 eine Förderung in Höhe von 1.000.000,- Euro[2]. In den Jahren zuvor wurden außerdem Investitionsförderungen gewährt und regelmäßig finanzielle Zuwendungen ausbezahlt. In den „Richtlinien für die Gewährung von Förderungen nach dem Kunstförderungsgesetz durch das Bundeskanzleramt“ ist u.a. eine Einsichtnahme in die Bücher und die Prüfung von Unterlagen vorgesehen. Im Kunstförderungsgesetz (§1 Abs. 1) heißt es außerdem: „Weiters ist die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die finanzielle und organisatorische Förderung des künstlerischen Schaffens durch Private und der sozialen Lage für Künstler anzustreben.“

 

Zu Beginn des Jahres 2018 wurden zahlreiche Vorwürfe gegen die Tiroler Festspiele Erl rund um Lohn- und Sozialdumping öffentlich, die weiterer Aufklärung bedurften.

Diesbezüglich wurden parlamentarische Anfragen an den damaligen Kulturminister Mag. Gernot Blümel (520/J) sowie Sozialministerin a.D. Mag.a Beate Hartinger-Klein (1012/J) gerichtet.

 

Eine Vielzahl von Personen war im Rahmen ihrer jeweiligen künstlerischen Tätigkeit für denselben Zeitraum sowie dieselbe Tätigkeit abgaben- und sozialversicherungsrechtlich als zum Teil selbständig tätig und zum Teil nichtselbständig erwerbstätig beschäftigt, was in der Anfragebeantwortung 512/AB von Minister Blümel bestätigt wurde. Dies führte offenbar bei den jeweils betroffenen Personen und nicht zuletzt auch für die Festspiele Erl zu einer Ersparnis an Abgaben und Beiträgen auf Kosten der Allgemeinheit.

Die gleichzeitige Beschäftigung eines Arbeitnehmers in einem Dienstverhältnis und in einem Werkvertragsverhältnis im gleichen Unternehmen ist sozialversicherungsrechtlich nach der Verwaltungspraxis und der ständigen Judikatur nicht statthaft, insbesondere wenn die Inhalte beider Tätigkeiten sich nicht voneinander abgrenzen lassen. Auch die Wirtschaftskammer Österreich teilt diese Einschätzung in einer eigenen Broschüre vom Jänner 2018.[3]

Verwundert hat in der Antwort von Minister Blümel auf die Frage, ob zur Aufklärung der Vorwürfe Unterlagen und Auskünfte angefordert worden seien: Ja. So wurde u.a. eine Bestätigung darüber verlangt und auch erhalten, dass sämtliche arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Sachverhalte mit der Tiroler Gebietskrankenkasse, dem Finanzamt Kufstein Schwaz und der Finanzpolizei geklärt wurden.

 

Sowie ob seitens des Ressorts eine arbeitsrechtliche und kollektivvertragliche Überprüfung der Dienstverträge hinsichtlich der Vorwürfe bezüglich Lohn- und Sozialdumpings vorgenommen worden sei: „Dieses Thema war Gegenstand einer Diskussion in der letzten Vorstandssitzung. Tiroler Gebietskrankenkasse, Finanzamt Kufstein Schwaz und Finanzpolizei haben im März 2018 bestätigt, dass die Gebarung der Festspiele Erl vollinhaltlich den gesetzlichen Erfordernissen entspricht.“[4]

 

Laut Ausländerbeschäftigungsgesetz kann ein Unternehmen von Förderungen des Bundes ausgeschlossen bzw. zur Rückzahlung verpflichtet werden, sofern es wiederholt gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz verstößt.[5]

Die Verurteilung des ehemaligen Geschäftsführers bzw. künstlerischen Leiters der Festspiele Erl aufgrund illegaler Ausländerbeschäftigung wirft weitere Fragen auf.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen nachstehende:

 

Anfrage

1.     Haben Sie sichergestellt, dass für die Bezahlung der verhängte Verwaltungsstrafe vom 5.9.2019, in Höhe von 177.100,- Euro gegen die ehemaligen Geschäftsführer der Tiroler Festspiele Erl, kein Steuergeld verwendet wurde bzw. werden wird?

2.     Wenn ja, wie haben Sie das sichergestellt?

3.     Wenn nein, warum nicht?

4.     Liegen Ihnen Informationen darüber vor, ob die ehemaligen Geschäftsführer der Tiroler Festspiele Erl die Strafe selbst bezahlt haben bzw. haben Sie solche Informationen angefordert? Wenn nein, warum nicht?

5.     Wie viele Prüfungen gegen steuer- und finanzrechtliche Vorschriften fanden im Zeitraum von 2009 bis 2019 bei den Tiroler Festspielen Erl statt und mit welchem Ergebnis?

6.     Wie viele Verstöße gegen steuer- und finanzrechtliche Vorschriften wurden bei den Tiroler Festspielen Erl in den vergangenen zehn Jahren (2009-2019) angezeigt?

7.     Wurden bereits zuvor Strafen wegen Steuer- oder Finanzvergehen gegen die Tiroler Festspiele Erl verhängt? Wenn ja, in welcher Höhe und wer hat sie bezahlt?

8.     Haben Sie sich informiert, ob es noch laufende Verfahren gegen die Festspiele Erl gibt? Wenn ja, in welcher Höhe und wie viele?

9.     Wiederholte Verstöße können zum Ausschluss von Förderungen bzw. deren Rückzahlung führen. Wurden die Tiroler Festspiele von Förderungen ausgeschlossen bzw. eine Rückzahlung der Förderungen, die von den SteuerzahlerInnen finanziert werden, verlangt?

a) Wenn ja, für welchen Zeitraum wurden die Festspiele ausgeschlossen?

b) Wenn nein, warum wurden sie nicht ausgeschlossen?

c) Wurde eine Rückzahlung der Förderungen verlangt? In welcher Höhe?

d) Wenn nein, warum nicht?

10.  Welche Auswirkungen hatten die Verstöße auf die öffentlichen Förderungen für die Tiroler Festspiele Erl?

11.  Haben Sie sich dafür eingesetzt, dass die Tiroler Festspiele Erl aufgrund der Verstöße keine öffentliche Förderung mehr bekommen? Wenn ja, mit welchen Konsequenzen, wenn nein, warum nicht?

12.  Können Sie sicherstellen, dass aktuell keine Verstöße gegen steuer- und finanzrechtlicher Bestimmungen vorliegen?

13.  In welcher Höhe bekamen die Tiroler Festspiele Erl im Jahr 2020 öffentliche Förderungen oder sonstige Unterstützungen?

14.  Sind Ihnen geplante Förderungen oder sonstige Zahlungen bzw Verbindlichkeiten des Bundes gegenüber der Tiroler Festspiele Erl für das Jahr 2021 bekannt und wenn ja in welcher Höhe?

15.  Hat sich Ihrer Kenntnis nach die Handhabung der abgaben- und sozialrechtlichen Bestimmungen durch die Verantwortlichen der Festspiele Erl seit dem Bekanntwerden der Vorwürfe am Anfang des Jahres 2018 verändert? Wenn ja, inwiefern?

16.  Welche Maßnahmen wurden seitens Ihres Ministeriums gesetzt, um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und einen verantwortungsbewussten Einsatz von Steuermitteln zu garantieren?

17.  Sind Sie nach diesem Straferkenntnis weiterhin (wie in Anfragebeantwortung 512/AB) der Ansicht, dass „Tiroler Gebietskrankenkasse, Finanzamt Kufstein Schwaz und Finanzpolizei haben im März 2018 bestätigt, dass die Gebarung der Festspiele Erl vollinhaltlich den gesetzlichen Erfordernissen entspricht.“? Wenn ja, mit welcher Begründung? Wenn nein, inwiefern hat sich Ihre Ansicht dazu geändert?



[1] Vgl.: https://www.tt.com/artikel/17530372/mitarbeiter-illegal-beschaeftigt-177-100-euro-strafe-fuer-gustav-kuhn

[2] Vgl.: file:///C:/Users/hitthale/Downloads/KunstKulturBericht2019%20(1).pdf

[3] Vgl.: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/J/J_01012/imfname_697980.pdf sowie: https://www.wko.at/service/arbeitsrecht-sozialrecht/ArbeitsvertragfreierDienstvertragWerkvertrag-DierichtigeBesc.pdf

[4] Vgl.: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/AB/AB_00512/imfname_694987.pdf

[5] Vgl: Ausländerbeschäftigungsgesetz, § 30b.