4524/J XXVII. GP

Eingelangt am 11.12.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek

an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend

betreffend Arbeitslosigkeit von Frauen in der Covid-19-Krise

Die Arbeitslosigkeit von Frauen ist seit Beginn der Corona-Krise anhaltend hoch. Seit April 2020 ist die Arbeitslosenquoten von Frauen höher als bei Männern (zuletzt November 2020: Frauen 9,6 %, Männer 9,3 %). Nach einer leichten Erholung im Sommer ist die Arbeitslosigkeit ab Ende Oktober wieder angestiegen. Und der zweite Lockdown trifft erneut frauendominierte Branchen, wie Handel und Tourismus, stark.[1]

Auch ist das Risiko hoch, dass noch mehr Personen als bisher, insbesondere Frauen, in die „stille Reserve“ abwandern, damit statistisch „verschwinden“ und aus dem Blick von notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit geraten.

Die Corona-Krise stellt speziell für Alleinerzieherinnen eine enorme Belastung dar. Eine WU-Studie zu den geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Corona-Krise in Österreich zeigt, dass die Arbeitsbelastungen in Familien insgesamt sehr hoch sind, aber Alleinerziehende am meisten arbeiten (bezahlte und unbezahlte Arbeit zusammengerechnet).[2] Weiters ist zu befürchten, dass Alleinerzieherinnen nicht nur größere krisenbedingte Verluste haben (z.B. reduzierte Unterhaltszahlungen, Arbeitslosigkeit, Reduktion der Arbeitszeit aufgrund mehr an Zeit für Kinderbetreuung), sondern auch deutlich weniger von den Corona-Hilfen profitieren können. Ärmere Familien, zu denen insbesondere Ein-Eltern-Haushalte zählen, profitieren deutlich unterdurchschnittlich von Corona-Familienunterstützungen.[3] In Österreich leben 109.000 Alleinerziehende mit Kindern unter 15 Jahren (14 % aller Familien mit Kindern unter 15 Jahren), 93 % davon sind Frauen.[4] Es braucht dringend eine umfassende Analyse der Situation der Alleinerzieherinnen, um Alleinerzieherinnen besser unterstützen zu können.

Ein ausreichendes und qualitätsvolles Angebot an Kinderbetreuung ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Erwerbstätigkeit von Eltern. Daher ist der weitere Ausbau des Kinderbetreuungsangebots gerade in der Krise besonders wichtig. Im Budgetentwurf fehlt die im Regierungsprogramm angekündigte substanzielle Erhöhung des Zweckzuschusses (für die Kindergartenjahre 2019/2020 bis 2021/2022) wie auch die Mittel für die ebenso angekündigte Ausbildungsoffensive für Elementar-Pädagoglnnen, die für einen weiteren Ausbau der Kinderbetreuung und Elementarbildung unverzichtbar sind.

Die schon vor der Krise hohe Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen nimmt seit Beginn der Covid-19-Krise kontinuierlich zu, wobei der Anstieg bei den Frauen noch stärker ist als bei den Männern: So waren im Oktober 2020 in Österreich über 73.800 Frauen

langzeitbeschäftigungslos, das ist eine Steigerung von einem Viertel gegenüber dem Oktober 2019 (bei Männern um 20 %).

Geringfügig Beschäftigte waren von der Krise in besonderem Maße betroffen - und hier vor allem Frauen. Die Zahl der geringfügig beschäftigten Frauen ist im April 2020 um rund ein Viertel (24 %) gegenüber dem April 2019 eingebrochen und ist trotz Aufholens auch im Oktober 2020 (rund 198.000) mit minus 7 % (über 15.000 weniger geringfügig beschäftigte Frauen)[5] noch immer deutlich unter dem Wert vom Oktober 2019. Mit dem zweiten Lockdown ist ein neuerlicher starker Rückgang zu befürchten. Geringfügige Beschäftigung ist oft eine wichtige existenzsichernde Einkommensquelle, z.B. für Studentinnen oder für Frauen mit kleinen Kindern (darunter viele Alleinerzieherinnen). Bei Verlust der geringfügigen Beschäftigung gibt es bislang keinerlei finanzielle Abfederung, weil geringfügig Beschäftigte auf finanzielle Covid-19-Hilfen, wie den Corona Familienhärteausgleich, keinen Anspruch haben. Zu befürchten ist, dass mit dem zweiten Lockdown diese Beschäftigungsverhältnisse wieder häufiger beendet werden.

Angesichts der starken Betroffenheit von Frauen braucht es dringend geschlechtsspezifische Analysen und spezifische Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1)      Wie viele Personen, getrennt nach Frauen und Männern, waren monatlich, ab August 2020[6] bis aktuell, im Vergleich zum Vorjahr arbeitslos gemeldet?

2)       Wie viele Personen, getrennt nach Frauen und Männern, waren monatlich, ab März 2020 bis aktuell, im Vergleich zum Vorjahr arbeitslos (inklusive SchulungsteilnehmerInnen) gemeldet?

3)       Wie hoch ist die Arbeitslosenquote von Frauen und Männern nach Bildungsgrad monatlich, ab Juli 2020[7] bis aktuell, im Vergleich zum Vorjahr? Zeigen sich geschlechtsspezifische Merkmale nach dem Bildungsgrad?

4)       Wie hoch ist die Arbeitslosenquote von Frauen und Männern mit Migrationshintergrund monatlich, ab Juli 2020[8] bis aktuell, im Vergleich zum Vorjahr?

4.a. Sollte die hohe Betroffenheit insbesondere von Frauen mit Migrationshintergrund weiterhin so hoch sein wie mit Stand der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage zur Frauenarbeitslosigkeit vom 28.9.2020: Welche spezifischen Maßnahmen hat die Regierung diesbezüglich gesetzt?

5)      Wie viele Wiedereinsteigerlnnen (Arbeitslose und SchulungsteilnehmerInnen) getrennt nach Frauen und Männern waren monatlich, ab August 2020[9] bis aktuell, im Vergleich zum Vorjahr arbeitslos gemeldet?

6)       Ist eine Studie zur Situation der Alleinerzieherinnen in Planung?

7)      Welche Maßnahmen seitens der Regierung werden gesetzt, um zu verhindern, dass sich die prekäre Situation vieler Alleinerzieherinnen durch die Pandemiefolgen nicht noch weiter zuspitzt?

8)      Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um die notwendigen budgetären Aufstockungen für die im Regierungsprogramm angekündigte substanzielle Erhöhung des Zweckzuschusses (für die Kindergartenjahre 2019/2020 bis 2021/2022) wie auch die Mittel für die ebenso angekündigte Ausbildungsoffensive für Elementar-Pädagoglnnen zu bewirken?

9)       Was unternimmt die Regierung im Kampf gegen die Verfestigung der Arbeitslosigkeit insgesamt und speziell der von Frauen? [10]

10)   Einer Übersicht der Statistik Austria (für April 2020)[11] zufolge zeigen sich neben dem starken Anstieg der Arbeitslosigkeit auch hohe Arbeitszeitreduktionen bei den Beschäftigten, insbesondere in frauendominierten, niedrig entlohnten Branchen, wie z.B. Handel, Tourismus. Wie stellt sich die Reduktion der Wochenarbeitszeit nach Branchen für Männer und Frauen im 2. und 3. Quartal 2020[12] im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresquartal dar?

11)  Wie viele Arbeitnehmerlnnen, getrennt nach Frauen und Männern, waren monatlich, ab Juli 2020[13] bis aktuell, in Kurzarbeit beschäftigt?

11a) In welchen Branchen waren die in Kurzarbeit beschäftigten Arbeitnehmerlnnen, getrennt nach Frauen und Männern, beschäftigt?

11 b) Wie sieht die Verteilung der finanziellen Mittel für Kurzarbeit, getrennt nach Frauen und Männern, aus? Falls dies noch nicht vorliegt, ab wann wird es dazu Informationen geben?

12)  Werden Maßnahmen angedacht, um geringfügig Beschäftigte, die ihre Beschäftigung verloren haben, durch finanzielle Hilfen zu unterstützen? Wenn ja, in welcher Form?

13)  Wie hat sich die Beschäftigung von Frauen und Männern monatlich, von März 2020 bis aktuell, im Vergleich zum Vorjahresmonat, aufgelistet nach Branchen, entwickelt?

13a) In welchen Branchen ist die Frauenbeschäftigung im Vergleich zum Vorjahresmonat, von März 2020 bis aktuell, am stärksten zurückgegangen?

14)   Besorgniserregend ist auch das starke Wachstum der Personen, die nicht beim AMS gemeldet sind, aber gerne arbeiten würden. Wie stellt sich die quantitative Entwicklung der Nicht-Erwerbspersonen und der „Stillen Reserve“[14] nach Alter und Geschlecht im 2. und 3. Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal dar?

14a) Gibt es Maßnahmen seitens der Regierung, um Personen, die bereits aufgegeben haben, über das AMS eine Arbeit zu finden, neue Perspektiven am Arbeitsmarkt zu eröffnen? Wenn ja, welche?

15)   Wie viele Personen, nach Frauen und Männern differenziert, haben bislang den Neustartbonus[15] genutzt?

15a) Wie setzen sich die BezieherInnen des Neustartbonus nach Alter, Bildung und Einkommenshöhe vor der Arbeitslosigkeit (differenziert jeweils nach Männern und Frauen und zusammen)?

15b) In welchen Branchen finden die mit Neustartbonus geförderten Personen Beschäftigung?

15c) Wie hoch sind die Kosten für die Lohnforderung bisher und welche Kosten sind dafür insgesamt eingeplant?

16)   Zentral bei der Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit soll die Corona-Arbeitsstiftung sein, welche auch einen besonderen Fokus auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit von Frauen legen soll. Welche speziell auf Frauen ausgerichtete Maßnahmen wurden hier bereits in die Wege geleitet?

16a) Und welche solcher Maßnahmen sind in Planung?

16b) Wie hoch ist der Anteil der umgesetzten und geplanten auf Frauen abzielenden Maßnahmen am gesamten dafür veranschlagten Budget?

 



[1] „Aspekte der Arbeitsmarktentwicklung in der COVID-19-Krise unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer
„Unterschiede"
Spezialthema zum Arbeitsmarkt November 2020. AMS

[2] https://wien.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/familie/Home_Office_und_Kinderbetreuung.html

[3] Karin Heitzmann: COVID-19: Analyse der sozialen Lage in Österreich, Teil 2, vorläufige Version, BMSGPK (Hg-)

S. 259

[4] Ebd.

[5] BAUweb, BMAFJ, Abfrage am 7.12.2020

[6]  Zahlen von März bis Juli 2020 bereits in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage zu Frauenarbeitslosigkeit und Covid-19-Krise vom 28.9.2020 enthalten

[7] Zahlen von März bis Juni 2020 bereits in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage zu Frauenarbeitslosigkeit und Covid-19-Krise vom 28.9.2020 enthalten

[8] Zahlen von März bis Juni 2020 bereits in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage zu Frauenarbeitslosigkeit und Covid-19-Krise vom 28.9.2020 enthalten

[9] Zahlen von März bis Juli 2020 bereits in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage zu

Frauenarbeitslosigkeit und Covid-19-Krise vom 28.9.2020 enthalten

[10] Arbeitsmarktdatenbank, Datenabruf am 11.11.2020; s. auch: „Aspekte der Arbeitsmarktentwicklung in der

COVID-19-Krise unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Unterschiede" Spezialthema zum Arbeitsmarkt

November 2020, AMS

[11] Grafik: http://www.statistik.at/wcm/idc/groups/b/documents/webobi/mdaw/mtiz/~edisp/123394.jpg

[12]  Veröffentlichung der Zahlen zum 3. Quartal 2020 It. Veröffentlichungskalender der Statistik Austria am

9. Dezember 2020

[13] Zahlen von März bis Juni 2020 bereits in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage zu

Frauenarbeitslosigkeit und Covid-19-Krise vom 28.9.2020 enthalten

[14] Daten der Statistik Austria, Definition „Stille Reserve": Personen, die zwar aktuell nicht nach Arbeit suchen
oder zur Verfügung stehen, aber grundsätzlich zur Arbeitsaufnahme bereit wären; Veröffentlichung der Zahlen
zum 3. Quartal 2020 It. Veröffentlichungskalender der Statistik Austria am 9. Dezember 2020

[15] Neustartbonus ist eine Form des Kombilohnes für arbeitslose Personen, die eine niedriger entlohnte
unselbständige Beschäftigung im Ausmaß von mindestens 20 Stunden annehmen.