4548/J XXVII. GP
Eingelangt am 11.12.2020
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm, Mag. Christian Ragger, Michael Schnedlitz
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend
betreffend Erntehelfer-Unterkünfte in Niederösterreich-Folgeanfrage zu 2370/AB (XXVII. GP)
Im Zusammenhang der Anfragebeantwortung 2370/AB (XXVII. GP) ergeben sich weitere Fragen.
„Die mediale Berichterstattung zu den Unterkünften von Erntehelfern ist mir bekannt. Allerdings besteht für die Vollziehung des Arbeitnehmerschutzes im Bereich der Land- und Forstwirtschaft keine Bundeszuständigkeit, sondern fällt diese in die ausschließliche Verantwortung der Länder. Die Arbeitsinspektorate sind daher mangels Zuständigkeit nicht befugt, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft zu kontrollieren. Arbeitsaufsichtsbehörden im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sind Landesbehörden, nämlich die Land- und Forstwirtschaftsinspektionen, die bei den Ämtern der Landesregierungen eingerichtet sind.
Derzeit wird in Folge der Kompetenzverschiebung durch die B-VG-Novelle BGBl. I Nr. 14/2019 ein neues Bundesgesetz für das Landarbeitsrecht erarbeitet, das die bisherigen neun Landarbeitsordnungen ablösen wird. Der Entwurf soll demnächst begutachtet werden.
Mittlerweile wurde der Entwurf bereits in Begutachtung geschickt und umfasst folgende Eckpunkte:
Ziel
· Erlassung eines einheitlichen Bundesgesetzes, das neun derzeit bestehende Bundesgesetze ersetzt
Inhalt
· Zusammenführung von neun Bundesgesetzen im Landarbeitsrecht in ein Bundesgesetz
Hauptgesichtspunkte des Entwurfs
Ein neues einheitliches Landarbeitsgesetz soll
den Arbeitgeberinnen/Arbeitgebern sowie den Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern in
der Land- und Forstwirtschaft wie die bisherigen Landarbeitsordnungen eine
einzige Rechtsquelle, die weitgehend alle Gebiete des Arbeitsrechts umfasst,
bieten. Daher sollen die Bestimmungen zur Gleichbehandlung, die bisher im
Gleichbehandlungsgesetz geregelt wurden, in das neue Gesetz übernommen
werden. Lediglich das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991 sowie das Lohn- und
Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz beziehen mit Verfassungsbestimmungen die
Land- und Forstwirtschaft in ihre Geltungsbereiche ein.
Veränderungen gegenüber dem geltenden Recht sollen so wenig als
möglich erfolgen. Stimmen die bisherigen Landarbeitsordnungen überein,
soll die entsprechende Regelung meist unverändert übernommen werden.
Der Entwurf folgt dem Grundsatz, dieses Gebiet auf gesetzlicher Ebene nicht zu detailliert zu regeln. In den Ausführungsverordnungen kann einfacher, auf sich immer wieder ändernde Richtlinien der Europäischen Union, reagiert werden. Außerdem kann, soweit in der Land- und Forstwirtschaft keine abweichenden Bestimmungen notwendig sind, auf Verordnungen nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz verwiesen werden, das ebenfalls diesem System folgt. Neben dem Sicherheits- und Gesundheitsschutz werden Ausführungsverordnungen insbesondere im Bereich der Betriebsverfassung notwendig sein.
Der vertragsrechtliche Teil, der im Landarbeitsgesetz 1984 durch zahlreiche Novellen unübersichtlich geworden ist, soll ohne inhaltliche Änderungen sinnvoll neu geordnet und dabei der Verlauf eines Arbeitsverhältnisses von der Begründung bis zur Beendigung abgebildet werden. Bei der Elternkarenz soll, Mütterkarenz und Väterkarenz, die bisher getrennt geregelt waren, zusammengefasst werden. Veraltete Begriffe sollen insoweit ersetzt werden, als dies für das Verständnis der Rechtsvorschriften als sinnvoll angesehen wird. Die Aufgaben der Vollziehung sollen grundsätzlich jenen Landesbehörden übertragen werden, die bereits derzeit zuständig sind. Lediglich den Einigungskommissionen sollen ihre Aufgaben entzogen werden.
Weiters soll eine Anpassung der Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes und des Arbeitsplatz-Sicherungsgesetzes, die Regelungen für land- und forstwirtschaftliche Arbeiterinnen/Arbeiter sowie und Angestellte enthalten, beinhalten.
Im Begutachtungsverfahren, das bereits im August 2020 durchgeführt worden ist, gab es eine ganze Reihe von Kritikpunkten. Einige seien beispielhaft auszugsweise angeführt:
Arbeiterkammer
Das Wichtigste im Überblick:
-Die Bemühungen um Vereinheitlichung des Landarbeitsrechts in einem eigenen Bundesgesetz werden grundsätzlich begrüßt. Bedauerlich ist allerdings, dass die Novelle ohne Sozialpartnereinigung auf den Weg gebracht wurde und die Rechte der DienstnehmerInnen in vielerlei Hinsicht hinter den allgemeinen Standards für unselbständig Beschäftigte zurückbleiben. Der vorliegende Entwurf wird deshalb abgelehnt.
-Angesichts der immer wieder aufgezeigten und auch medial dargestellten Missstände betreffend die Arbeits- und Wohnbedingungen der LandarbeiterInnen bedarf es eines hohen gesetzlichen Schutzniveaus, ausreichender Kontrollen und wirksamer Strafen. Der vorliegende Entwurf wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
-Neben längst fälligen Anpassungen im Bereich des Arbeitsrechts (bspw Kündigungsschutz bei Fehlgeburt, Wiedereingliederungsteilzeit) und des Arbeitnehmerschutzrechts (Anpassungen an aktuelle Standards) gibt es leider etliche Bereiche, in denen arbeitsrechtliche Standards nicht in vollem Umfang abgebildet werden. So zB, wenn bei der Abgeltung von Guthaben an Normalarbeitszeit bei Beendigung für Teilzeitbeschäftigte lediglich ein Zuschlag von 25 % zustehen soll oder wenn die Regelungen zur Entgeltfortzahlung bei Arbeitsverhinderung deutlich schlechter ausgestaltet sind als jene im ABGB oder Angestelltengesetz.
-Im Bereich des Arbeitszeitrechts wird die Novelle wohl de facto zu einer Arbeitszeit von 12 Stunden täglich beziehungsweise 60 Stunden wöchentlich führen. Dadurch werden die bereits bisher bestehenden Probleme bei der Vereinbarkeit von Privat-, Familien- und Berufsleben und die Risiken für die Gesundheit der Dienstnehmer weiter verschärft werden. Zudem ist absehbar, dass in Anbetracht der hohen körperlichen Anstrengungen im Bereich der Landarbeit auch das Unfallrisiko deutlich ansteigen wird.
-Wie bereits in der Novelle zum Arbeitszeitgesetz (AZG) werden auch hier die erlaubten Arbeitszeithöchstgrenzen nach oben geschraubt, ohne dass dies irgendeiner Begründung seitens der Dienstgeber bedarf. Zudem wird ein bisher (zumindest implizit) bestehendes allgemeines Ablehnungsrecht der Dienstnehmer bei Überstunden abgeschafft. Der Bezug zu einer „Freiwilligkeit“ fehlt hier völlig, auch ist keinerlei Benachteiligungsverbot bei der Ablehnung von Überstunden oder eine damit verbundene Kündigungsanfechtungsmöglichkeit vorgesehen.
-Die neue Regelung zu den Arbeitsspitzen, mit der Möglichkeit der Durchrechnung der Arbeitszeit ohne Kollektivvertrag, ist durch den Wegfall der Begrenzung auf 13 Wochen in Verbindung mit der Zulassung von 12 Stunden täglich/60 Stunden wöchentlich sehr problematisch und missbrauchsanfällig.
-Ausdrücklich begrüßt wird die künftig vorgesehene Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte hinsichtlich jener Aufgabenbereiche, die bisher den Einigungskommissionen übertragen waren.“
20/SN-36/ME (XXVII. GP) - Landarbeitsgesetz 2021 – LAG; Behinderten-Einstellungsgesetz, Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz, Änderung (parlament.gv.at)
„Österreichischer Landarbeiterkammertag
Der Österreichische Landarbeiterkammertag begrüßt die Verbundlichung der Gesetzgebung für das Landarbeitsrecht und steht damit einer notwendigen Neufassung des Landarbeitsgesetzes grundsätzlich positiv gegenüber. Die gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können jedoch keine Zustimmung erteilen, soweit Arbeitnehmerrechte verschlechtert werden. Die Zusammenfassung von neun Landarbeitsordnungen bringt es mit sich, dass zahlreiche bisher unterschiedliche Normen vereinheitlicht werden müssen.
Grundsätzlich stand dieses Vorhaben unter der Prämisse, dass der Inhalt der arbeitsrechtlichen Regelungen insgesamt nicht verändert werden soll. Ansprüche, welche in der Mehrzahl der Landarbeitsordnungen enthalten sind, sollten ins neue LAG aufgenommen werden. Nur vereinzelte länderspezifische Sondernormen sollten hingegen auf der – niedrigeren – Ebene der Kollektivverträge verbindlich umgesetzt werden. Keines von beiden wurde bisher umgesetzt. Nicht alle überwiegend enthaltenen Regelungen finden sich im vorliegenden Entwurf wieder.
Und eine verbindliche Zusage der Aufnahme weitergehender Rechte aus den Landarbeitsordnungen in die Kollektivverträge ist in keiner Weise erfolgt. Für den Österreichischen Landarbeiterkammertag ist die Umsetzung beider Grundprinzipien Bedingung für eine Zustimmung zum neuen LAG. Eine Rechtsvereinheitlichung darf nicht zu einer Absenkung des bundesweiten Schutzlevels auf das jeweils niedrigste regionale Niveau führen, sondern ist im Gegenteil das höchste Schutzniveau für alle zu fordern. Dies wurde bereits im ersten Sozialpartnergespräch zur LAG-Neufassung am 28.6.2019 vom Österreichischen Landarbeiterkammertag klar ausgesprochen.
Solange diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, kann der Österreichische Landarbeiterkammertag im Interesse der von ihm vertretenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keinem Entfall bestehender Rechtsansprüche bzw. keiner Absenkung bestehender Schutznormen zustimmen, selbst wenn diese nur in einer Landarbeitsordnung oder in wenigen Landarbeitsordnungen festgeschrieben sind. Diese Verpflichtung, für die Erhaltung der Rechtspositionen ALLER Mitglieder eintreten zu müssen, findet daher in dieser Stellungnahme ihren Niederschlag, indem bei der jeweiligen Bestimmung die entsprechende Landarbeitsordnung in Klammer angeführt ist. Sobald alle rechtlichen Garantien für die Erhaltung der Rechte der Landarbeiterinnen und Landarbeiter in allen Bundesländern vorliegen, ist der Österreichische Landarbeiterkammertag selbstverständlich dazu bereit, an praktikablen Umsetzungen im Sinne der oben dargestellten Prämissen mitzuwirken. In den Erläuterungen wird festgehalten, dass es sich beim einheitlichen Landarbeitsgesetz um eine Kodifikation des Arbeitsrechts für einen Wirtschaftszweig handelt. Dies sollte als Grundsatz für die Rechtsmaterie Landarbeitsrecht jedenfalls konsequent und durchgängig, wo immer möglich, weiterverfolgt werden. Dies gilt auch für die noch offenen Fragen der Verordnungen.
Daher ist es zu begrüßen, dass die Bestimmungen zur Gleichbehandlung, die bisher im IV. Teil des Gleichbehandlungsgesetzes geregelt wurden, in das neue Gesetz übernommen werden. In dramatischer Weise haben die Grenzschließungen während des Höhepunktes der Corona Krise den Mangel an Erntehelfern und saisonalen Arbeitskräften im Inland aufgezeigt. Die Neufassung des LAG muss auch dafür genützt werden, praktikable Regelungen für die Überlassung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften zu schaffen, damit in Zeiten hoher Arbeitslosenzahlen attraktive und ganzjährige Arbeitsplätze im Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion geschaffen werden können.
In der jüngeren Praxis hat sich gezeigt, dass zwischen Arbeitern und Arbeitgebern Ausbildungskostenrückersatz-Regelungen getroffen bzw. vereinbart wurden ohne, dass hierfür gesetzliche Rahmenbedingungen bestehen. Die Verankerung einer entsprechenden Regelung im Landarbeitsrecht erscheint daher dringend notwendig.“
13/SN-36/ME (XXVII. GP) - Landarbeitsgesetz 2021 – LAG; Behinderten-Einstellungsgesetz, Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz, Änderung (parlament.gv.at)
„Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt
In Hinblick auf die eingeräumte Begutachtungsfrist wird darauf bemerkt, dass die Begutachtungsfrist bei Gesetzesvorhaben im Regelfall sechs Wochen zu betragen hat (vgl. § 9 Abs. 3 der WFA-Grundsatz-Verordnung, BGBl. II Nr. 489/2012; Rundschreiben des Bundeskanzleramts-Verfassungsdienst vom 2. Juni 2008, BKA-600.614/0002-V/2/2008). Für ein komplexes und umfangreiches Regelungsvorhaben wie das vorliegende ist allerdings selbst eine sechs- bzw. siebenwöchige Frist kaum angemessen im Sinne des zitierten Rundschreibens. Eine solcherart knapp bemessene Begutachtungsfrist ist einer umfassenden und abschließenden Begutachtung des Gesetzesentwurfs abträglich.“
15/SN-36/ME (XXVII. GP) - Landarbeitsgesetz 2021 – LAG; Behinderten-Einstellungsgesetz, Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz, Änderung (parlament.gv.at)
Darüber hinaus übten auch das Amt der Wiener Landesregierung/Magistratsdirektion, das Bundesministerium für Justiz, die Landwirtschaftskammer Österreich, das Amt der Burgenländischen Landesregierung, das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, der Österreichische Gewerkschaftsbund, das Amt der Salzburger Landesregierung, das Amt der Kärntner Landesregierung, das Amt der Vorarlberger Landesregierung, Allgemeine Unfallversicherung (AUVA), das Amt der Tiroler Landesregierung zum Teil massive Kritik und bringen Verbesserungsvorschläge ein.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend folgende
ANFRAGE
1) Bis wann wird dem Nationalrat eine Regierungsvorlage für das Landarbeitsgesetz 2021 zugeleitet?
2) Welche Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge aus den eingelangten Stellungnahmen wurden aufgenommen und umgesetzt?
3) Wer hat von Seiten des BMAFJ (damals BMASGK) auf Kabinetts- bzw. Beamtenebene am ersten Sozialpartnergespräch zur LAG-Neufassung am 28.6.2019 teilgenommen?
4) Hat es seit diesem Zeitpunkt weitere Sozialpartnergespräche seit Ihrem Amtsantritt im Jänner 2020 gegeben?
5) Wenn ja, wann?
6) Wer hat von Seiten des BMAFJ auf Kabinetts- bzw. Beamtenebene an diesen weiteren Sozialpartnergesprächen seit Ihrem Amtsantritt im Jänner 2020 teilgenommen?
7) Welche Aktenzahlen, Dokumente und Verfahren gibt es dazu im BMAFJ?
8) Wird es erst nach positiv abgeschlossenen Sozialpartnergesprächen eine Regierungsvorlage für das Landarbeitsgesetz 2021 geben?
9) Welche Termine gab es von Ihnen als zuständiger Arbeitsministerin auf politischer Ebene mit der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus zum Thema Landarbeitsgesetz 2021?
10) Welche Inhalte wurden dort besprochen?
11) Welche Aktenzahlen, Dokumente und Verfahren gibt es dazu im BMAFJ?
12) Welche Termine gab es von Ihrem Kabinett mit dem Kabinett der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus zum Thema Landarbeitsgesetz 2021?
13) Welche Aktenzahlen, Dokumente und Verfahren gibt es dazu im BMAFJ?
14) Welche Inhalte wurden dort besprochen?
15) Welche Termine gab es von Ihnen als zuständiger Arbeitsministerin auf politischer Ebene mit Vertretern der Landwirtschaftskammer Österreich?
16) Welche Inhalte wurden dort besprochen?
17) Welche Aktenzahlen, Dokumente und Verfahren gibt es dazu im BMAFJ?
18) Welche Termine gab es von Ihnen als zuständiger Arbeitsministerin auf politischer Ebene mit Vertretern des Österreichischen Landarbeiterkammertages?
19) Welche Inhalte wurden dort besprochen?
20) Welche Aktenzahlen, Dokumente und Verfahren gibt es dazu im BMAFJ?
21) Welche Termine gab es von Ihnen als zuständiger Arbeitsministerin auf politischer Ebene mit Vertretern der Land&Forstbetriebe Österreich?
22) Welche Inhalte wurden dort besprochen?
23) Welche Aktenzahlen, Dokumente und Verfahren gibt es dazu im BMAFJ?