4564/J XXVII. GP

Eingelangt am 11.12.2020
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm, Mag. Christian Ragger, Michael Schnedlitz

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend

betreffend marokkanische Pflegekräfte für Österreich-Folgeanfrage zu 860/AB (XXVII. GP)

Aus dem erbrachten Ergebnis der Anfragebeantwortung 860/AB (XXVII. GP) ergeben sich jetzt weitere, ergänzende Fragen im Lichte der Entwicklung des österreichischen Arbeitsmarkts und der Pflegesituation:

„Einleitend stelle ich klar, dass weder ich noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Kabinetts vom Vorhaben des privaten Pflegeheimbetreibers SeneCura, diplomiertes Pflegepersonal aus Marokko anzuwerben, Kenntnis hatten und ich erst über die Medienberichte davon erfahren habe. Ich kann versichern, dass es in dieser Angelegenheit auch auf Beamtenebene meines Ressorts keine Kontakte und Gespräche mit Vertretern von SeneCura gegeben hat und umgekehrt auch das Unternehmen seinerseits keine wie immer gearteten Kontakte mit Mitarbeitern meines Hauses gesucht hat. Ebenso wenig war das Thema meines Wissens Gegenstand im Rahmen der Regierungsverhandlungen.

Zu Frage 1:

Seit wann haben Sie Kenntnis von dem Plan des privaten Pflegeheimbetreibers SeneCura marokkanisches Pflegepersonal nach Österreich zu bringen?

Ich habe vom Vorhaben des Pflegeheimbetreibers SeneCura über die Medienberichte am 10. 2. 2020 erfahren (Artikel in der Tageszeitung Kurier).

Zu den Fragen 2 bis 5:

Wurde im Zusammenhang mit den Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und den Grünen über dieses Projekt gesprochen bzw. wurden dazu Absprachen getätigt, die vereinbart wurden?

Wenn ja, welchen Inhalt haben diese Absprachen?

Gab es im Zusammenhang mit diesem Projekt insbesondere Kontakt und Verhandlungen mit der niederösterreichischen Landesregierung, d.h. LH Johanna Mikl-Leitner bzw. anderen ÖVP-Landesregierungsmitgliedern?

Wann fanden diese Kontakte bzw. Verhandlungen statt?

Das Projekt von SeneCura war meines Wissens nicht Gegenstand im Rahmen der Koalitionsverhandlungen. Es gab dazu auch keine Kontakte, geschweige denn Verhandlungen mit Mitgliedern der Niederösterreichischen Landesregierung.

Zu den Fragen 6 und 7:

Gab es im Zusammenhang mit diesem Projekt insbesondere Kontakt und Verhandlungen mit dem Management der SeneCura-Gruppe?

 Wann und mit wem fanden diese Kontakte bzw. Verhandlungen statt?

Wie bereits einleitend erwähnt, gab es weder im Zusammenhang mit dem gegenständlichen noch mit einem anderen Projekt Kontakte oder Verhandlungen mit dem Management der SeneCura-Gruppe.

 Zu den Fragen 8 bis 13:

Kennen Sie den Kooperationsvertrag zwischen SeneCura und dem österreichisch-marokkanischen Verein AMOROC (Austria Moroccan Chamber) in dieser Angelegenheit?

Wenn ja, welchen genauen Inhalt hat dieser Kooperationsvertrag?

Wenn nein, warum nicht?

Haben Sie Kenntnis über den Nostrifizierungslehrgang an einer niederösterreichischen Fachhochschule für das marokkanische Pflegepersonal?

Wenn ja, welchen genauen organisatorischen, inhaltlichen, finanziellen und personellen Aufbau hat dieser Nostrifizierungslehrgang?

 Wenn nein, warum nicht?

Nachdem ich und mein Ressort in das Vorhaben von SeneCura in keiner Weise eingebunden waren oder sind, ist mir der Kooperationsvertrag zwischen SeneCura und dem Österreichisch-marokkanischen Verein AMOROC ebenso wenig bekannt wie der angebliche Nostrifizierungslehrgang für marokkanisches Pflegepersonal.

Zu den Fragen 14 bis 19:

Haben Sie Kenntnis über ein universitäres Pflege-Ausbildungszentrum in Grafenwörth/NÖ samt Studentenwohnheim, Hotel und Ambulatorium (SeneCura Campus Lakeside)?

Wenn ja, welchen genauen organisatorischen, inhaltlichen, finanziellen und personellen Aufbau hat dieses universitäre Pflege-Ausbildungszentrum in Grafenwörth/NÖ samt Studentenwohnheim, Hotel und Ambulatorium (SeneCura Campus Lakeside)?

Gab es im Zusammenhang mit diesem Projekt SeneCura Campus Lakeside insbesondere Kontakt und Verhandlungen mit der niederösterreichischen Landesregierung, d.h. LH Johanna Mikl-Leitner bzw. anderen ÖVPLandesregierungsmitgliedern?

Wann fanden diese Kontakte bzw. Verhandlungen statt?

Gab es im Zusammenhang mit diesem Projekt SeneCura Campus Lakeside insbesondere Kontakt und Verhandlungen mit dem Management der SeneCuraGruppe?

Wann und mit wem fanden diese Kontakte bzw. Verhandlungen statt?

Das universitäre Pflege- und Ausbildungszentrum in Grafenwörth und das Projekt SeneCura Campus Lakeside sind mir ebenfalls nicht bekannt und es gab im Zusammenhang damit in meinem Ressort keine Kontakte oder Verhandlungen mit Vertretern der Niederösterreichischen Landesregierung oder mit dem Management der SeneCura Gruppe.

Zu Frage 20 Wie deuten Sie die Aussage: "Wenn die Teilnehmer den Sprachkurs erfolgreich absolviert haben und Deutsch-Kenntnisse auf Niveau B2 nachweisen können, möchten wir erwirken, dass sie in unseren oder anderen österreichischen Pflegeheimen als Pflegeassistenten arbeiten und berufsbegleitend die Nostrifizierung zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegeperson ablegen können" SeneCura-Vorstandschef Anton Kellner?

 Ich gehe davon aus, dass der Vorstandschef von SeneCura das in den Medien dargestellte, mir nicht bekannte Vorhaben im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten umzusetzen beabsichtigt. Dementsprechend können Personen aus Drittstaaten eine Ausbildung in Österreich nur dann absolvieren, wenn sie eine Aufenthaltsbewilligung als „Schüler“ oder „Studenten“ nach den Vorgaben der §§ 63 und 64 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes erhalten. Ausländischen Schülern mit solchen Aufenthaltstiteln kann das AMS Beschäftigungsbewilligungen für Beschäftigungen bis zu 20 Wochenstunden oder Anzeigebestätigungen für Berufspraktika ausstellen (siehe dazu § 3 Abs.5 und § 4 Abs.7 des Ausländerbeschäftigungsgesetz-AuslBG).

Bekanntlich sind die Berufe Pflegeassistent/in, Pflegefachassistent/in und diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger/innen in der Fachkräfteverordnung für 2020 (BGBl. II Nr.421/2019) als Mangelberufe gelistet. Die Ausübung von Gesundheitsberufen ist zusätzlich an Berufsberechtigungen geknüpft. Eine Rot-Weiß-Rot Karte für die beruflichen Tätigkeiten Pflegeassistent/in, Pflegefachassistent/in und diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger/innen kann daher erst dann erteilt werden, wenn die im Ausland oder im Rahmen von Ergänzungsausbildungen oder Berufspraktika im Inland erworbenen Qualifikationen in Österreich formal anerkannt wurden und die Berufsanwärter/innen gute Deutschkenntnisse nachweisen können. SeneCura wird bei seinem Vorhaben, marokkanische Pflegekräfte anzuwerben, alle genannten Voraussetzungen zu erfüllen haben.

Zu den Fragen 21 bis 24

Wurde insbesondere auf Sie als Arbeitsministerin bereits von SeneCura Vorstandschef Anton Kellner "eingewirkt"?

Wie erfolgte diese "Einwirkung"?

Erfolgte diese "Einwirkung" über den Koalitionspartner ÖVP, insbesondere über die in Sachen des Sozialministeriums erfahrenen "Einwirker" Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und/oder Klubobmann August Wöginger?

Erfolgte diese "Einwirkung" über den Koalitionspartner ÖVP, insbesondere über die in Sachen niederösterreichischer Interessen erfahrenen "Einwirker" LH Johanna MiklLeitner und/oder Innenminister Karl Nehammer?

 Ich betone noch einmal, dass hinsichtlich des Vorhabens, marokkanische Pflegekräfte nach Österreich zu holen, weder der Vorstandschef von SeneCura noch Regierungsvertreter der ÖVP auf mich „eingewirkt“ haben.

Zu den Fragen 25 bis 30

Haben Sie Kenntnis darüber, wie viele Pflegekräfte aus Marokko ab 2021 in Österreich tätig sein sollen?

Wenn nein, warum nicht?

Haben Sie Kenntnis darüber wie viele Pflegekräfte aus Marokko ab 2021 in Österreich über die Mangelberufsliste hier tätig sein sollen?

Wenn nein, warum nicht?

Haben Sie Kenntnis darüber, wie viele Pflegekräfte aus Marokko ab 2021 über eine Rot-Weiß-Rot-Karte einen Aufenthaltstitel in Österreich erhalten sollen?

Wenn nein, warum nicht?

Wie viele Pflegekräfte aus Marokko ab 2021, ob nun bei SeneCura oder in sonstigen Pflegeeinrichtungen, über die Mangelberufsliste angeworben werden, eine Rot-Weiß-Rot Karte erhalten und dann in Österreich beschäftigt sind, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Als Mangelberufe kommen gemäß § 13 AuslBG nur Berufe in Betracht, für die bundesweit oder in bestimmten Bundesländern pro gemeldeter offener Stelle höchstens 1,5 Arbeitsuchende vorgemerkt (Stellenandrangsziffer) sind. Berufe mit einer Stellenandrangsziffer bis zu 1,8 können berücksichtigt werden, wenn weitere objektivierbare Mangelindikatoren, insbesondere eine erhöhte Ausbildungsaktivität der Betriebe oder eine überdurchschnittlich steigende Lohnentwicklung festgestellt werden. Es ist anzunehmen, dass sich die Pflegeberufe angesichts des großen Bedarfs an Pflegepersonal auch in den nächsten Jahren als Mangelberufe qualifizieren werden. Es lässt sich aber in Vorhinein nicht abschätzen, wie viele Anträge letztlich positiv erledigt werden.“

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend folgende

 

ANFRAGE

 

1)    Hat es seit dem 13. April 2020 einen Kontakt der Initiatoren des Kooperationsvertrags zwischen SeneCura und dem österreichisch-marokkanischen Verein AMOROC (Austria Moroccan Chamber) zu Ihnen oder Ihrem Kabinett gegeben?

2)    Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Zusammenhang besprochen und vereinbart?

3)    Welche Aktenzahlen, Dokumente und Verfahren existieren dazu?

4)    Hat es seit dem 13. April 2020 einen Kontakt von Mitgliedern der niederösterreichischen Landesregierung und deren Mitarbeitern betreffend den Kooperationsvertrag zwischen SeneCura und dem österreichisch-marokkanischen Verein AMOROC (Austria Moroccan Chamber) zu Ihnen oder Ihrem Kabinett gegeben?

5)    Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Zusammenhang besprochen und vereinbart?

6)    Welche Aktenzahlen, Dokumente und Verfahren existieren dazu?

7)    Hat es seit dem 13. April 2020 einen Kontakt des Bürgermeisters von Grafenwörth/NÖ und seine Mitarbeitern betreffend den Kooperationsvertrag zwischen SeneCura und dem österreichisch-marokkanischen Verein AMOROC (Austria Moroccan Chamber) zu Ihnen oder Ihrem Kabinett dem gegeben?

8)    Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Zusammenhang besprochen und vereinbart?

9)    Welche Aktenzahlen, Dokumente und Verfahren existieren dazu?